Gefährliche Wahl Ein verkehrswidrig auf einem Fahrradweg in der Innenstadt aufgestelltes Wahlplakat kommt die SPD teuer zu stehen. Die Bundespartei muss 10.000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz an eine Radfahrerin zahlen, die mit ihrem Fahrrad daran hängen blieb und sich schwer verletzte. Das Landgericht Frankfurt gab in einem am Donnerstag bekannt gewordenen Urteil der Klage der Frau statt. Der von der Partei im Europawahlkampf 2004 aufgestellte Plakatständer hatte rund 20 Zentimeter in den Fahrradweg hineingeragt. Die Frau musste im Gesicht operiert werden und war sechs Wochen lang krank geschrieben. Das Gericht wies ein Mitverschulden der Frau an dem Unfall, wie die SPD argumentiert hatte, zurück. (AZ 2/20 O 78/06) dpa vom 27.4.2006. Sechs Wochen nach der Kommunalwahl, da haben die Parteien anderes im Kopf als Wahlplakate – denkt man. Das oben zitierte aktuelle Urteil des Landgerichts Frankfurt ist geeignet, das zu ändern. Es könnte und sollte für gehörige Unruhe in den Parteizentralen sorgen. 10.000 Euro Schadenersatz für einen Unfall, wie er sich in jedem Wahlkampf an tausend Stellen immer wieder ereignen könnte – das ist keine Lappalie, über die man einfach zur Tagesordnung übergehen sollte. Das Problem ist bekannt, immer wieder erreichen den ADFC Klagen von genervten Radfahrern, die in Wahlzeiten ob der mit gefährlichen Hindernissen gespickten Fahrradwege um ihre Gesundheit fürchten müssen. Vor allem an Kreuzungen mit starkem Verkehr und entsprechend langen Wartezeiten ist es bei den Parteistrategen beliebt, die Plakate möglichst unübersehbar im Sichtfeld der Autofahrer zu platzieren. Pech, dass dort gerade die Radwege verlaufen, denn auch Radfahrer haben es aus nahe liegenden Gründen gerne, wenn sie von den Autofahrern gesehen werden. Die Folge: An vielen Stellen im Stadtgebiet ragen in Wahlzeiten gefährliche Hindernisse in die Radwege hinein. Beliebt sind Schilder- Ampel- oder Lichtmasten, die zwischen Radweg und Fahrbahn stehen, aber auch Verkehrsschilder, auf der Grenze zwischen Geh- und Radweg dienen immer wieder als Standort für gefährlich scharfkantige Plakatständer. Eigentlich ist solch gefährliches Tun ja verboten. Die zumeist ehrenamtlichen Helfer der Parteien sind gehalten, die Wahlwerbung so aufzustellen, dass eine Gefährdung des Verkehrs ausgeschlossen ist. Aber viele sehen das nicht so eng. Die Übeltäter kommen übrigens aus allen Parteien. Radwege müssen nach der StVO über die gesamte Breite hindernisfrei sein. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus, nicht nur in Wahlzeiten. Aber wenn zu dem üblichen Sammelsurium an Stangen, Pollern, Geländern und unzureichend abgesenkten Bordsteinkanten auch noch massenweise Plakatständer kommen, die den nicht gerade üppig bemessenen Verkehrsraum der Radler weiter einengen, dann wird häufig die Grenze zur Verkehrsgefährdung überschritten. Schön dass endlich mal ein Richter die Verantwortlichen in die Pflicht genommen und die Schuld nicht wieder bei der geschädigten Radfahrerin abgeladen hat. Die Parteizentralen sollten das Urteil zum Anlass nehmen, das Problem endlich ernst zu nehmen und sich nicht weiter hinter ihren freiwilligen Helfern verstecken. Der ADFC wird das Thema auf die Tagesordnung setzen. Wenige Wochen nach der letzten Wahl und lange vor der nächsten ist dafür doch ein guter Zeitpunkt meint Fritz Biel |