jugend-fahrrad-festival in Göttingen
Die Kasseler Berge machen auch jungen Radlerinnen zu schaffen
Foto: Holger Küst
Mitten in den Schulferien, am 4. August, treffen sich morgens sechs müde Kinder im Frankfurter Hauptbahnhof. Mit dabei sind die Fahrräder, beladen mit dem Gepäck für die Viertages-Tour nach Göttingen. Nach einem kurzen Abschied von den Eltern steigen alle in den Zug ein und beim Spielen findet die Gruppe gleich zusammen. So vergeht die Fahrt nach Treysa wie im Flug und schon heißt es Aussteigen.
Bei herrlichem Wetter fahren wir zunächst im Schwalmtal und durch ein kleines Seitental über eine Anhöhe hinab nach Bad Wildungen. Dort essen alle zur Stärkung einen Döner. Weiter geht es zur Eder und dann flussaufwärts zum Edersee. Nach dem Erklimmen des Anstiegs an der Talsperre zum Edersee schnaufen alle Teilnehmer, doch kurze Zeit später ist die Jugendherberge erreicht und wir freuen uns, dass es erst zu regnen beginnt, als wir im Trockenen sind und wir schon Karten- und Würfelspiele machen. Der zweite Tag geht zunächst entlang der Eder bergab. In Fritzlar machen wir eine längere Pause, erkunden die schöne Kleinstadt und laden Proviant für das Picknick auf der Weiterfahrt nach Kassel. Die Abfahrt von einer Anhöhe in Richtung Baunatal ist abseits des Verkehrs zum Teil auf einer stillgelegten Bahntrasse – hier geht es fast wie von selbst voran. Nach einer kurzen Tour über verkehrsarme Straßen erreichen wir die Jugendherberge viel zu früh. Doch das ist nicht schlimm – die Zeit bis zur Öffnung der Jugendherberge verbringen wir auf einem schönen Spielplatz vor der Herberge mit Verstecken und anderem.
Der dritte Tag birgt die größten Herausforderungen – es geht über zwei Anhöhen in Richtung Göttingen. Die Autofahrer kennen sie als die "Kasseler Berge", für uns Radler sind die Berge nicht niedriger und die Steigungen sind größer. Über den ersten Höhenrücken geht es von der Fulda in Kassel zur Werra in Hedemünden, fast auf der Höhe vor der Abfahrt schieben wir ein Stück – auf einem Holzbohlenweg schieben wir die Räder durch ein Moor, in dem interessante Pflanzen zu sehen sind. Der zweite Anstieg erfolgt in der Hitze des Südhangs und schlaucht trotz vorheriger Pause besonders. Nachdem auch er bezwungen ist und noch ein kurzer abschließender Anstieg überwunden wird, genießen alle die fast zehn Kilometer lange Abfahrt im Leinetal nach Göttingen. Natürlich liegt auch in Göttingen die Jugendherberge wieder auf einem Berg, doch sonst wäre es sicher keine Jugendherberge gewesen. Von dieser Anstrengung können sich alle am nächsten Tag erholen, bevor am Nachmittag die übrigen Fahrradgruppen aus Bremen, Dortmund und Braunschweig eintreffen. Manche Teilnehmer sind noch vom letzten jugend-fahrrad-festival in Fulda vor zwei Jahren bekannt, schnell werden die Freundschaften wieder aufgefrischt. Am Samstag sind Workshops zum Fahrradputzen und "Hockern", zur Verkehrspolitik (welche Maßnahmen für Schüler vorteilhaft sind), die Erstellung von Forderungen und Gestaltung von Plakaten für die Abschluss-Demonstration und einer elektronischen Zeitschrift über das jugend-fahrrad-festival. Jeder findet ein oder zwei interessante Themen und nimmt an den Workshops teil – die Teilnehmer sind mit viel Enthusiasmus bei der Sache. Am Sonntag startet die Fahrrad-Demonstration durch das noch ein wenig verschlafene Göttingen, doch aus vielen Häusern blicken Anwohner auf die große Gruppe von sechzig Kindern auf Fahrrädern. Selbst ein Dortmunder Teilnehmer, der im Verlauf der Dortmunder Tour schwer gestürzt war und mehrfach medizinisch betreut werden musste, hat voller Begeisterung teilgenommen. Nach der Abschlussveranstaltung am Göttinger Hauptbahnhof mit dem Abklatschen aller Teilnehmer geht es mit dem Zug zurück nach Kassel und von dort weiter zum Frankfurter Hauptbahnhof. Dort nehmen die Eltern ihre Kinder in Empfang.
Im Oktober treffen sich die Teilnehmer und ihre Eltern bei Saft, Kaffee und Kuchen noch einmal zu einem Austausch. Es zeigt sich, dass alle Teilnehmer von der Tour begeistert sind und schon nach den Plänen für das nächste Jahr fragen. Und ja – es soll im nächsten Jahr wieder eine Radtour geben und drei Anmeldungen liegen schon vor.
Holger Küst