"…bis Athener Straße frei"
Katastrophale Umleitung für den Radverkehr im Bereich Güterplatz/Europa-Allee
Die Stadt ist voller Baustellen. Viele davon betreffen uns als Radfahrer, denn sie zwingen uns, Hinweisen wie "Radfahrer absteigen" oder "Gemeinsamer Geh- und Radweg" auf engstem Raum Folge leisten zu müssen. An der Großbaustelle zwischen Güterplatz und Europa-Allee hat man sich nun bemüht, die Belange des Radverkehrs zu berücksichtigen. Das ging leider mächtig in die Hosen.
Umleitungsbeschilderung in der Europa-Allee
Foto: Peter Sauer
An der Baustelle wird der Radverkehr in Richtung Westen schon seit einigen Monaten auf die linke Seite der Fahrbahn verwiesen. Mitte September nun war diese Umleitung verschwunden, die Durchfahrt war komplett gesperrt, der Radverkehr wurde über die Frankenallee geleitet. Das ist erst einmal kein Grund, darüber zu berichten. Interessant jedoch wird die Situation an der Europa-Allee, wenn man als Radfahrer der Umleitungsbeschilderung folgt.
Jonas Lohse, ADFC-Mitglied aus Karben, entdeckte das Dilemma "Umleitung für den Radverkehr" und schrieb das Straßenverkehrsamt an (siehe Kasten). Zufällig hatte ich in der gleichen Woche das Radfahrbüro der Stadt Frankfurt über diese Umleitung informiert. Jonas Lohse fuhr von West nach Ost (stadteinwärts), ich von Ost nach West (stadtauswärts). In beide Richtungen zeigte sich: Die eingerichtete Umleitung für Radfahrer und Fußgänger zeigt mal wieder, dass hier die bauausführenden Organe jeglichen Sinn für die beiden genannten Verkehrsteilnehmer vermissen lassen.
Fotos: Peter Sauer
In Fahrtrichtung West, vom Güterplatz kommend, verweist ein Schild auf die Umleitung über die Frankenallee (Bild 1). In dieser werden Fußgänger in die Kölner Straße verwiesen, Radfahrer jedoch nicht (die Kölner Straße ist hier für den Radverkehr freigegeben!). Wenige Meter weiter steht ein Schild mitten auf dem Radweg der Frankenallee, das nun auch Radfahrer in die Kölner Straße verweist (Bild 2). In der Kölner Straße entdeckt man, höchste Aufmerksamkeit vorausgesetzt, ein hinter geparkten Autos kaum zu sehendes Hinweisschild auf den weiteren Verlauf der Umleitung (Bild 3). Absurd wird es dann am Ende der Warschauer Straße: Auf der rechten Straßenseite werden Radfahrer und Fußgänger nach links verwiesen (Bild 4), auf der linken Seite aber zeigt ein Schild, dass dieser Hinweis für Fußgänger nicht gilt (Bild 5).
Foto: Peter Sauer"> Bild 6
Fotos: Peter Sauer
In umgekehrter Fahrtrichtung ist die Situation nicht besser. Das erste Schild verweist in Richtung "Den Haager Straße/Warschauer Straße über die Kölner Straße" – wir befinden uns hier aber bereits in der Warschauer Straße und müssen diese nicht über die Kölner Straße erreichen (Bild 6). Deshalb steht wahrscheinlich für den nun verwirrten Radfahrer auf der anderen Straßenseite der Hinweis auf den Güterplatz, den man über Warschauer und Kölner Straße erreicht. Der Zusatz "…bis Athener Straße frei" ergibt hier für mich keinen Sinn und trägt zu weiterer Verwirrung bei (Bild 7). In der Kölner Straße wird nach rechts verwiesen zum Güterplatz (Bild 8). Dann aber wird es wirklich lebensgefährlich, der Beschilderung zu folgen: hinter einem nicht für den Radverkehr freigegebenen Stück Einbahnstraße, jenseits der südlichen Fahrbahn der Frankenallee, ist ein weiterer Wegweiser nur zu erahnen (Bild 9). Ein Hinweis, wie man diese Seite der Straße regelkonform erreichen kann, fehlt. Statt dessen werden Radfahrer dazu verleitet, die Einbahnstraßenbeschilderung zu ignorieren und Gefahr zu laufen, auf der südlichen Fahrspur der Allee von einem Kraftfahrzeug über den Haufen gefahren zu werden.
