Bahn und Rad im Fernverkehr
Wer den Donauradweg mit Bahnanreise genießen möchte, sollte sich beeilen. Letztmals wird es in der Fahrplanperiode 2006/2007 die Möglichkeit geben, von Frankfurt aus durchgehend über Passau nach Wien sein Velo tagsüber im Zug mitzunehmen. Nach Informationen aus der Fachpresse plant die DB die Umstellung dieser Relation auf ICE, derzeit werden Triebzüge für den Einsatz in Österreich vorbereitet. Ähnliches ist auch auf anderen Tagesverbindungen ab Frankfurt zu befürchten, so z.B. die über Heidelberg – München – Salzburg oder über Saarbrücken nach Paris, bei denen man derzeit sein Rad noch mitnehmen kann. Innerhalb Frankreichs ist in manchen TGV bei Reservierung die Radmitnahme möglich. Da aber die Verbindung Ffm-Paris von ICE’s betrieben wird, bleiben hier künftig Velos draußen. TGV’s werden allerdings die Relation München – Strasbourg – Paris bedienen. Auch die auf Intercity umgestellten ehemaligen Interregioverbindungen sind akut von der Umstellung auf ICE gefährdet, so z. B. die letzten „Urlauberzüge“ nach Westerland oder Rügen. Die von manchen Städten geforderte ICE-Verbindung trägt so dazu bei, dass, neben einer Verteuerung und (zweifelhaftem) Komfortgewinn bei gleicher Reisezeit(!), die Radmitnahme nicht mehr möglich ist. Alternativen gibt es nur wenige: Nachtzüge werden deswegen immer stärker frequentiert, begrenzte Kapazitäten erfordern hier für jede Tour langfristige Planung. Tagesverbindungen mit Regionalzügen erfordern viel Zeit, vielfaches Umsteigen und vorausschauende Planung. So werden treue Bahnkunden vergrault und die Radmitnahme im Fernverkehr durch die Hintertür flächendeckend abgeschafft. Ein weiteres Indiz hierfür ist, dass zwischenzeitlich alle möglichen Fahrkarten und Angebote über Internet gebucht werden können, nicht aber Fahrradkarten und -reservierungen. Offenbar scheut man hier Investitionen in Software für ein Produkt, welches absehbar eh abgeschafft werden soll. Ausblick : Dass andere Bahnanbieter (z.B. Connex/Veolia) Fernzüge auf die Reise schicken, die das Niveau des von der Deutschen Bundesbahn entwickelten und von der Deutschen Bahn AG demontierten Interregio erreichen, ist eher unwahrscheinlich und dieser Wunsch wird sich – wenn überhaupt – nur sehr langfristig erfüllen können. Möglicherweise entwickelt sich aber auch ein neuer Markt für Radmitnahme im Fernverkehr mit Linienbussen. Voraussetzung dafür ist, dass das Fernverkehrsmonopol der Bahn, ein Gesetz aus dem Jahre 1937, fällt. Allerdings wird die dann vielleicht mögliche Radmitnahme im Fernlinienbus keinen Vergleich standhalten können mit Tempo, Komfort und der Reisekultur auf Schienen. Alles in allem keine guten Aussichten und der Bund als Eigentümer verschläft die Entwicklung im wahrsten Sinne des Wortes. Vielleicht ist das sogar gewollt, denn der Bund kann die Bahn sehr wohl zu Handlungen auffordern, wenn er will: So wurde die DB unlängst dazu aufgefordert, „für eine höhere Pünktlichkeit ihrer Züge zu sorgen“. „Die DB sollte alles tun, um ihre Ziele zu erreichen und den Wert des Unternehmens vor dem Börsengang zu erhöhen“, sagte eine Sprecherin von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Zur Radmitnahme im Fernverkehr schweigt der Bund. Das Warten auf eine europaweite Lösung, bei vielen anderen Dingen als beliebte Ausrede verwendet, dürfte sich allerdings in unserem Fall bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hinziehen. Jürgen Johann, stv. Tourenreferent |