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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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links: die Truppe unter Geiern
rechts: Startpunkt des Mönchswegs ist Glückstadt
Fotos: Gerhard Bartsch, Saarbrücken

Mit dem Teufel auf dem Mönchsweg

Roter Backstein mitten im Grünen, Mattjes als Volksnahrung, Scholle oder Pizza

Das angespannte Verhältnis zwischen Mönchen und Teufel kennt jeder. Dennoch wage ich mich samt Teufel und mit weiteren sieben Radlern – drei Saarländern und vier aus Hessen – zum Sommeranfang 2014 auf den Radpilgerweg "Mönchsweg" von Glückstadt nach Puttgarden.

Angeblich folgt er den Reisen der Missionare Ansgar und Vizelin aus dem achten und zwölften Jahrhundert – jedenfalls ungefähr und im Zickzack. Viele alte Kirchen steuert er unterwegs an, auch zwei Klöster sind dabei. Es erwarten uns alle denkbaren Landschaften – Marschen, Flüsse, Wiesen, Wälder, Sümpfe, Seen, Strände, Hügel – nur kein Hochgebirge und keine Wüste. Und keine stundenlangen Fahrten auf gleichem Niveau und keine endlosen Anstiege.

In Glückstadt sind Matjes Volksnahrung, also auch für uns. Von diesen Fischen wird noch die Rede sein.

Start des Mönchswegs ist auf dem Marktplatz in Glückstadt. Die Stadt Wilster liegt so tief, dass man Angst bekommt. Dagegen hilft eine Stadtführung, vermittelt durch den Chef des ADFC Schleswig-Holstein, Heinz-Jürgen Heidemann, genannt "Heiner". Kurz vor Kellinghusen treffen wir, nicht ganz unbeabsichtigt, Heiner mit seiner ADFC-Tour-Truppe aus Kellinghusen. "Das sind Endmoränen, kein Faltengebirge" so nimmt uns Heiner die Furcht vor Anstiegen. Gerhard, den Lesern wohlbekannt aus früheren Berichten, hat nämlich wieder vier bunte, schwere Packtaschen dabei, ohne die macht ihm Radfahren keinen Spaß. Auch Alfred mit Rucksack und schwächlichem Gepäckträger ist dabei, allerdings mit neuen Packtaschen. Es wundert nicht, dass Gerhard sich einen schleichenden Platten am Vorderrad einfängt.

Nach einem Termin mit der örtlichen Presse mit Interview und Foto hat Heiner einen 91jährigen Pastor besorgt, der uns in der alten Kellinghusener Kirche eine lange Predigt auf Plattdeutsch hält. Unsere Saarländer schlafen tief und fest, es wachen die örtlichen ADFCler. Gerhard erwirbt vorsichtshalber einen neuen Schlauch, nicht wissend, ob er passt. Und er passt nicht, also muss doch geflickt werden. Abends gibt's wieder Matjes. Das Frühstück in der "Radlerherberge am Mönchsweg" übertrifft alle Erwartungen bei weitem. Im Fenster steht als Denkmal ein kleines Kunststoffrad mit Radler, daneben ein Schild mit "Heiner".

Es geht weiter an der Stör und der Bramau über Bad Bramstedt nach Bad Segeberg. Sofort nach Ankunft im Hotel stecken Gerhard, Hansi und Gernot im Fahrstuhl fest, weil Gerhards Gepäck viel zu schwer ist. Nach gelungener Rettung besichtigen wir Kalkberg und Freilichtbühne. Karl May steht herum, man gibt "Unter Geiern". Bevor die zupacken können, haben wir am Marktplatz die letzten vier Schollen reserviert, den Geiern bleiben nur die Matjes.

Es geht weiter über Bornhöved (Quellenhaupt) und Bosau nach Plön. Hansi lässt keine Kirche aus, dennoch bricht sein vorderer Umwerfer. Selbst Emil kann hier nicht helfen, Hansi hat nur noch sieben Gänge, das reicht in Schleswig-Holstein aber völlig. Im Hotel gibt's Pizza; wir sehnen uns nach Matjes.

links: Seit zwei Jahren prangt das radelnde rote Teufelchen aus der Lausitz auf meinem hinteren Schutzblech. Nun wird es Zeit, ihm die Welt zu zeigen!
rechts: Den Düvel sien Nagel
Fotos: Gerhard Bartsch, Saarbrücken

Der Radladen in Plön hat nicht das passende Teil für Hansis Schaltung. Auch für Gernot nicht, dessen Packtasche einen Sturz übelnimmt und einen Halter verliert. Völlig überraschend findet er ganz unten in der Tasche eine historische Ersatzschraube für seine historische Tasche.

