Sicher im Straßenverkehr – Verkehrswissen für Radfahrer Die beginnende Radfahrsaison nehme ich zum Anlass, auf die verkehrsrechtliche Situation von Radfahrern einzugehen. Leider muss ich immer wieder feststellen, dass viele – obwohl im Besitz eines Führerscheins – wichtige Bestimmungen der StVO für den Radverkehr nicht zu kennen scheinen. Hinzu kommt, dass es eine Fülle an wichtigen Gerichtsurteilen gibt, die den Radverkehr betreffen. Ich bin keine Juristin, und der Text ist nicht als juristische Abhandlung gedacht, sondern bezieht sich auf Wissen, das jeder erwachsene Verkehrsteilnehmer haben sollte und vertieft dieses nur etwas. Das Fahrrad ist ein Fahrzeug Fahrräder sind nach der Definition des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr vom 8. November 1968 alle Landfahrzeuge, die mindestens zwei Räder, eine Lenkeinrichtung, eine Bremseinrichtung und einen Sitz haben sowie mit Pedal- oder Handkurbelantrieb versehen sind. Der wichtigste Grundsatz für Radfahrer ist, dass ein Fahrrad nach StVO und StVZO ein Fahrzeug darstellt. Das bedeutet, dass Sie ein Fahrzeugführer mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten sind und keinesfalls ein „Fußgänger auf Rädern“. Sie müssen daher die Fahrbahn („Straße“) benutzen. Die VwV-StVO sagt zum § 2 der StVO („Straßenbenutzung durch Fahrzeuge“) unter Randnummer 9 eindeutig: „Der Radverkehr muss in der Regel ebenso wie der Kraftfahrzeugverkehr die Fahrbahn benutzen.“ Keine Fahrzeuge sind nach §24 Abs. 1 StVO und § 16 Abs. 2 StVZO Kinderfahrräder, sie gelten als Spielzeug. Radwegebenutzungspflicht Als Radfahrer sind Sie nach § 2 Abs. 4 der StVO verpflichtet, die Radwege zu benutzen, die neben der Fahrbahn verlaufen und mit den Z. 237, 240 oder 241 gekennzeichnet sind. Nur diese Zeichen begründen eine Radwegebenutzungspflicht, sie müssen auch als Zeichen tatsächlich aufgestellt sein. Auf den Straßenbelag aufgemalte Verkehrszeichen oder Fahrzeugsymbole haben keine rechtliche Bedeutung, sie haben nach der VwV-StVO nur hinweisenden Charakter in unklaren Situationen. Noch viel bedeutungsloser ist eine farbige Aufteilung z.B. eines breiten Gehwegs in zwei Bereiche, sie deutet bestenfalls auf einen „anderen Radweg“ hin (siehe dort). Grundsätzlich gilt die Benutzungspflicht für alle Fahrräder, d.h. auch Renn- und Liegeradfahrer müssen sich daran halten (BverwG Az. 3 B 183.00, NZV 2001, 493). Zwar haben einzelne Oberlandesgerichte Rennradfahrer von der Benutzungspflicht freigesprochen, aber es gibt keinen allgemeinen Anspruch darauf. Vor allem kann das OLG im benachbarten Bezirk schon völlig anders urteilen und den Rennfahrer wieder auf den Radweg verbannen. Eine Ausnahme findet sich nur an einer Stelle versteckt in der VwV-StVO. Hier heißt es zum § 2 der StVO unter Randnummer 23: „Die vorgegebenen Maße für die lichte Breite [eines Radwegs - E.K.] beziehen sich auf ein einspuriges Fahrrad. Andere Fahrräder (vgl. Definition des Übereinkommens über den Straßenverkehr vom 8. November 1968, BGBl. 1977 II S. 809) wie mehrspurige Lastenfahrräder und Fahrräder mit Anhänger werden davon nicht erfaßt. Die Führer anderer Fahrräder sollen in der Regel dann, wenn die Benutzung des Radweges nach den Umständen des Einzelfalles unzumutbar ist, nicht beanstandet werden, wenn sie den Radweg nicht benutzen;“ Wenn Ihr Fahrzeug also zu