Zwei Schritt vor, einer zurück? Dass eine Fehlplanung auch im letzten Moment noch korrigiert werden kann, wenn der Wille dazu da ist, hat Stadtrat Lutz Sikorski gerade bewiesen. Das war sicher nicht einfach, denn es waren gleich mehrere Spieler auf dem Feld, die sich bewegen mussten. Dennoch ist es gelungen (siehe Kasten). Kaum ist das eine Problem gelöst, tut sich an der Friedberger Warte eine neue Lücke auf, in der die Interessen des Radverkehrs unterzugehen drohen. Zehn Jahre lang wurde die neue Straßenbahnlinie über die Friedberger Landstraße nach Preungesheim geplant. Schlechte Erfahrungen aus der Sicht des Radverkehrs zu Anfang der 90er-Jahre veranlassten das Stadtparlament 2001 zum frühzeitigen Eingreifen. Auf Antrag NR 244 der Grünen wurde neben anderen Punkten beschlossen: „Im gesamten Verlauf der Neubaustrecke der Straßenbahn werden von den Gehwegen getrennte Flächen für den Radverkehr vorgesehen.“ (§ 1337/01). Nach der wenig ermutigenden Antwort des Magistrats (B 100/03) wurde dieser Beschluss noch einmal bekräftigt (§ 5325/03). Vor drei Jahren legte der Magistrat eine Bauplanung vor (M 72/07), in der man auf Höhe der Friedberger Warte an zentraler Stelle für den neu zu gestaltenden künftigen Quartiersplatz nur eine schraffierte Fläche vorfand mit der Aussage: „Anschluss an Planung Platzgestaltung Friedberger Warte“. In diesen Bereich fiel auch der stadtauswärts führende Radweg. Während also alle anderen verkehrsplanerischen Fragen Bestandteil der M 72 waren, wurde der stadtauswärts führende Radverkehr schlicht ausgeblendet, obwohl schon damals klar sein musste, dass die städtebaulichen Randbedingungen an der Nordseite der Friedberger Warte eine vernünftige Lösung für den Radverkehr im Rahmen der Platzgestaltung ausschlossen. Der ADFC bemühte sich, im Rahmen der Routinebesprechungen weitere Informationen zu bekommen, wurde aber immer wieder vertröstet. Es sollte noch volle drei Jahre dauern, bis das Planungsdezernat die Katze aus dem Sack ließ. Während vor Ort die Straßenbauarbeiten seit einem Jahr in vollem Gang sind, legte der Magistrat Ende Mai seine Vorstellungen von der künftigen Gestaltung des Platzes an der Friedberger Warte auf den Tisch (M 105/10). Ergebnis: Der Radweg entlang der Friedberger Landstraße soll im Platzbereich unterbrochen werden! Darüber kann auch die einschlägige Planerprosa nicht hinwegtäuschen („Für Radfahrer wird außer der individuellen Platzüberfahrt eine eigene belagsgerechte Fahrspur entlang des westlichen Platzrandes angeboten“) Eine Rampe soll kurz hinter dem Eckturm den Höhenunterschied von schätzungsweise 60 cm zur gepflasterten Platzfläche überbrücken, die Radfahrer die dort stehenden Bäume umkurven und einige Meter weiter wieder auf das Straßenniveau heruntergeführt zu werden. Eingeengt wird der Raum noch durch die nötigen Absperrungen zwischen Platzfläche und der Fahrbahn. Die verbleibende nutzbare Durchfahrt an der Turmecke dürfte eher in Richtung ein Meter tendieren – und das ohne Sicht auf möglichen Gegenverkehr, mit dem auf einer Platzfläche ja immer zu rechnen ist.
Völlig unklar ist bislang, wie sich der geplante Markt auswirken wird. Man muss sich nur einmal an einem Donnerstag die Verhältnisse an der Bockenheimer Warte anschauen, um zu erfahren, wie rücksichtslos von den Marktbeschickern alle freien Räume mit Autos zugestellt werden. Ein oder zwei Lieferwagen würden in Verbindung mit den Bäumen wohl reichen, um die Durchfahrt für den Radverkehr vollständig zu blockieren.
Zwar ist die die Magistratsvorlage M 105 in der letzten Sitzung vor der Sommerpause noch schnell durchgewunken worden, aber das Stadtparlament hat seine Zustimmung an eine Bedingung gebunden: „Der Vorlage M 105 wird mit der Maßgabe zugestimmt, dass der Radweg am westlichen / nordwestlichen Platzrand möglichst durchgängig und an die Fahrbahn anschließend zu führen und mit einem Asphaltbelag deutlich von den Platzflächen abzugrenzen ist. Der Baumbestand, wie in der Vorlage M 105 dargestellt, ist dabei auf jeden Fall zu erhalten.“ Dem Radverkehr wird durch die neue Straßenbahn im Zuge der Friedberger Landstraße einiges an Kompromissen abverlangt. Darunter gibt es vermeidbare und unvermeidbare. Die Unterbrechung des Radwegs an der Friedberger Warte gehört zu den vermeidbaren.
Inzwischen wurde von kompetenter Seite eine Variante erarbeitet, die einen durchgehenden Radweg auf Straßenniveau ermöglichen würde. Dafür müsste nur eine Alternativlösung für einen Fahrleitungsmast auf der Mittelinsel gefunden werden. Das sollte bei einer wohlwollenden Prüfung durch das Verkehrsdezernat keine unüberwindbare Hürde sein
|