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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

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Diese Baustelle am Niddauferweg wird wohl noch eine ganze Weile weiter bestehen Diese Baustelle am Niddauferweg wird wohl noch eine ganze Weile weiter bestehen
Foto: Joachim Brendel

Ein Jahr im neuen Amt

Einsatz für Bad Vilbels Radfahrer trägt Früchte

Seit dem 19. November 2012 bin ich ehrenamtlicher Radverkehrsbeauftragter der Stadt Bad Vilbel. Neben vielen kleinen Erfolgserlebnissen gab es im ersten Jahr auch manche Enttäuschung. Ausgetretene Pfade und unterschiedliche Interessenlagen fordern viel Geduld, um Lösungen zu finden, die allen gerecht werden.

Direkt nach meiner Ernennung waren die kommunalen Verantwortlichen sehr bestrebt, mich in der neu geschaffenen Funktion in verwaltungsinterne und politische Prozesse einzubinden. Neben der Mitgliedschaft in der städtischen Verkehrskommission werde ich auch zu relevanten Ausschüssen oder Ortsbegehungen eingeladen. Als Träger öffentlicher Belange (TÖB) erhalte ich automatisch alle neuen Bebauungspläne. Als besonders sinnvoll erweisen sich auch die regelmäßigen Routinebesprechungen mit Stadtrat Jörg Frank sowie der Straßenverkehrsbehörde und dem Bauamt, die alle acht Wochen stattfinden.

Im August dieses Jahres bekam ich die Gelegenheit, die bis dahin erarbeiteten Vorschläge zur Beseitigung von Schwachstellen im Radverkehrsnetz im Rahmen der Verkehrskommission vorzustellen. Die Präsentation stieß bei den anwesenden Vertretern des Magis­trats und der Stadtverordnetenversammlung auf breite Zustimmung und Stadtrat Frank lobte abschließend: "Dank der bemerkenswerten Analyse von Dr. Brendel ist ein wichtiger Schritt hin zum Radverkehrskonzept gelungen. Diesen Weg möchten wir als Stadtverwaltung nun gemeinsam mit der Verkehrskommission und den verschiedensten Akteuren weiter gehen, um gemeinsam optimalere Radverkehrswege in unserer Stadt zu schaffen."

Freigabe von Einbahnstraßen für Radfahrer in Gegenrichtung
So positiv dieses Bekenntnis zu werten ist, so schwierig gestaltet sich die Umsetzung in der Praxis. Ein aktuelles Beispiel ist die Diskussion über die Freigabe einzelner Einbahnstraßen für Radfahrer in Gegenrichtung. Die Idee hinter derartigen Maßnahmen besteht darin, den Radverkehr von stark unfallbelasteten Hauptverkehrsstraßen in das weniger befahrene Netz der Nebenstraßen zu verlagern. Da durch die neuen Wegebeziehungen oft auch Umwege vermieden werden können, ist die Freigabe von Einbahnstraßen eine sinnvolle und noch dazu besonders günstige Methode der Radverkehrsförderung. Studien der Bundesanstalt für Straßenwesen belegen sogar, dass die Verkehrssicherheit infolge solcher Maßnahmen zunimmt.

Die Römerstraße in Bad Vilbel. Hier sollen Radler demnächst die Einbahnstraße auch in entgegengesetzter Richtung befahren dürfen Die Römerstraße in Bad Vilbel. Hier sollen Radler demnächst die Einbahnstraße auch in entgegengesetzter Richtung befahren dürfen
Foto: Joachim Brendel

Die Freigabe einiger für das Radwegenetz als besonders wichtig eingeschätzter Einbahnstraßen – Schulstraße, Grüner Weg und Berkersheimer Weg – wurde im Zuge der jüngsten Verkehrsschau jedoch abgelehnt. Als Hinderungsgrund wurden in allen Fällen die hohe Verkehrsdichte und der stark zugeparkte Fahrbahnrand angeführt. Während das Stadtbild bereits jetzt durch Autos beherrscht wird, ist durch die weitere bauliche Verdichtung und die Erschließung neuer Wohn- und Gewerbegebiete zukünftig mit noch weiter steigendem Kfz-Verkehr zu rechnen. Umso wichtiger wäre es, umzudenken und den Radverkehr stärker zu fördern – auch wenn dies zunächst (scheinbar) zulasten der Autofahrer geht.

Viele Eltern bringen ihre Kinder nur deshalb mit dem Auto zur Schule, weil geeignete Radwege fehlen. Auch zum Einkaufen würde mancher gerne mit dem Rad fahren, wenn er bessere und sicherere Wege vorfinden würde. Von einem solchen verstärkten Umstieg auf das Rad und dem damit zurückgewonnenen Platz auf den Straßen würden am Ende auch die Autofahrer profitieren. Doch wie soll der vorhandene Teufelskreis jemals durchbrochen werden, wenn die Radwegeplanung nur darauf aufbaut, wo momentan überhaupt noch Platz ist? Die hohe Verkehrsdichte in einzelnen Nebenstraßen ist oft auch auf durchfahrenden Schleichverkehr zurückzuführen. Solche unerwünschten Verkehrsströme würden deutlich reduziert, wenn Autofahrer häufiger damit rechnen müssten, sich die Fahrbahn mit Radfahrern teilen zu müssen.