breit bzw. unhandlich für den Radweg ist und Sie ihn daher nur mit Mühe befahren könnten, brauchen Sie ihn nicht zu benutzen, er ist dann objektiv unzumutbar (OLG Düsseldorf, NZV 1992, 290, 291 und BGH, NZV 1995, 144 und VG Berlin, NZV 2001, 317). Die Benutzungspflicht für einen ausgewiesenen Radweg besteht nur unter bestimmten Bedingungen. Der Weg muss erkennbar zur Fahrbahn gehören, d.h. fahrbahnbegleitend sein, die gleiche Vorfahrtsregelung wie die Fahrbahn haben und benutzbar sein. Führt der Radweg nicht in die gewünschte Richtung, brauchen Sie ihn natürlich auch nicht zu benutzen. Gleiches gilt für Radwege, die extrem verschmutzt sind (Laub, Scherben), im Winter nicht geräumt werden oder zugestellt sind (parkende Autos, Mülltonnen). Sie brauchen dann den Radweg nicht durchgängig zu benutzen oder dürfen ihn rechtzeitig vor dem Hindernis verlassen und brauchen erst an der nächsten zumutbaren Stelle, z.B. einer Bordsteinabsenkung, wieder auffahren. Grundsätzlich müssen Sie bei Unbenutzbarkeit des Radwegs auf die Fahrbahn ausweichen, auf den Gehweg dürfen Sie nicht. Andere Radwege Keine Benutzungpflicht besteht nach § 2 Abs. 4 StVO für „andere rechte Radwege“. Darunter versteht man Wege, die baulich angelegt und als Radwege erkennbar, aber nicht als benutzungspflichtig gekennzeichnet sind. Bis zur „Fahrradnovelle“ der StVO im Jahr 1998 mussten Radfahrer alle Wege auch ohne Radwegezeichen befahren, wenn diese nur entfernt nach Radweg aussahen, unabhängig vom Qualitätsstandard und der Sicherheit des Weges. Seit 1998 haben Sie die Wahl, ob Sie den anderen Radweg benutzen möchten oder doch lieber auf der Fahrbahn fahren. In Frankfurt finden sich an einigen Ecken solche Radwege, deren Benutzungspflicht aufgehoben wurde, weil die Wege nicht den Standards entsprachen, keine verkehrstechnische Notwendigkeit bestand oder sie heute in Tempo-30-Zonen liegen. Dort dürfen nach § 45 Abs. 1c StVO keine benutzungspflichtigen Radwege ausgewiesen sein. Leider hat sich das noch nicht bis zu allen Kraftfahrern herumgesprochen, und Radfahrer werden immer noch auf tlw. sehr unangenehme Weise „ermahnt“, sie mögen doch den Radweg benutzen. Selbst in der Goethestraße, die seit längerem eine Fahrradstraße ist, habe ich das schon erlebt. Gehwege Zum „Fußgänger auf Rädern“ werden Sie als Radfahrer nur dann, wenn Sie illegal auf dem Gehweg fahren oder einen mit Z. 239 und Zz. 1022-10 freigegebenen Gehweg benutzen. Hier gilt immer, auch wenn Sie illegal auf dem Gehweg fahren, dass Sie Schrittgeschwindigkeit fahren und gegenüber Fußgängern zurückstehen müssen. Wenn Sie sich nicht daran halten und deshalb einen Unfall verursachen, müssen Sie mit den Konsequenzen leben und für den Schaden aufkommen. Eine Benutzungspflicht für freigegebene Gehwege existiert nicht, Sie haben die Wahl zwischen Gehweg und Fahrbahn. Auf dem Gehweg sollten Sie allerdings nur fahren, wenn Sie sich sehr unsicher fühlen oder von Kindern unter 10 Jahren begleitet werden. Für alle anderen Radfahrer ist die Fahrbahn immer die bessere Wahl. Zebrastreifen Wenn Sie mit dem Fahrrad die Fahrbahn an einem Zebrastreifen fahrend überqueren, haben Sie entgegen einer gängigen – aber irrigen – Meinung keinen Vorrang vor dem Verkehr auf der Fahrbahn, denn § 26 Abs. 1 StVO sagt: „An Fußgängerüberwegen haben Fahrzeuge mit Ausnahme von Schienenfahrzeugen den Fußgängern sowie Fahrern von Krankenfahrstühlen oder Rollstühlen, welche den Überweg erkennbar benutzen wollen, das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.