Foto: Peter Sauer"> Bild 7
Fotos: Peter Sauer
Weder Jonas Lohse noch ich haben eine Antwort der angefragten Behörden erhalten, beide konnten wir trotz unserer Mahnungen keine Verbesserungen in der Umleitungsbeschilderung entdecken. Ende September dann war plötzlich der alte Zustand wieder hergestellt (Umleitung des Radverkehrs gen Westen auf die linke Fahrbahnseite der Europaallee), die Umleitung durch die Frankenallee war aufgehoben. Am 5. Oktober immerhin erhielt Jonas Lohse eine Nachricht des Straßenverkehrsamtes: "…Leider komme ich erst heute dazu Ihnen zu antworten. Die momentane Sperrung des Rad- und Fußgängerverkehrs auf der Nordseite erfolgte aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs um zu vermeiden, dass der Radverkehr in die baustellenbedingt stark eingeengte Fahrbahn geführt werden muss. … Sobald sich die Möglichkeit ergibt, den Radverkehr aufgrund des Baufortschritts und einer geänderten Verkehrssituation sicher auf der Fahrbahn zu führen, werde ich dies veranlassen. Bis dahin kann der auf der gegenüberliegenden Seite befindliche gemeinsame Geh- und Radweg in beide Richtungen benutzt werden." Auf die angesprochene Komplettsperrung mit der desaströsen Umleitungsbeschilderung wird leider nicht eingegangen.
Wenig später meldete sich ein Mitarbeiter der Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, die mit der Erschließungsplanung für das Europaviertel Ost beauftragt ist, telefonisch bei Jonas Lohse. Das Ergebnis des Telefonats war gleichwohl wenig befriedigend: Alles soll bleiben wie es ist, man findet die Lösung gut. Auf Details der Umleitungsbeschilderung angesprochen schien der Anrufer in einigen Dingen peinlich berührt zu sein. Die Beschilderung hatte er sich nie vor Ort angesehen, und die Einbahnstraße auf dem Plan auch nicht als solche erkannt " …das kann ja dann auch nichts werden." meint Jonas Lohse dazu.
Die miserable Umleitung war von vornherein nur temporär geplant, als zeitweise der linksseitige Weg durch Bauarbeiten blockiert war. Ergänzend zum Telefonat schickte Schüßler-Plan "… die bauzeitliche Verkehrsführung für die Bauphase 5 – 7 im PDF-Format. (…) Nach Hinweis und Aufforderung der Stadt und unserer Auftraggeberin nehmen wir uns der Situation an und werden versuchen zusammen mit dem Straßenverkehrsamt und den anderen Beteiligten eine auch für den Radverkehr zufriedenstellende Situation zu schaffen. Wir bitten um etwas Geduld."
Im Gespräch mit dem Planungsbüro war herauszuhören, dass die Baustellen beidseitig der Straße von unterschiedlichen Firmen betrieben werden, die faktisch um den knappen Platz links und rechts der Fahrbahn konkurrieren. Offenbar zwangsläufig kommt der Radverkehr dabei als erstes unter die Räder. Umso wichtiger wäre deswegen, dass die Stadt hier ein wachsames Auge auf die Verkehrsführung behält, zumal die Baustelle uns noch bis Ende 2013 erhalten bleiben wird! Vom Radfahrbüro war leider keine Stellungnahme gekommen, auch kein Vermerk darüber, ob man in dieser Sache tätig zu werden gedenke.
Peter Sauer