Immerhin beginnt inzwischen ein langsamer Umdenkprozess. Mittlerweile hat die Stadt angekündigt, dass sie die Freigabe der Quellenstraße und der Römerstraße für Radfahrer vorsieht – und damit die ersten beiden Einbahnstraßen öffnen will! Selbst über die Freigabe der wichtigen Frankfurter Straße wird inzwischen ergebnisoffen diskutiert. Mit der kürzlich getroffenen Anordnung von Tempo 30 wurde ein erster positiver Schritt getan.

Aufhebung der Benutzungspflicht von Radwegen
Eine Radwegebenutzungspflicht darf nur angeordnet werden, wenn sie aufgrund einer besonderen Gefahrenlage erforderlich und gleichzeitig der Ausbauzustand des Radwegs zumutbar ist. Bei der Umsetzung dieser Rechtslage ist die Stadt Bad Vilbel inzwischen sehr weit. Nachdem früher bereits die Benutzungspflicht in der Willy-Brandt-Straße und der Homburger Straße aufgehoben wurde, folgten im Jahr 2012 Aufhebungen im Berkersheimer Weg sowie entlang der Friedberger Straße in Dortelweil.

Der Vorteil dieser Maßnahmen besteht darin, dass Radfahrer hier nun legal auch auf der Fahrbahn fahren dürfen, wo sie in vielen Fällen nicht nur schneller, sondern auch sicherer vorankommen. Dadurch wird das Radfahren als Mobilitätsalternative im Alltag attraktiver. Durch die Wahlmöglichkeit verteilt sich der Radverkehr besser auf vorhandene Flächen, und auch Fußgänger profitieren, wenn auf dem Bordstein weniger und eher langsamere Radler unterwegs sind.

Die Aufhebung der Benutzungspflicht ist nun auch für den Lidl-Kreisel am Heilsberg vorgesehen. Dort besteht derzeit das Problem, dass man als Radfahrer aus der Alten Frankfurter Straße kommend in Richtung Innenstadt den Kreisverkehr in Gegenrichtung auf separaten Furten umfahren muss. Dies dauert nicht nur länger als eine Fahrt auf der Kreiselfahrbahn, sondern ist auch mit Gefahren verbunden. So besteht das Risiko, dass Autofahrer nicht mit Radfahrern aus der Gegenrichtung rechnen. Außerdem wird der Radler auf einen gemeinsamen Zwei-Richtungs-Radweg geschickt, auf dem es in einer nur teilweise einsehbaren Kurve zu gefährlichen Begegnungen kommen kann. Durch die nun zugesagte Aufhebung der Benutzungspflicht wird man hier künftig sicher und legal auf der Fahrbahn fahren dürfen.

Bauliche Maßnahmen – Niddaradweg
Das wichtigste bauliche Projekt für Radfahrer ist derzeit die Wiederherstellung des Niddaradwegs am Kurhaus. Durch die Arbeiten an der neuen Mediatheksbrücke ist der zentrale Niddaradweg seit nunmehr zwei Jahren an beiden Ufern durchtrennt. Wer nun erwartet hatte, dass zeitgleich mit der Fertigstellung des Niddaplatzes und der Mediathek auch der Radweg fertiggestellt und freigegeben würde, ist leider enttäuscht worden. Für das Teilstück zwischen Kurhausplatz und Bahnlinie ist noch nicht einmal eine Ausschreibung erfolgt. Nach Auskunft des federführenden Zweckverbands Niddaradweg könne diese erst erfolgen, wenn die Baustelleneinrichtung vor dem Kurhaus weggeschafft ist.

Auch die seit langem vorgesehene Sanierung des Niddauferwegs im Bereich der Wasserburg, der aufgrund massiver Wurzelaufbrüche stark beeinträchtigt ist, zieht sich hin. Eine Sanierung und Verbreiterung der vorhandenen Trasse würde bedeuten, dass zahlreiche Bäume gefällt werden müssten. Deshalb wurde zunächst unter meiner Beteiligung als Radverkehrsbeauftragter eine neue Routenführung geplant, die nach langen Diskussionen inzwischen beschlossen ist. Für die abschließende Ausführungsplanung und das Baurecht steht derzeit noch eine Abstimmung mit den Naturschutzbehörden aus. Erst dann kann die beantragte Förderung beschieden werden und die Ausschreibung erfolgen. Für die sehr lange Wartezeit werden die Radler hoffentlich im Jahr 2014 durch ein überzeugendes Ergebnis entschädigt.

Joachim Brendel