“ Von Radfahrer steht dort eindeutig nichts geschrieben, und ein Fahrrad lässt sich auch nicht eben mal für den Zweck zum Rolli umdefinieren. Lassen Fahrzeuge auf der Fahrbahn Sie als Radfahrer am Zebrastreifen passieren, so nehmen Sie das einfach als Höflichkeit. Einen Anspruch darauf haben Sie nicht. Verkehrsampeln an Radwegen Befindet sich ein Radweg neben einer ampelgeregelten Fußgängerfurt, so gilt nach § 37 Abs. 6 StVO die Fußgängerampel meist auch für den Radverkehr. „Radfahrer haben die Lichtzeichen für Fußgänger zu beachten, wenn eine Radwegfurt an eine Fußgängerfurt grenzt und keine gesonderten Lichtzeichen für Radfahrer vorhanden sind.“ Sie müssen sich übrigens auch dann nach vorhandenen Radfahrerampeln richten, wenn Sie einen vorhandenen Radweg nicht benutzen und auf der Fahrbahn fahren (OLG Köln, Az. Ss 753/86 und OLG Celle, Az. 2 Ss Owi 70/84). Rechtsfahrgebot Für Radfahrer gilt ebenso das Rechtsfahrgebot nach § 2 Abs. 1 und 2 StVO wie für alle anderen Fahrzeugführer auch. Das bedeutet, dass Sie als Radfahrer linke Radwege nicht benutzen dürfen. So verlockend und vermeintlich sicher es erscheint, besser den linken Radweg zu benutzen als die rechte Fahrbahn, so gefährlich ist die „Geisterradelei“ auch, besonders an Grundstücksausfahrten und Einmündungen. Nur dann, wenn der linke Radweg mit den Z. 237, 240 oder 241 gekennzeichnet ist, dürfen und müssen Sie ihn benutzen. Aber selbst die VwV-StVO sagt eindeutig, dass innerorts linke Radwege nicht bzw. nur in ganz begründeten Ausnahmefällen ausgewiesen werden dürfen. Wenn Sie als Falschfahrer in einen Unfall verwickelt werden, müssen Sie zumindest mit einer erheblichen Teilschuld rechnen und nicht selten die Kosten für den eigenen Schaden komplett tragen. Dazu gibt es eine Fülle von Urteilen, die ich hier nicht alle erwähnen kann. Das Rechtsfahrgebot heißt jedoch nicht, dass Sie im Rinnstein fahren und die Gullis testen müssen. Im Gegenteil: Fahren Sie zu weit rechts, provozieren Sie Kraftfahrer dazu, nicht ordentlich zu überholen, sondern sich ohne Sicherheitsabstand an Ihrem Fahrrad regelrecht vorbeizuquetschen. Zudem kann ein in den Gehweg ragender Fahrradlenker Fußgänger gefährden, beim Berühren des Bordsteins besteht Sturzgefahr und beim zu engen Vorbeifahren an parkenden Autos kommt die sich plötzlich öffnende Tür ins Spiel. Deshalb geht die laufende Rechtsprechung davon aus, dass Radfahrer im Normalfall einen Sicherheitsabstand von 80 bis 100 cm zum Fahrbahnrad und zu parkenden Fahrzeugen einhalten sollten (BGH, Az. VI ZR 66/56 und LG Berlin, Az. 24 O 466/95). Diesen Abstand sollten Sie sich daher im eigenen Sicherheitsinteresse auch gönnen und sich nicht an den Bordstein drücken lassen. Geschwindigkeit Bei der Regelung der Geschwindigkeit für den Radverkehr gibt sich die StVO zwiespältig. Die in § 3 Abs. 3 genannten allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten gelten ausdrücklich nur für Kraftfahrzeuge, d.h. Sie dürfen mit dem Fahrrad innerorts ungestraft schneller als 50 km/h fahren, sofern Sie das schaffen. Andererseits heißt es in § 3 Abs. 1 StVO unmissverständlich: „Der Fahrzeugführer darf nur so schnell fahren, dass er sein Fahrzeug ständig beherrscht. Er hat seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen.“ Wenn Ihnen also bei einem Unfall eine unangepaßte Geschwindigkeit nachgewiesen wird, gibt es kaum ein Entkommen aus der Haftung. Und selbstverständlich gilt in jedem Fall der Grundsatz der allgemeinen Rücksichtnahme nach § 1 StVO. Zudem gibt es Urteile, die Radfahrern vorschreiben, nur so schnell zu fahren, wie es von ihnen allgemein erwartet wird, d.h. niemand muss damit rechnen, dass Sie auf Ihrem Fahrrad mit einer Geschwindigkeit fahren, wie sie sonst nur führerscheinpflichtige Kraftfahrzeuge erreichen (BGH, AZ VI ZR 73/90 und OLG Karlsruhe, AZ VRS 78, 329). Eindeutiger äußert sich die StVO bei expliziten Geschwindigkeitsbeschränkungen per Z. 274. Sie gelten nach § 41 Abs. 2 Punkt 7 auch für Fahrräder, denn das Zeichen „verbietet, schneller als mit einer bestimmten Geschwindigkeit zu fahren. Sind durch das Zeichen innerhalb geschlossener Ortschaften bestimmte Geschwindigkeiten über 50 km/h zugelassen, so gilt das für Fahrzeuge aller Art.“ Damit ist die Regelung allgemein gültig, denn sie ist nicht auf bestimmte Fahrzeugarten beschränkt. Werden Sie als gut trainierter Alltagsradfahrer in einer Tempo-30-Zone mit 40 km/h geblitzt und sofort angehalten, müssen Sie demnach ein Verwarnungsgeld zahlen. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die StVZO für Fahrräder keine Tachos vorschreibt; es wird also von Ihnen erwartet, Ihre Geschwindigkeit ungefähr im Gefühl zu haben. Praktisch ist mir aber bisher kein Fall bekannt, in dem wirklich jemand zur Kasse gebeten wurde. Für mit Z. 325 und Z. 326-50 ausgewiesene verkehrsberuhigte Bereiche („Spielstraßen“) ist für alle Verkehrsarten Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben. Würden Sie wirklich mit fußgängerüblicher Schrittgeschwindigkeit fahren, also mit 4 - 5 km/h, fiele Ihnen die Beherrschung des Fahrzeugs wahrscheinlich enorm schwer. Hier wird üblicherweise davon ausgegangen, dass Schrittgeschwindigkeit ca. 7 bis 8 km/h bedeutet. Tempo-30-Zonen In mit Z. 274.1. und Z. 274.2 beschränkten „Zonengeschwindigkeiten“ dürfen Sie wie bei Z. 274 selbst nicht schneller fahren, als auf dem Schild angegeben. „Es ist verboten, innerhalb der Zone mit einer höheren Geschwindigkeit zu fahren als angegeben.“ Das besondere an Tempo-30-Zonen sind zwei Möglichkeiten der Verbesserung für den Radverkehr. § 45 Abs 1 c StVO bestimmt etwas verklausuliert „Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. [...] Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen.“ D.h., dass in diesen Zonen keine benutzungspflichtigen Radwege ausgewiesen werden dürfen oder umgekehrt dürfen – nach dem Wortlaut der StVO – die Zonen nur an Straßen ohne Radwegeschilder eingerichtet werden. Stehen die Radwegeschilder dennoch dort, weil man z.B. vergessen hat sie wegzunehmen, müssen Sie sich leider an die illegale Regelung halten, denn Verkehrszeichen sind verbindlich, auch wenn sie im Einzelfall rechtswidrig aufgestellt sind (OLG Karlsruhe, Az. 2 Ss 87/00). Sie sollten sich aber in solchen Fällen mit einem Brief an die zuständige StVB wenden und darum bitten, die Radwegeschilder zu entfernen oder die Tempo-30-Zone aufzuheben. