Radfahrer -nicht- absteigen
Das ganze Leben ist eine Baustelle, weiß der Volksmund zu berichten. Wer in Frankfurt mit dem Fahrrad unterwegs ist, kann das nur bestätigen. Überall stößt der Rad fahrende Mensch auf die Spuren reger Bautätigkeit und muss leidvoll feststellen, dass nicht Alle die Bedürfnisse von Radfahrern und Fußgängern so ernst nehmen, wie die Mitglieder des Verkehrsausschusses des Stadtparlaments. Mangelhaft“ (Note 4,93) lautete im letzten Sommer das eindeutige Urteil im Fahrradklimatest des ADFC über die Führung des Radverkehrs an Baustellen in Frankfurt. Nur die Überwachung von Falschparkern auf Radwegen kam noch schlechter weg (Note 4,95). Bauen ist erwünscht, das bringt Investitionen und Arbeitsplätze. Bauen ist mitten im Gedränge einer Großstadt nicht einfach. Die Interessen von Bauherren und Passanten sind nur schwer unter einen Hut zu bringen. Es muss abgewogen werden. Wer da zu wenig Gewicht auf die Waage bringt, hat das Nachsehen. Das hat lange Zeit vorrangig den Radverkehr getroffen. Der ADFC ist angetreten, das zu ändern. Große Eschenheimer Straße
Eine Schwierigkeit solcher Baustellen – nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Verwaltung – liegt in der ständigen Veränderung. Um so wichtiger sind regelmäßige Kontrollen. Zur Zeit ist die Monsterwand großenteils wieder verschwunden und durch einen gewöhnlichen Zaun ersetzt. Nur an der gefährlichsten Engstelle ist sie erhalten geblieben und sorgt dort weiter für Gefahr und schlechte Sichtverhältnisse. Wieder aufgetaucht sind mit dem Aufbau des Zauns die gefährlichen rot-weißen Blechtafeln. Wer an so einer „Sicherheitseinrichtung“ mit dem Lenker hängen bleibt, landet unweigerlich vor den Rädern der nachfolgenden Autos. Wie ärgerlich das Ganze ist, kann nur ermessen, wer weiß, dass die verbliebene Fahrbahn an der engsten Stelle nur wenige Zentimeter zu schmal ist, um wenigstens einen schmalen Radfahrstreifen, oder besser, einen ausreichend breiten Schutzstreifen zu markieren. Es gibt also gute Gründe, auch das restliche Stück der Trennwand umgehend zu beseitigen. Der bevorstehende Abschluss der Abrissarbeiten am früheren Sitz der Frankfurter Rundschau wäre ein guter Zeitpunkt, hier Nägel mit Köpfen zu machen und die gemachten Zusagen – eineinhalb Jahre nach der erwähnten Sitzung des Verkehrsausschusses – endlich umzusetzen. Neues „Zürich“-Hochhaus
Nun ist die Breite des hier aufgebauten „Fußgängertunnels“ noch relativ komfortabel. Zumindest für die – freiwillige – Benutzung im Schrittempo ist er außerhalb der Verkehrsspitzen durchaus geeignet, sofern die gefährlichen Ein- und Ausfahrten in geeigneter Weise gesichert werden. Für einen benutzungspflichtigen Radweg fehlen diesem Abschnitt allerdings alle in der StVO geforderten Mindeststandards. Das blaue Schild sollte also verschwinden, solange sich hier nichts gravierend zum Besseren hin verändert. Hausbau in der Adalbertstraße
Dass das Schild „Radfahrer absteigen“ rechtlich keinerlei Bewandtnis hat, wissen nur die Wenigsten, egal – Hauptsache es tut seine Wirkung. Da ist es auch kein Trost, wenn in der Straßenverkehrsbehörde versichert wird, man habe dies ganz sicher so nicht angeordnet und verwende das Schild schon seit Jahren nicht mehr. Das gilt auch für eine weitere Absurdität, die uns gleichwohl an den Baustellen immer wieder begegnet – so auch in der Adalbertstraße. In der Gegenrichtung ziert das Mauseloch ebenfalls eine Radwegebeschilderung (s. Foto), wenn auch eine falsche, denn aus dieser Richtung darf eigentlich kein Radfahrer kommen. Schlimmer ist da schon, dass die unsinnige Beschilderung das eigentlich wichtige Schild verdeckt, das die Fußgänger vor im Tunnel entgegenkommenden Radfahrern warnen soll. Das letzte Beispiel zeigt, dass es keineswegs nur um Großbaustellen geht. Genauso ärgerlich sind die zig Tausend kleineren Baustellen, die nicht so im Fokus der Öffentlichkeit stehen, aber in ihrer Vielzahl Fußgänger und Radfahrer nicht weniger nerven. Was muss sich ändern, damit es anders wird?
