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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Die Mitglieder des Teams Radverkehrspolitik: Heinz Erich Müller, Dieter Dametz, Marion Hohmann, Joachim Brendel (v.l.n.r.) bei der Auswertung neuralgischer Punkte. Joachim Hochstein fehlt auf dem Bild.
Foto: Joachim Hochstein

Fahrradverkehr in Bad Vilbel

Eine Bestandsaufnahme

Die Ortsgruppe Bad Vilbel des ADFC setzt sich seit ihrer Formierung im Jahr 1991 für eine fahrradfreundliche Stadtentwicklung in Bad Vilbel ein. In den vergangenen zwanzig Jahren haben wir immer wieder versucht, die Weiterentwicklung des Radverkehrs in unserer Stadt durch konstruktive Beiträge zu fördern. Nachdem wir unsere Aktivitäten - auch angesichts der zum Teil demotivierenden hohen Widerstände gegen unsere Vorschläge - etwas reduziert hatten, haben wir nun einen neuen Anlauf gestartet, um auf die verantwortlichen Verkehrsplaner zuzugehen. Im ersten Schritt haben wir der Stadt eine ausführliche Bestandsaufnahme der Verkehrssituation übergeben, wie sie sich für Radfahrerinnen und Radfahrer in Bad Vilbel darstellt.

Das Bad Vilbeler Radverkehrsnetz ist in erster Linie auf Schönwetter-Freizeitradler ausgerichtet, die bei gutem Wetter auch unbefestigte Wege und Umwege in Kauf nehmen. Aus der Sicht von Radlern jedoch, die das Fahrrad als wesentlichen Teil ihrer Nahverkehrsmobilität sehen und schnell auf möglichst kurzem Weg zum Arbeitsplatz oder zum Einkaufen fahren möchten, ist das Wegenetz wenig attraktiv und lückenhaft.

Ein durchgängiges Radverkehrskonzept entlang der vorhandenen Straßen existiert nicht. Anstelle eines solchen Konzepts wurden in Bad Vilbel bisher unterschiedliche Einzellösungen realisiert, die keine übergeordnete Logik erkennen lassen. Symptomatisch hierfür ist der Rückbau der früheren B3, die die Kernstadt mit den Ortsteilen Heilsberg und Dortelweil verbindet. Die dort überwiegend erfolgte Einrichtung von Kreisverkehren ist grundsätzlich zu begrüßen. Wer jedoch als Radfahrer näher hinschaut, der stellt fest, dass er durch die Art der Radverkehrsführung im Bereich der Kreisel ohne Not benachteiligt wird. Am "Lidl-Kreisel" auf dem Heilsberg beispielsweise müssen die Radler in Richtung Südbahnhof den Kreisverkehr mit mehreren engen Radien in Gegenrichtung umfahren und im Zuge dessen zwei Zebrastreifen queren. Konflikte mit Autofahrern, die nicht mit Radfahrern in Gegenrichtung rechnen, sind vorprogrammiert. Auch der "Südbahnhof-Kreisel" muss auf einem Bordstein-Radweg umfahren werden, wobei es zu Konflikten mit Fußgängern oder an der Bushaltestelle wartenden Verkehrsteilnehmern kommen kann. Eine Führung, die auch dem Ortsunkundigen intuitiv zu verstehen gibt, welche Wege für ihn vorgesehen sind, gibt es in Bad Vilbel an keiner Stelle. So endet beispielsweise am Ortsausgang von Dortelweil ein Radweg ohne einen Hinweis oder gar eine Überführung auf den vorgesehenen Zweirichtungsradweg, der 50 Meter weiter auf der gegenüberliegenden Seite beginnt.