Weiter in Richtung Neustadt/Holstein (Niestadt/Holsteen). Hansi hat fünf Ansichtskarten geschrieben und frankiert, weil ich ihm erzählt habe, er könne die bei Malente im Wald in die einzige Eiche mit Postleitzahl, die sogenannte Bräutigamseiche, einwerfen. Leider wird der Briefkasten (Loch im Baum) zwar postamtlich beliefert, aber nicht postamtlich geleert, sondern nur von potentiellen Bräuten. Frustriert steckt er die Karten wieder ein. In Neustadt am Hafen gibt's wieder Matjes, dem Teufel sei Dank.

Weiter an der Ostsee in Richtung Oldenburg/Holstein. Das Ostseebad Grömitz nervt. Hansi will unbedingt eine moderne Kirche besuchen, die nicht im Radführer Mönchsweg steht. "Hansi, dat is een Kark toveel", seggt de Düvel - und platziert einen genau in der Mitte um 45 Grad gebogenen, rostigen Nagel vor der Kirche. Hansi kann dem nicht entgehen und muss seinen Reifen flicken. Wir warten am Kloster Kloster Cismar auf ihn. Roter Backstein mitten im Grünen, das hat Charme. Den ältesten Schnitzaltar der Welt von 1320 gibt es hier, dank reicher Kaufleute aus Lübeck.

Leider sind hier die grünen Zwischenwegweiser mit ihren Pfeilen völlig verwaschen, so dass wir uns kurz vor Oldenburg verfahren. Gerhard hat wieder einen Platten am Vorderrad. Sein Mantel passt qualitativ nicht zu seinem Gewicht; manche meinen, er sei Schrott. In Oldenburg finden wir eine Zeitung mit "Jeden Tag Matjes – ich scheiß schon wie 'ne Möwe!" Unsere Unterkunft liegt mitten im Grünen, südlich von Oldenburg. Wir essen zum Teil wieder Matjes, und zwar auf Vorbestellung.

Am nächsten Morgen regnet es, zum ersten Mal auf der Tour richtig und ausdauernd. Als alle sich entsprechend gekleidet haben und losfahren wollen, bemerkt Walter, dass sein Hinterreifen platt ist. Dem Teufel sei Dank, denn kaum ist Walter fertig mit Schlauchwechsel, hat der Regen aufgehört. In Heiligenhafen (ja – auch hier muss mein Lausitzer Teufelchen durch) gibt's am Hafen wieder Matjes, zur Abwechslung mit Schwarzbrot. Der Radweg auf der Fehmarnsund-Brücke ist eng und sehr windig. Klaus hat Höhenangst – ein Grund mehr, ihn hier erstmalig zu erwähnen. Wir rücken zwar siegreich in Puttgarden ein, haben aber den Klaus verloren. Zurück nach Burg/Fehmarn. Genau auf der Brücke über die Eisenbahn treffen wir Klaus. Er schiebt, denn seinen ersten Platten hat er zwar besiegt aber die Ursache im Mantel vergessen. Der zweite Platten zwingt ihn zum Schieben. Hansi hat die Sache im Nu repariert, es geht weiter zum Hotel in Burg. Ich glaube, wir haben abends wieder Matjes gegessen.

Epilog: Am nächsten Tag fahre ich abends von Frankfurt Hbf nach Hause. An der Nidda bei Heddernheim ist der Radweg gesperrt: Wasserrohrbruch. Ich stehe samt Gepäck ratlos davor. Sofort erhalte ich Hilfe von einem Mountainbiker, der mich auf die andere Seite der Nidda verweist, nicht ohne mitleidig zu fragen woher ich denn schon käme.

Ein Wasserrohr an der Nidda? Wer braucht das? Die Nidda ist doch voll davon!

Mein kleines rotes radelndes Teufelchen grinst listig.

Günther Gräning