Warum aber zeigt sich trotz des bei vielen Beteiligten vorhandenen guten Willens, die Situation des Radverkehrs zu verbessern, an den Baustellen immer wieder ein so niederschmetterndes Ergebnis? Wie eine Baustelle einzurichten ist, wird von der Straßenverkehrsbehörde in einer Verfügung festgelegt, die dann von den Baufirmen in eigener Verantwortung umzusetzen ist. Nicht immer sind die Baufirmen mit der Verfügung zufrieden. Aus Sicht ihres Auftrags erscheint es ihnen oft praktischer, etwas anders zu machen als verfügt, und sei es nur, dass sie das richtige Verkehrsschild nicht zur Hand haben. Dann hängen sie eben ein „ähnliches“ auf. Oder sie breiten sich ein bisschen weiter aus, als vorgesehen. Oder sie stellen halt ihre Gerätschaften dort ab, wo Platz ist, z.B. auf dem Radweg. Es gibt viele „oder“. Um das zu unterbinden, müsste kontrolliert werden. Dafür war aber lange Zeit keinerlei Personal vorgesehen. Erst in jüngster Zeit wurden wieder zwei Mitarbeiter abgeordnet, die nun bei Bedarf die Einhaltung der Verfügungen kontrollieren sollen. Viel zuwenig natürlich für Tausende von Baustellen, aber immerhin ein Anfang. Auf meine Nachfrage, ob es nicht die Möglichkeit gäbe, Bußgelder zu verhängen, wenn gegen die verkehrsrechtlichen Anordnungen verstoßen wird, musste der zuständige Abteilungsleiter passen. Er will sich jetzt einmal kundig machen. Allzu oft ist so etwas demnach noch nicht vorgekommen. Jeder gewöhnliche Verkehrssünder wird da offenbar schärfer angegangen, als die Verantwortlichen auf den Baustellen. Das muss sich ändern, damit der Behörde wieder der Respekt entgegengebracht wird, der ihr angesichts ihrer großen Verantwortung gebührt. Das ist die Meinung von Fritz Biel Wer sich nicht wehrt ... Die für die Baustellen zuständigen Mitarbeiter brauchen die Unterstützung der Betroffenen, um gezielte Kontrollen veranlassen zu können. Wer eine Anregung oder Beschwerde zu einer Baustelle loswerden möchte, dem bietet die Straßenverkehrsbehörde zwei Möglichkeiten an: Telefonisch unter der Nummer 069-212-42636 (Geschäftsstelle der Straßenverkehrsbehörde). Von dort wird die Angelegenheit umgehend weitergeleitet an die zuständigen Mitarbeiter. Das gilt auch für die Mailad-resse. Einfach die Anregung oder Beschwerde an info.strassenverkehrsbehoerde@stadt-frankfurt. de schicken, am besten mit Digitalfoto, Kopie an verkehr@ADFC-Frankfurt.de. Und schon kann man hoffen, dass sich was tut. Auch wenn die Antwort manchmal etwas länger dauert, heißt das ja nicht, dass nix passiert.(fb) alle Fotos: Fritz Biel
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