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass die StVB in Tempo-30-Zonen das Radfahren gegen die Einbahnstraße freigibt. Erlaubtes Radfahren gegen die Einbahnstraße Nach einem langfristigen, erfolgreichen Feldversuch u.a. in Frankfurt besteht für die StVB seit längerem die Möglichkeit, Radfahrern in Tempo-30-Zonen das Fahren gegen die Fahrtrichtung von Einbahnstraßen zu erlauben. Die jeweiligen Einbahnstraßen müssen mit den Kombinationen aus Z. 220 und Zz. 1000-33 sowie Z. 267 und Zz. 1022-10 freigeben werden. Trotz der bisherigen positven Ergebnisse erfordert das Radfahren gegen die Einbahnrichtung von Ihnen besondere Vorsicht. Ortsfremde Kraftfahrer übersehen gelegentlich die Regelung und rechnen nicht mit Radfahrern im Gegenverkehr oder missachten die Vorfahrt eines von rechts kommenden Fahrrads. Auch Radfahrer denken manchmal nicht daran, dass sie nun auch auf andere Radfahrer aus allen möglichen Fahrtrichtungen achten müssen. Ferner heißt es für Sie, wenn Sie gegen die offizielle Fahrtrichtung fahren, ggf. an Engstellen entgegenkommende Kraftfahrzeuge durchzulassen und nicht rücksichtslos auf der eigenen freien Fahrt zu bestehen. Bisher hatte allerdings die nach und nach flächendeckende Einrichtung für den Radverkehr offener Einbahnstraßen in Frankfurt praktisch keine negative Auswirkungen auf die Unfallstatistiken - allen Unkenrufen zum Trotz. Fahrradstraßen Eine noch relativ neue Einrichtung der StVO sind Fahrradstraßen. Sie werden mit den Z. 244 und 244a angeordnet. § 41 Abs. 2 Punkt 5 StVO (Sonderwege) gibt vor, dass hier nur Fahrräder fahren dürfen, sofern Fahrradstraßen nicht durch Zusatzzeichen für andere Verkehrsarten freigegeben sind. Generell ist für alle Verkehrsarten eine mäßige Geschwindigkeit vorgeschrieben, Sie dürfen als Radfahrer dürfen ausdrücklich nebeneinander fahren. Die wenigen Fahrradstraßen, die ich in Frankfurt kenne, sind für den Kraftverkehr freigegeben, d.h. Autos sind hier sozusagen Gäste. Ich halte das für keine besonders glückliche Lösung, insbesondere nicht in der Goethestraße und der südlichen Zeilumfahrung. Den wenigsten Kraftfahrern scheint die Verkehrseinrichtung Fahrradstraße ein Begriff zu sein, und ich selbst erlebe immer wieder unschöne Situationen, wenn Kraftfahrer sich dort rabiat gegen Radfahrer durchzusetzen versuchen. . . Radfahrer absteigen Das bekannte Zz. 1012-34 mit seiner barschen Aufforderung wird gerne an Baustellen aufgestellt, vor allem in Verbindung mit Z. 240 (s.o.). Diese widersprüchliche Beschilderung soll dazu dienen, den Bauträger vor Haftungsansprüchen von Radfahrern zu schützen, hat aber rein verkehrsrechtlich keinen Bestand und ist damit unwirksam, zumal der Verstoß gegen die Anordnung auch nirgends mit einem Verwarnungsgeld belegt ist. (OLG Celle, AZ VRS 30,232). Die StVB der Stadt Frankfurt hat für ihren Bereich nach meinem Wissen die Verwendung des Schildes daher untersagt. Wo es noch stehen sollte, können Sie es getrost ignorieren. Abbiegen und Handzeichen Auch Radfahrer müssen nach § 9 Abs. 1 StVO ihr Abbiegen rechtzeitig und deutlich ankündigen. Nun darf Ihr Fahrrad aber nach § 67 StVZO („Lichttechnische Einrichtungen an Fahrrädern“) keine Fahrtrichtungsanzeiger („Blinker“) haben, also müssen Sie das auf andere Weise signalisieren. Üblich ist, dass Sie vor dem Abbiegen ein deutliches Handzeichen in die entsprechende Fahrtrichtung geben. Während des Abbiegens gehört Ihre