Charakteristisch für Bad Vilbel ist auch die Bevorzugung des Baus von geteilten oder gemeinsamen Fuß-/Radwegen auf dem Bordstein. Diese sind aufgrund des Konfliktpotenzials mit Fußgängern sowie der nachgewiesenen größeren Gefahren durch abbiegende und einmündende Autos problematisch. Auch der höhere Rollwiderstand durch das meistenteils verwendete Verbundpflaster reduziert die Attraktivität dieser Wege. Eine der wenigen positiven Ausnahmen bildet der auf der Fahrbahn markierte Radfahrstreifen auf der Frankfurter Straße stadtauswärts ab dem Südbahnhof.

Bei vielen Radwegen sollte im Einklang mit einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Benutzungspflicht von Radwegen vom November 2010 gehandelt werden. Die Benutzungspflicht sollte auf den sachlich gebotenen Ausnahmefall begrenzt und im Übrigen durch ein Benutzungsrecht ersetzt werden. Viele der derzeit noch benutzungspflichtigen Radwege in Bad Vilbel lassen sich nicht durch eine andernfalls erhöhte Gefährdung der Verkehrsteilnehmer rechtfertigen, die das Gericht zur Bedingung erhoben hat. Immerhin wurde inzwischen bereits in einigen Fällen - so im Fall des Radwegs an der Homburger Straße - die Benutzungspflicht wieder aufgehoben.

Ein weiteres Problem sind die vielen Lücken im Bad Vilbeler Radwegenetz. Der Nutzen der Lösungen im Bereich Frankfurter, Kasseler und Friedberger Straße wird dadurch, dass sie nicht nahtlos aneinander anschließen, erheblich geschmälert. Deutliche Verbesserungen ließen sich hier schon durch einfache Maßnahmen wie das Aufstellen von Hinweisschildern, die Markierung von Furten oder die Kennzeichnung separater Aufstellflächen im Bereich der Kreuzungen erreichen.

Zu den einfachen Möglichkeiten, ohne größere bauliche Maßnahmen einen Lückenschluss im Radwegenetz zu erzielen, zählt auch die Freigabe von Einbahnstraßen in Gegenrichtung. Hierdurch blieben den Radfahrern in vielen Fällen Umwege oder Fahrten auf gefahrenträchtigen Hauptstraßen erspart. So bietet sich die ruhige Schulstraße als Alternative zur verkehrsreichen Friedberger Straße an. Überdies sollte im Zuge des Baus der "Neuen Mitte" nach baulichen Lösungen gesucht werden, die Radlern die Fahrt auf der Frankfurter Straße auch in Gegenrichtung erlauben. Da viele Radfahrer auch eine zahlungskräftige Kundschaft darstellen, dürfte nicht zuletzt auch der Einzelhandel davon profitieren. Leider hat die Stadt Bad Vilbel die Freigabe von Einbahnstraßen bisher in allen Fällen kategorisch abgelehnt.

Viele planerische Fehler der Vergangenheit sind im Nachhinein nur noch mit hohem Aufwand auszumerzen. Zu unserem zwanzigjährigen Jubiläum wünschen wir uns daher von der Stadt Bad Vilbel, zukünftig stärker als kompetenter Berater in Radverkehrsfragen wahrgenommen und in Planungen, die den Radverkehr betreffen, besser und zeitiger eingebunden zu werden. Als erster positiver Schritt in diese Richtung fand in diesem Jahr bereits eine gemeinsame Befahrung mit Teilnehmern aus dem Magistrat und der Straßenverkehrsbehörde statt. Zukünftig wollen wir wieder regelmäßig verkehrspolitische Touren durch Bad Vilbel anbieten, zu denen wir Politiker und interessierte Bürger einladen.

Die vollständige Analyse mit zahlreichen Fallbeispielen ist auf unserer Webseite www.adfc-bad-vilbel.de unter der Rubrik Verkehrspolitik abrufbar. Dort finden sich auch eine Präsentation und ein Zugang zu einem Internet-Fotoalbum mit entsprechenden Beispielen. Weitere Neuigkeiten werden wir auch über unsere Facebook-Seite (ADFC Bad Vilbel e.V.) publizieren.

Joachim Brendel