"Helmpflicht löst keine Probleme"
Der hessische Verkehrsminister übers Radfahren
Verkehrsminister Florian Rentsch (FDP) hat sich gegen eine Helmpflicht für Radfahrer ausgesprochen. Warum er dennoch einen trägt, hat er im Interview mit hr-online verraten – und über schmerzvolle Erfahrungen mit dem Rad berichtet.
Florian Rentsch ist seit Mai 2012 hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung. Zuvor war er drei Jahre lang Fraktionschef. Der 37-Jährige gehört seit 2003 dem hessischen Landtag an
Foto: Hessisches Verkehrsministerium
hr-online: Mit Ihrem Verkehrsminister-Vorgänger und FDP-Parteikollegen Dieter Posch haben Sie schon tagelang Hessens touristisches Radnetz befahren. Haben Sie dabei einen Helm getragen?
Florian Rentsch: Ich habe bei diesen Radtouren einen Helm getragen, weil ich vor einigen Jahren mit meinem Fahrrad gestürzt bin und weiß, dass das weh tut.
hr: Sollte es eine allgemeine Helmpflicht für Fahrradfahrer geben, so wie für Motorradfahrer?
Rentsch: Das würde keine Probleme lösen, sondern neue schaffen – wegen der Kontrollpflicht und der damit verbundenen Bürokratie. Ich erlebe auch kaum noch Radfahrer ohne Helm. Das heißt: Es gibt eine Eigenverantwortung, die auch wahrgenommen wird. Insofern glaube ich, ist es der richtige Weg, an diese Eigenverantwortung zu appellieren.
hr: Bundesverkehrsminister Peter Raumsauer (CSU) will härtere Strafen für Fahrradfahrer, die sich nicht an die Verkehrsregeln halten. Werden Sie das unterstützen?
Rentsch: Wir beobachten an vielen Stellen, dass sich leider die Rücksichtnahme der verschiedenen Verkehrsteilnehmer nicht erhöht hat. Möglicherweise auch durch Einführung von sinnvollen Regeln wie Radfahren gegen die Einbahnstraßenrichtung. Da haben sich viele Autofahrer schwer getan, das zu akzeptieren.
Ich glaube, dass man durch Überwachung und durch Hinweise sehr viel machen kann. Man kann auch über eine maßvolle Anhebung der Sanktionen sprechen, aber nur als zweites Mittel. Wenn immer gleich nach höheren Strafen gerufen wird, habe ich grundsätzlich meine Zweifel. Ich sage aber auch, dass man sehr genau beobachten muss, wie sich das Problem entwickelt.
hr: Die Bundesregierung will, dass mehr Menschen aufs Fahrrad umsteigen. Doch sie will nicht mehr Geld bereitstellen. Früher hatte der Bund schon einmal 100 Millionen Euro zur Förderung des Radverkehrs bereit gestellt. 2013 sollen es nach dem Entwurf noch 60 Millionen sein. Reicht es, den Kommunen zu sagen: Nehmt ein paar Eimer Farbe und markiert Fahrradwege?
Rentsch: Zunächst kann man dem Bund keinen Vorwurf machen, weil jede staatliche Ebene gehalten ist, die Schuldenfrage ernst zu nehmen. Trotzdem glaube ich, dass es klug ist, dass man – wenn man große Ideen in die Welt setzt – auch über die Frage der Finanzierung redet. Denn man weckt ja Erwartungshaltungen. Ich halte – wie mein Vorgänger – viel vom Radverkehr. Da haben wir noch einiges zu tun. Fahrradstreifen allein genügen nicht, wir brauchen ein fahrradfreundliches Umfeld.
hr: Was wäre das Verkehrsmittel Ihrer Wahl: Carbon-Rad – oder doch lieber ICE oder Porsche Cabrio?
Rentsch: Wissen Sie, dass ich ein Carbon-Rad habe? Ich fahre gerne Rad, wenn ich dazu komme. Es ist ein tolles Fortbewegungsmittel. Ich spüre aber: Wenn ich länger nicht gefahren bin, tut mir der Hintern weh. Insofern habe ich jetzt gemerkt, dass ich wieder häufiger fahren muss.
Ich setze mich auch gerne ins Auto, habe nichts gegen das Flugzeug und bin letzte Woche sogar Kanu gefahren auf der Lahn – auch ein tolles Erlebnis. Also: Jedes Fortbewegungsmittel hat etwas für sich.
Dieses Interview wurde am 19.9.2012 auf hr-online veröffentlicht. Wir danken hr-online für die freundliche Unterstützung. Das vollständige Interview im Internet: bit.ly/hronline_Rentsch
(Redaktion Frankfurt aktuell)