Radfahren beginnt im Kopf
Radfahrerköpfe: links Volker Radek †, ehemaliger Vorsitzender des ADFC im Hochtaunuskreis, rechts sein Nachfolger Günther Gräning, der sich auf das Bier nach langer Fahrt freut
"Radfahren beginnt im Kopf" – Was soll das? Jeder weiß doch, dass Radfahren mit dem ersten Tritt in die Pedale beginnt!
Volker Radek jedoch, im vergangenen Jahr verstorbener ehemaliger und langjähriger Vorsitzender des ADFC Hochtaunus, sah das anders. Sonst hätte er nicht diesen Satz an den Anfang seines Tourenprogramms gesetzt. Was mag er damit gemeint haben? Fragen kann ich ihn leider nicht mehr, aber ich kann mir meine eigenen Gedanken dazu machen. Und das habe ich getan, und zwar im Winter, wenn den Radler zeitweilig die Langeweile plagt und er über alles Mögliche nachdenkt:
Neulich, im Januar, als das milde Winterwetter noch zum Radeln einlud, hatte ich im Bad Homburger Stadtgebiet ein paar Erledigungen zu machen. Mein Weg sollte mich etwa 12 km hin und her quer durchs Stadtgebiet an insgesamt vier verschiedene Orte führen. Also bemühte ich meinen Kopf für folgende Kalkulation:
Zu Fuß brauche ich dafür, einschließlich der jeweils nur kurzen Aufenthalte, etwa drei Stunden. Mit dem Auto sind es, einschließlich Parkplatzsuche und Fußweg vom Parkhaus und zurück, etwa eineinhalb bis zwei Stunden. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kostet es mich, einschließlich Fußwegen und Wartezeiten, sicherlich auch etwa zwei Stunden. Und mit dem Fahrrad?
Ich habe es ausprobiert: Nach ziemlich genau einer Stunde war ich wieder zu Hause! Es lohnt sich also, vor dem ersten Tritt in irgendein Pedal den Kopf zu benutzen.
Volker könnte jedoch auch noch etwas anderes gemeint haben:
Radfahren ist mit gewissen Gefahren verbunden, das weiß ja jeder. Aber man kann diese Gefahren bekämpfen. Dafür braucht es allerdings weniger die Pedale als vielmehr den Kopf. Und was hat der Mensch im Kopf? Ein Gehirn hoffentlich, und außerdem seine fünf Sinne.
Da sind zunächst die Augen. Die gilt es, beim Radeln stets zu schützen, offen zu halten, geradeaus zu richten, aber auch ihre Winkel nach rechts und links zu nutzen. Karten oder Navigationsgeräte während der Fahrt zu studieren, verbietet sich.
Weiter: die Ohren. Die hält man offen, um ringsum zu hören. Und man verstopft sie sich nicht, auch nicht mit seiner Lieblingsmusik.
Und was ist mit den übrigen drei Sinnen?
Fühlen sollte man mit dem Rad und dem Körper die Oberfläche des Weges, auf dem man fährt, um jederzeit adäquat bremsen zu können. Hilfreich ist es auch, wenn man darauf achtet, ob der Weg Steigung oder Gefälle, wenn auch nur leicht, hat. Das hilft bei der Orientierung.
Riechen tut der Genussradler vor allem Luft und Landschaft.
Und was ist mit dem Schmecken? Nun – wer einmal nach einer Tagestour mit dreistelliger Kilometerzahl das erste Bier getrunken hat, weiß, wie gut das schmeckt.
Daher muss ich Volkers Satz ergänzen: Radfahren beginnt im Kopf, und dort endet es auch! Ein Grund mehr, ihn gut zu schützen!
Günther Gräning