Die Realität überholt den General-Verkehrs-Plan (GVP)
Radverkehrsanteil steigt von 9% auf 13%
Seit einigen Tagen liegen der Stadt Frankfurt die ersten Zahlen der Haushaltsbefragung 2008 (SrV 2008, siehe Kasten) vor. Seit der letzten Befragung vor fünf Jahren (SrV 2003) ist der Anteil des Radverkehrs an den Wegen der Frankfurter Bürger erneut um 50 % gestiegen. Er liegt jetzt im Gesamtverkehr bei 13 %, im Binnenverkehr sogar bei 14 %. Damit rückt die vom Parlament für 2012 gesetzte Zielmarke von 15 % in greifbare Nähe. Allen Unkenrufen zum Trotz geht diese Entwicklung weder zu Lasten des Öffentlichen Verkehrs noch ist ein Rückgang des Fußgängerverkehrs festzustellen. Es ist vor allem der Autoverkehr, der Verkehrsanteile abgeben muss.
Zur Erinnerung
Am 18.10.2003 beschloss das Stadtparlament auf Anregung des ADFC und auf Antrag der Grünen (NR 1061/03): „Die Stadt Frankfurt am Main setzt sich zum Ziel, im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans bis zum Jahr 2012 den Radverkehrsanteil an allen zurückgelegten Wegen auf 15 Prozent anzuheben.“ (§ 6196/03). Das war durchaus ambitioniert, denn nach den damals aktuellsten Zahlen (SrV 1998) lag der Radverkehrsanteil bei 6%.
Die Reaktionen auf diesen wegweisenden Beschluss fielen sehr unterschiedlich aus, wobei die kritischen Stimmen überwogen. „Frankfurt ist nicht Münster“ war eine der freundlicheren Varianten.
Die Veröffentlichung der Zahlen der Haushaltsbefragung 2003 im Frühjahr 2004 brachte den Stimmungsumschwung. Innerhalb von fünf Jahren hatte sich der Radverkehrsanteil um glatte 50 % auf 9 % gesteigert, im Binnenverkehr sogar fast verdoppelt auf 11 %. Das machte Mut.
Vom Basisfall zum Radverkehrsszenario
Auf die zur gleichen Zeit anlaufenden Vorarbeiten für die Aktualisierung des Frankfurter Gesamtverkehrsplans (GVP) zielte der zweite Teil des Parlamentsbeschlusses: „Der Magistrat wird beauftragt, im Rahmen des Generalverkehrsplans ein diesem Ziel (15 %, A.d.V.) Rechnung tragendes Szenario zu erarbeiten und ein entsprechendes Handlungskonzept vorzulegen.“
Bis dahin werkelten die GVP-Planer an diversen Szenarien, die alle eines gemeinsam hatten: Man traute dem Radverkehr nichts zu. Ohne zusätzliche Anstrengungen sah man den RV-Anteil auch im Jahr 2015, der Zielperspektive des GVP, bei sage und schreibe 6 % (Basisfall) und selbst bei Umsetzung aller geplanten Maßnahmen der Radverkehrskonzeption sollten es nur 9 % werden (Szenario I). Wohl gemerkt: 2015!
Nun also SrV 2008
Die wenigen bislang bekannten Zahlen stammen aus einer Pressemitteilung des Verkehrsdezernenten Lutz Sikorski. Ebenso das hier abgedruckte Diagramm. Eine genauere Betrachtung folgt, wenn alle Ergebnisse vorliegen.
Kleines Bonbon zum Schluss: Der Autoanteil am Binnenverkehr lag 2008 mit 27 % noch genau einen Prozentpunkt über dem Wert, den selbst das ambitionierte Radverkehrsszenario des GVP für die Grenze des Machbaren hält. Es lautet 26 % – für 2015!
Es wird langsam Zeit, über neue Zielmarken nachzudenken, meint
Fritz Biel
Zum besseren Verständnis
KONTIV (
KONTI
nuierliche Erhebung zum
V
erkehrsverhalten) und SrV (System repräsentativer Verkehrsbefragung) sind zwei unterschiedliche Systeme zur Erhebung von Verkehrsdaten. 1998 ließ die Stadt Frankfurt erstmals eine Haushaltsbefragung nach SrV durchführen (SrV 1998), die seitdem alle fünf Jahre wiederholt wird.
Der Gesamtverkehrsplan (GVP)
ist ein Instrumentarium zur Prognostizierung und Steuerung der Verkehrsentwicklung auf kommunaler Ebene. Er unterscheidet zwischen den Wegen innerhalb der Kommune
(Binnenverkehr)
und den Wegen, die zwischen dem Stadtgebiet und dem Umland abgewickelt werden
(Quell- und Zielverkehr). Gesamtverkehr
meint – bezogen auf Frankfurt – alle Wege der Frankfurter Einwohner, also keine Einpendler.
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