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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Steinzeit der Radverkehrsplanung

Aktueller Stand der Klage gegen Radweg in Liederbach

Im Frankfurt aktuell 6/2010 berichteten wir über die Ausweisung der Benutzungspflicht des Radwegs in der Höchster Straße in Liederbach, der unzulässig geringe Breiten aufweist.

Die Unfallforschung in den letzten Jahrzehnten hat ergeben, dass innerörtliche Radwege das Unfallrisiko nicht mindern, sondern sogar deutlich vergrößern, denn sie schaffen besondere Gefahren für Radfahrer an den Knotenpunkten und Grundstücks- bzw. Firmenzufahrten.

Hier zeigt sich, dass das Gefühl vieler Radfahrer, auf dem Radweg sicherer zu sein, trügerisch ist. Dies gilt vor allem für Alltagsradfahrer, die Liederbach auf dem Weg zur Arbeit oder zurück durchqueren und auf der leicht abschüssigen Strecke in Richtung Höchst ohne große Anstrengung 30 km/h und mehr erreichen.

In diesem Zusammenhang geht es dem ADFC nicht darum, Raser zu entschuldigen. Aber Rennrad-Fahrer, Berufspendler auf der Ortsdurchfahrt, Schulkinder oder Radfahrer mit großen Einkaufstaschen auf dem Gepäckträger fahren naturgemäß unterschiedlich schnell und haben unterschiedliche Anforderungen an einen Radweg.

Zu der rechtswidrigen Benutzungspflicht gibt es nach unserer Einschätzung zwei rechtlich haltbare und sinnvolle Alternativen:

Beschilderung als Gehweg mit Zusatz "Radfahrer frei" oder keine Beschilderung, wodurch der Radweg zu einem "anderen", nicht benutzungspflichtigen wird.

Beide Lösungen lassen Radfahrern die Wahl, entweder auf der Fahrbahn oder - mit angemesse-ner Geschwindigkeit und besonderer Aufmerksamkeit für Fußgänger und plötzlich geöffnete Auto-türen - auf dem Bordsteinweg zu fahren.

Der ADFC unterstützt aktuell eine Klage gegen die Radweg-Benutzungspflicht, um schwere Unfälle von Radfahrern in diesem Streckenabschnitt zu vermeiden. Außerdem soll den Verantwortlichen - Planern und Straßenverkehrsbehörde - hiermit klar gemacht werden, dass solche Radwege ein Rückschritt in die "Steinzeit der Radverkehrsplanung" sind und nicht den Anforderungen des modernen und sicheren Radverkehrs entsprechen. Das Fahrrad sollte endlich als gleichberechtigtes Verkehrsmittel Beachtung finden!

Diese Klage ist also in keiner Weise eine Verschwendung von Steuergeldern, wie es im Höchster Kreisblatt dem ADFC durch einen Mitarbeiter der Gemeinde Liederbach vorgeworfen wurde. Die Geldverschwendung besteht vielmehr in der rechtswidrigen Planung und der gefährlichen baulichen Ausführung der Radwege.

Holger Küst


Was lange währt, wird nicht immer gut

Ein Kommentar zur Umsetzung einer Baumaßnahme in Liederbach, die vor 20 Jahren geplant wurde

Der ADFC als Verschwender von Steuergeldern - so sieht es der "Fahrradbeauftragte" in Liederbach, geschrieben im Höchster Kreisblatt im Januar 2011. Dies ist der nahezu kafkaeske Zwischenstand einer Geschichte, die einige charakteristische Züge in sich trägt und deshalb an dieser Stelle aufgegriffen werden soll.

Im Jahr 2009 wurde in Liederbach ein Radweg gebaut, der nach der Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) von 1997 nicht mehr erlaubt ist, weil er nicht die Mindestbreite von 1,50 Meter hat.

Frage einer Steuerzahlerin: Wie kann das passieren? Warum gibt es vor Baubeginn bei so alten Planungen nicht einen Check auf Aktualität?

Als der Weg noch nicht einmal zur Hälfte fertig war, hat der ADFC in einem Gespräch mit der Bürgermeisterin auf das Problem hingewiesen. Wie in vielen solchen Gesprächen fiel auch hier der offenbar alles erschlagende Satz: ,Ich fahre auch Rad und fühle mich auf einem Radweg sicherer als auf der Straße mit den vielen Autos'.

Frage einer Bürgerin in einem Rechtsstaat: Die Gefühle Einzelner in allen Ehren, aber wofür gibt es die StVO? Würden wir uns mit derselben Selbstverständlichkeit anmaßen, eine Autobahn anders zu bauen, nur weil wir alle einen Führerschein haben?

Der Bitte des ADFC, den neuen Radweg doch einfach NICHT zu beschildern, weil dann die RadfahrerInnen nicht gezwungen würden ihn zu benutzen, folgte nach vielem Hin und Her die Beschilderung als gemeinsamer Rad-/Fußweg. Für einen gemeinsamen Rad-/Fußweg fordert die Verwaltungsvorschrift eine Mindestbreite von 2,50 Metern. Diese Breite wird jedoch in vielen Abschnitten nicht erreicht.

Frage einer völlig Ratlosen: Was wurde mit dieser Reaktion erreicht? Der Beweis angetreten, dass man gegen die StVO bei einer Baumaßnahme auch zweimal verstoßen kann?

Aktuell läuft mit Unterstützung des ADFC eine Privatklage gegen die Beschilderung dieses Radweges. Man könnte auch sagen: Jetzt geht's nicht mehr ums Recht haben, sondern ums Recht bekommen. Und das führt dann zur Frage eines ADFC Mitglieds: Wann wird der Radverkehr als gleichberechtigte Verkehrsart ankommen in den Köpfen der Planungsverantwortlichen unserer Gemeinden? Wann werden wir nicht mehr im Nachhi-nein nörgeln müssen, sondern uns von vornherein auf die Umsetzung der ERA (=Empfehlung für Radverkehrsanlagen) verlassen können?

Was in den Großstädten so langsam Normalität ist, scheint in den Speckgürteln noch Vision zu sein: Jede mit dem Rad zurückgelegte Strecke in der Kommune stärkt den dort (noch) vorhandenen Einzelhandel, senkt die CO2- und Lärm-Emissionen und das, was unsere Bürgermeister und Bürgermeisterinnen so gerne ausloben: Lebensqualität mit und für Menschen - hautnah ohne Blechkiste.

Gabriele Wittendorfer