Radreisen und Wetterprognosen
Tagestouren sind eine feine Sache. Man steht morgens auf, prüft die Rahmenbedingungen und entscheidet sich dann spontan für oder gegen eine Radtour. Anders dagegen die Mehrtagestouren: lange vor dem Reiseereignis muss man sich für eine Tour des ADFC Frankfurt beim Tourenleiter anmelden, denn die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Wer zu spät kommt, könnte allenfalls noch über eine Warteliste zum Zuge kommen.
Radfahrer vor Musikautomat aus vergangener Zeit in Rüdesheim (oben) und, ohne Radfahrer, das Beatles-Museum in Bad Ems
Fotos: Günter Tatara
Rückt dann der Reisetermin näher, hört man sich die Wetterprognosen schon mal genauer an. Nehmen wir als Beispiel die Rhein-Lahn-Tour vom 20. bis 22. Mai 2011. Da hörten sich die Vorhersagen der Wetterfrösche bedrohlich an. Mit so viel Regen, Sturm und Gewitter hatte ich bei Anmeldung zur Tour nicht gerechnet. Tapfer wurden die Packtaschen gefüllt - obenauf die Regenkleidung zum sofortigen Zugriff. Auf entsprechende Fragen von Freunden und Verwandten wurde geantwortet: "ja, ich werde fah-ren".
Treffpunkt Hauptbahnhof, Gleis 18 um 8:45 Uhr. Die ersten 6 km verliefen trocken. Entsprechend freundlich war die Begrüßung der anderen 16 Teilnehmer. Im Zug dann die erste Formalität: Aushändigung des "Sicherungsschein für Pauschalreisen". Für den Tourenleiter Michael Bunkenburg eine willkommene Gelegenheit, mit den Teilnehmern ins Gespräch zu kommen. Nebenbei erfahren wir, dass ADFC-Mehrtagestouren recht-lich gleichzusetzen sind mit "alles-in-Allem-Reisen" z. B. in die Karibik. Wenn nur das Wetter vergleichbar wäre, denke ich.
Nass ist es nur im Fluss
In Mainz beginnt dann die Tour so richtig. Vor dem Vergnügen liegt eine Strecke quer durch ein Industriegebiet. Aber dann: der Rhein. Und nass ist es nur im Fluss. Leichte Zweifel kommen auf an der Art der Wetterberichterstattung. In -Rüdesheim gibt es was aufs Trommelfell. Im Musikkabinett werden uns Musikautomaten längst vergangener Zeiten gezeigt, erläutert und vorgeführt. Den Hinweis, dass es sehr laut wird, sollte man ernst nehmen. Die Mechanik ist beeindruckend. Waren doch schon genial, die Tüftler von damals. Aber wir wollen ja Fahrrad fahren und vor dem großen Gewitter im Hotel in Bacharach sein. Wir fahren mit den Wolken und der mittlerweile drückenden Witterung um die Wette - und gewinnen. Kaum sind wir im Hotel, beginnt es zu regnen, ganze 15 Minuten. Nach dem Abend-essen ist noch ein Spaziergang durch den Ort möglich. Die Temperatur und die Eisdiele laden zu einem Riesling-Eis ein. Beim nächs-ten Besuch in Bacharach ist diese Eisdiele erste Station.
Abendessen im Freien
Am Samstag stand die Strecke nach Bad Ems im Programm. Links und rechts ragten Burgen in den Himmel. Eine davon wollten wir besichtigen: die Marksburg in Braubach. Es ist eine Zweisternetour, daher wurden wir mit einem Touris-tenzug hoch gefahren. Ein Burgführer erklärte uns souverän Erbfolge, Kanonen, Kräuter, Handwerk, Sitten und Folter auf der Burg. Schön, dass wir anschließend wieder in der Gegenwart Radfahren konnten. Verschwitzt aber ohne Gebrauch der Regenkleidung kamen wir in Bad Ems an. Gemeinsames Abendessen im Freien und Bummel über die Prachtstaße von Bad Ems rundeten den Tag ab. Bemerkenswert: das Beatles-Museum, ein Café mit Live-Musik und ganz im Zeichen der Pilzköpfe.
3. Tag. Wenn der vorhergesagte Regen, der am ersten und zweiten Tag nicht fiel, dann am dritten Tag fällt.? Man sollte nicht darüber nachdenken. Mit Sonnenschein ging es auf die letzte Etappe nach Limburg. Keine weiteren Vorkommnisse bis Nassau. Ab und zu hörten wir ein paar Frösche quaken. Die Lahn ist zum Greifen nah. Ein -Wetterfrosch wurde aber nicht gesichtet. Dann begann der Wind heftiger zu wehen, wechselte häufig die Richtung und Wolken türmten sich auf. In dem Moment, als wir den Bahnhof in Oberhof erreichten, -begann es zu regnen. Die schlimms-ten Vorhersagen schienen nun einzutreffen. Fürsorglich schaute -Michael auf den Fahrplan der Bahn. Die nächste würde in 10 Minuten kommen. Schnelle Entscheidung: wir fahren Bahn. Und weil ja das Unwetter gigantische Ausmaße erreichen würde, fuhren wir gleich bis Limburg durch. Doch wie das so ist mit Vorhersagen und Ahnungen: ab Balduinstein schien schon wieder die Sonne und wir saßen im Zug. So wurde in Limburg noch eine Altstadtbesichtigung angehängt. Dann fuhr uns der nächs-te Zug zurück nach Frankfurt.
Na ja, man sollte sie vielleicht nicht zu Hause lassen, die Regenkleidung. Aber man sollte den Wetterprognosen auch nicht solch ein Gewicht beimessen. Die nächste Mehrtagestour kommt bestimmt. Und dann pfeif' ich auf den Wetterbericht.
Günter Tatara