Skip to content

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main   

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

Artikel dieser Ausgabe
"

St. Ursanne am Doubs im Schweizer Jura
Fotos: Jürgen Planert

Loue-Tal vor Ornans im französischen Jura

Von Basel nach Lyon

Eine ADFC-Tour vom 2. bis zum 10. Juli 2011

Auf dieser als sportlich ausgeschriebenen Tour gibt es keine Schonfrist. Bereits am ersten Tag gilt es 900 Höhenmeter zu überwinden und so sollte es die ganze Woche weitergehen. Doch es ist wie immer: Kaum sind die ersten Kilometer gefahren, die ersten Steigungen bezwungen, rückt der Alltag in weite Ferne. Endlich Urlaub.

Die Reise führt uns ins Jura mit seinen steil abfallenden Felskesseln. Bei den Steigungen hat man Zeit, bis zu den Knien im Wasser stehende Männer in Gummihosen und Gummistiefel beim Angeln zu beobachten. Die Gedanken schweifen über die Landschaft zu den Anglern, den munter im Fluss springenden Forellen, die unbeabsichtigt doch zwangsläufig Kurs auf eine schwere, heiße Bratpfanne nehmen, um in Butter zwischen Mandeln und Petersilie weiterzuschwimmen. Die Abfahrten eröffnen fantastische Blicke in die Kerbtäler. Sie führen entlang beeindruckender Schluchten, Kaskaden und Wälder. Am Ende der Etappe wird schließlich der Tagtraum in Form einer Forelle nach Müllerinnen-Art wahr. Das Leben ist schön, die französische Küche wunderbar!

Wir bewegen uns im Gebiet zwischen Doubs und Loue. Beide Flüsse sind unterirdisch verbunden. André Berthelot fand das auf einem Spaziergang an der Quelle der Loue im Jahr 1901 heraus. Auf spektakuläre Weise sprudelt der Fluss in einem großen Schwall unvermittelt aus dem Berg. An diesem Tag aber wunderte sich der Sohn eines Chemikers, dass das Wasser nach Absinth roch. Tags zuvor hatte es in der Pernod-Fabrik in Pontallier gebrannt. Eine Million Liter Absinth hatten sich in den Doubs ergossen. Ein Probeschluck bestätigte, die Loue hatte sich in einen kostenlosen Aperitif verwandelt. 110 Jahre später ist der Aperitif verwässert und wir müssen der Entdeckung kostenpflichtig in einer Bar gedenken.

Die Loue ist ein idyllischer Fluss, der viele Künstler, insbesondere Philippe Courbet, den bedeutendsten Maler des französischen Realismus, inspirierte. In seiner Geburtsstadt Ornans spiegeln sich die Häuser im schönen Licht der untergehenden Sonne im Wasser.

Ach, das Wetter ist schön, der Fluss romantisch. Ein Bad wäre jetzt genau das Richtige. Bei Champagne sur Loue, neben der alten Mühle, finden wir den Einstieg ins erfrischende Nass.

Überraschendes Dole: diese Stadt hat schon bessere Zeiten gesehen, zweifellos. Die prächtigen Renaissancebauten aus dem 16. und 17. Jahrhundert künden von seiner einstigen Bedeutung. Der mit der Katze geprägte goldene Pflasterstein ist Wegweiser unseres Abendspaziergangs in einer charmant morbiden Kulisse. Am Morgen präsentiert sich Dole strahlend. Die mit braunen Ziegeln gedeckten Häuser der hoch am Hang gelegenen Altstadt scharen sich um die Stiftskirche Notre-Dame und erzählen von der reichen Vergangenheit der Stadt. Aus Dole heraus geht es in die Ebene. Die Wegstrecke ist umsäumt von Weizenfeldern, Wiesen mit Charolais-Rindern und Sonnenblumen, so weit das Auge reicht. Im Windschatten lässt es sich flott fahren.

In Cluny steht die bedeutendste Abtei des Mittelalters. Ihr Einfluss strahlte auf ganz Europa aus. Die Überreste des riesigen Benediktinerklosters wurden teilweise restauriert und sind begehbar. Ein 3D-Film rekonstruiert virtuell den majestätischen Eindruck der ehemals größten Kirche der Christenheit.

Vom Burgund kommen wir ins Beaujolais. Die Landschaft ist von Weinbergen überzogen. Bei jedem Hügel gibt es etwas zu bestaunen, ein Gutshaus, eine Kapelle, ein kleines Chateau und immerzu eine betörend liebliche Landschaft. Pittoreske Städtchen liegen auf dem Weg. Diverse Weinkooperativen laden zur Degustation ein. Nach einem Gläschen Wein fährt es sich gleich viel beschwingter. Überhaupt ist die Tour sehr lehrreich. In Fleurie erfahren wir, dass Wein in 84 verschiedenen Farben unterschieden wird. Cristal, Soleil, Geranium, Grand Canyon, Terre de Feu, Rouge Sang: wohlklingende Namen beschreiben den Bogen zwischen den hellen leichten Weißweinen und den tiefdunkel, schweren Roten.

Beseelt von den Eindrücken aus dem Jura, dem Burgund und dem Beaujolais radeln wir in Lyon ein, Endpunkt einer sehr schönen, abwechslungsreichen Tour. Ja, wir haben alles richtig gemacht und freuen uns auf die nächste Tour mit Anne Wehr, Bertram Giebeler und Jean Coquelin.

Maria-Antonia Estol

Dole
Fotos: Jürgen Planert

Lyon vom Fourviere-Balkon ausgesehen