Auf den Spuren der Eiszeit zur Schwanheimer Düne
Dünenlandschaft
Foto: Mechtild Trepczyk
Vom Liederbach bis an den Strand. Ein (Reise-) Bericht.
"Willst Du immer weiter schweifen? Sieh das Gute liegt so nah." So war es gerade ein berühmter Frankfurter Dichter (Goethe), der uns dazu inspirierte, auch eine geführte Tour zur Schwanheimer Düne im "ADFC Radtourenprogramm MTK 2015" anzubieten. In diesem Jahr haben wir erstmalig Vormittagstouren ab Liederbach im Programm. Der jeweilige Treffpunkt ist der Villebonplatz vor dem Liederbacher Rathaus. Um es vorweg zu nehmen: leider blieb der erhoffte Zuspruch dieses Mal auf der Strecke. Am Wetter lag es nicht. Die sommerliche Schwüle machte just an diesem Donnerstag den 30. Juli eine Pause. Der Himmel war leicht bewölkt und ein kühler Westwind fuhr uns gerade in den Rücken. Ein gut ausgebauter Radweg begleitet uns vom Ortsteil Oberliederbach über die Stadtgrenze nach Frankfurt Unterliederbach. Nach der Unterquerung der A66 endet dieser und wechselt auf einen Fahrradstreifen entlang der FKE-Bahnstrecke und einiger Kleingärten. Ab der Unterliederbacher Bahnstation führt die Strecke nach rechts über das Gleis der Königsteiner Kleinbahn und wechselt wieder auf einen Radweg. Im weiteren Verlauf ist die Radstrecke hervorragend markiert. So ignorieren wir mit sicherem Gefühl den um uns tosenden Autoverkehr. Es geht zügig weiter durch die Unterführung am Höchster Bahnhof – eine Ampelüberquerung und die Hektik des unaufhörlichen Verkehrsstroms liegen hinter uns. Nach dem Leunakreisel führt der Radweg direkt am Industriepark Höchst vorbei. Hinter lichtem Grün erscheint als dunkles Mahnmal der Leunabunker. Mit Dosenkunst-Graffiti verziert, schlagen hier nur noch die harten Rhythmen des "Heavy Metal" beim jährlichen Bunkerfest. Als Standort einer fortschreitenden Wissensgesellschaft empfiehlt sich am Tor Ost "Provadis" als führender Bildungsdienstleister in Hessen. Aus den umliegenden Industrieanlagen weht nur ein leicht bittersüßes Lüftchen. Die modernen chemischen Verfahren haben sich vom Lehrsatz "Chemie ist, wenn es knallt und stinkt" schon lange verabschiedet.
links: Freundliche Einstimmung auf die Safariroute nach dem Verlassen des "Rattenkanals" (völlig unzumutbare Unterquerung der A66 in Frankfurt-Sossenheim
rechts: Besucher sind nur auf dem Holzweg gern gesehen
Mechtild Trepczyk
Frankfurt-Höchst erfährt der Besucher am besten mit dem Rad.
Die Begegnung eines Hightech Industriestandortes mit einer mittelalterlichen Stadt trifft den Fahrradfahrer urplötzlich. Wenn man, noch das Tor Ost im Rücken, nach den Main-Kraftwerken rechts zum Burggraben des Höchster Schlosses abbiegt, öffnet sich eine andere Welt. Malerische Fachwerkhäuschen, allerlei Kübel mit rankenden Rosen und bunten Geranien. Die frisch aufgestellten Tische und Bänke eines Gasthauses laden schon jetzt zum Verweilen ein. Mächtig erhebt sich der Bergfried. Bis in die sechziger Jahre funkte hier der "Schlossgeist AFN" und brachte den "Rock Around The Clock" nach ganz Europa. Dieser amerikanische Soldatensender erhielt jede Menge Hörerzuschriften. Böse Zungen haben behauptet, man hätte damit die Zentralheizung des Höchster Schlosses bedient. Der "Bärenhunger" steht allerdings noch aus und so geht es über das mittelalterliche Kopfsteinpflaster durch das Stadttor hinab zur Mainfähre. Dort erwarten uns schon die Schwäne um mit der "Walter Kolb" gemächlich, wie der Frankfurter sagt, "dribb de Bach" heim zu schippern. So sind wir jetzt auf der Schwanheimer Seite und bald hinter einer Brombeerhecke verschwunden. Jedenfalls unsere Fahrräder, die wir dort zurücklassen. Das verborgen Schöne liegt meist hinter einer Hecke, die wir von der Umgehungsstraße des Industriegeländes über einen Pfad durch verwilderte Gärten erreichen. An einem kleinen Platz kommen wir an den Treibsand der Düne. Infotafeln erklären uns die Entstehung dieses Kleinodes und weisen auf die strenge Beachtung des Naturschutzes hin. So begeben wir uns auf den Holzbohlenweg der durch die gesamte Dünenlandschaft führt. Von Eiszeit keine Spur. Jedenfalls keine Findlinge und glattgeschliffenen Steinquader. Stattdessen gelber feiner Sand (der in der Eiszeit vom nahen Main hierher verschoben wurde), grüne Kiefern und dazu ein strahlend blauer Sommerhimmel. Sind wir nun an der Ostsee oder am Mittelmehr? Kein Laut ist zu hören, nur ein schwaches Knistern. Über uns balgen sich zwei Bussarde. Wir erfreuen uns an deren Spiel. Die Sonne steht hoch und wirft keine Schatten. Heiß und ausgedörrt kräuselt sich der Sand zu kleinen Hügeln. Frei nach Goethe möchten wir ausrufen: "Oh, Augenblick verweile, denn du bist so schön!" Doch neben der Erhabenheit meldet sich plötzlich der "Bärenhunger". Schließlich ist es schon Mittag und von Luft, Sand und Sonne allein kann der Mensch nicht leben. Nicht mehr weit ist es nach Alt-Schwanheim. Die Autos brausen vorbei. Auch dieses Mal haben wir ihnen ein Schnippchen geschlagen und es uns im alten Ortskern so richtig gut gehen lassen. Frisch gestärkt geht es jetzt über die Schwanheimer Brücke wieder zurück nach "hibb de Bach". Wir folgen über Sossenheim der Safariroute und erreichten glücklich Liederbach (hungrigen Löwen sind wir nicht begegnet, nur dem langstieligen Kopf einer Giraffe als Verkehrsschild).
Fazit: Wir probieren diese Tour auch im nächsten Jahr. Und wer nicht mitkommt ist selber schuld.
Mechtild und Bernward Trepczyk