Angst vor der eigenen Courage
Halbherziger Antrag des Bündnisses für Bad Homburg
zur Öffnung der Fußgängerzone für Radfahrer
In einem interfraktionellen Antrag von SPD, Grünen, BLB und NHU, dem so genannten Bündnis für Bad Homburg, wird der Magistrat gebeten, das Radfahren in der Fußgängerzone in der Zeit von 20:00 Uhr bis 9:00 Uhr zu genehmigen. Das Bündnis bezieht sich dabei auf das auch vom ADFC mit erarbeitete und hoch gelobte Radverkehrskonzept der Stadt, das alle Fraktionen des Stadtparlaments Ende 2011 einhellig beschlossen haben.
Allerdings hat sich seither außer der Öffnung einiger Einbahnstraßen für Radfahrer in Gegenrichtung nichts getan. Die Stadt verweist auf vorrangige Projekte, wie U-Bahn-Verlängerung, Neugestaltung der Promenade oder den verkehrspolitischen Dauerbrenner Kreuzung Saalburgchaussee/ Saalburgstraße, besser bekannt als PPR-Kreuzung, so dass die Umsetzung des Radverkehrskonzepts hintanstehen muss.
Dass die Politik jetzt dennoch nach nunmehr zwei Jahren endlich die Öffnung der Fußgängerzone für Radfahrer beschließt, begrüßen wir als ADFC. Schließlich haben wir sie in der Vergangenheit immer wieder angemahnt, gerade weil sie sich schnell und mit geringem Aufwand realisieren lässt. Es sind keine größeren Planungen oder Baumaßnahmen damit verbunden. Lediglich die entsprechenden Verkehrsschilder müssen angebracht werden. Das wäre auch bei hoher Belastung durch andere Projekte verwaltungstechnisch bereits früher leistbar gewesen. Es scheint also auch weniger an einer überlasteten Verwaltung als am fehlenden politischen Willen gelegen zu haben.
Das Radeln durch die Fußgängerzone soll jedoch nur zwischen 20 Uhr und 9 Uhr erlaubt sein, also eher zu nachtschlafender Zeit, wenn kaum Radler unterwegs sind. Allenfalls Schüler, die die Fußgängerzone künftig offiziell morgens auf ihrem Weg zur Schule nutzen dürfen, profitieren davon. Vorausgesetzt die Schule beginnt auch um 8 Uhr und nicht später.
Ein wesentlicher Punkt des Radverkehrskonzepts wird in dem jetzigen Antrag jedoch einfach unterschlagen. Das Konzept sieht neben der Öffnung der Fußgängerzone in den Morgen-, Abend- und Nachtsstunden auch die Öffnung an Sonn- und Feiertagen vor. Das wäre ein wirklicher Fortschritt gewesen. Denn von einer solchen Regelung würden auch viele Freizeit- und Wochenendradler profitieren.
Weshalb der Antrag des Bündnisses für Bad Homburg diesen Punkt ausklammert, erschließt sich dem ADFC nicht. Der Einwand der Politik, dass ja auch verkaufsoffene Sonntage oder Stadtfeste an Wochenenden betroffen seien, die dann wiederum gesondert zu regeln wären, greift nicht und wirkt an den Haaren herbei gezogen, denn Feste in der Innenstadt gehen meist auch bis in die späten Nachtstunden und kein Radfahrer kommt auf die Idee, zum Beispiel am Laternenfest mit dem Fahrrad durch die Fußgängerzone zu fahren.
Es scheint ganz offenbar so, dass man sich politisch nicht traut, das Radverkehrskonzept, das man selbst beschlossen hat, auch tatsächlich umzusetzen. So was nennt man Angst vor der eigenen Courage.
Bernhard Wiedemann