Hand dann aber wieder an den Lenker, damit Sie Ihr Fahrzeug sicher beherrschen, d.h. Sie brauchen nicht mit ausgestrecktem Arm um die Kurve zu schlingern (OLG Hamm, Az. 27 U 2/89). Verwirrend daran ist, dass das Handzeichen als Abbiegesignal nirgends vorgeschrieben ist. Weder in der StVO ist davon die Rede noch in Gerichtsurteilen, jedenfalls habe ich dazu keinerlei Verweise gefunden. Tatsächlich kann es Situationen geben, z.B. auf unsicherem Untergrund, in der Sie besser überhaupt nicht die Hände vom Lenker nehmen. Hier müssen Sie auf andere Weise deutlich machen, dass Sie abbiegen wollen. Verbände Mehr als 15 Radfahrer dürfen nach § 27 Abs. 1 StVO einen Verband bilden, sie brauchen dann vorhandene Radwege nicht benutzen und dürfen nebeneinander fahren. Der Verband gilt als ein Verkehrsteilnehmer und darf dann auch ggf. als Gruppe eine rote Ampel überfahren, wenn die ersten Mitglieder des Verbandes bereits die Kreuzung passiert haben (LG Verden, Az. Ns Ds 2 Js 10396/88). Allerdings darf sich ein Verband nicht einfach die Vorfahrt erzwingen und die einzelnen Mitglieder des Verbandes dürfen dem führenden Fahrzeug nicht blind folgen (OLG Karlsruhe, Az. 1 U 185/90). Wenn Sie einen Verband aus Radfahrern führen, sollten Sie bedenken, dass vielen Verkehrsteilnehmern die Bestimmungen des § 27 StVO kaum bekannt sind und deshalb immer wieder mit Konfrontationen zu rechnen ist. Auch sollten Sie sich immer am schwächsten und unerfahrensten Mitfahrer orientieren und im Zweifel auf die speziellen Rechte des Verbandes verzichten. Radhelme Unabhängig von der Diskussion über Nutzen oder Unsinn von Radhelmen ist eines klar: Eine Helmpflicht für Radfahrer gibt es im deutschen Verkehrsrecht nicht und lässt sich auch nirgends daraus ableiten. Wenn Sie bei einem Unfall Kopfverletzungen erleiden, kann Ihnen die gegnerische Versicherung Leistungen nicht kürzen oder verweigern, nur weil Sie keinen Helm getragen haben (OLG Nürnberg, Az. 8 U 1893/99 und OLG Nürnberg, Az. 3 U 2574/90 und OLG Karlsruhe, Az. 1 U 94/89). Kopfhörer Dürfen Radfahrer per Kopfhörer Musik hören oder nicht? Fahrzeugführer dürfen nach § 23 Abs. 1 StVO ihre Sinne nicht beeinträchtigen, eine relativ unpräzise Formulierung. „Der Fahrzeugführer ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden.“ Das OLG Köln hat deshalb kurz und bündig – aber ebenso unpräzise – entschieden (Az. Ss 12/87 Z): „Radfahrer dürfen keinen Walkman mit Kopfhörer benutzen, falls die Lautstärke zu einer Gehörbeeinträchtigung führt“ Nach diesem Urteil dürfen Radfahrer durchaus per Kopfhörer Musik hören, aber eben nur in einer Lautstärke, die das Gehör nicht beeinträchtigt. Wo beginnt aber diese Beeinträchtigung und wer will das feststellen? Die Entscheidung liegt letztendlich bei Ihnen. Eva Kröcher Abkürzungen: StVB Straßenverkehrsbehörde StVO Straßenverkehrsordnung StVZO Straßenverkehrszulassungsordnung VwV-StVO Verwaltungsverordnung zur StVO; eine für die StVBn und Straßenbauämter verbindliche Richtlinie zur Durchführung der StVO und Ausführung von Verkehrseinrichtungen, die zwar in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist, aber einige interessante Bestimmungen für den Radverkehr enthält. Z Zeichen, gefolgt von der amtlichen Nummer des Verkehrszeichens Zz Zusatzzeichen, gefolgt von der amtlichen Nummer des Verkehrszeichens |