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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Radfahrer -nicht- absteigen

Dauerthema Baustellen – Frankfurt „stickt“ voller Merkwürdigkeiten

Das ganze Leben ist eine Baustelle, weiß der Volksmund zu berichten. Wer in Frankfurt mit dem Fahrrad unterwegs ist, kann das nur bestätigen. Überall stößt der Rad fahrende Mensch auf die Spuren reger Bautätigkeit und muss leidvoll feststellen, dass nicht Alle die Bedürfnisse von Radfahrern und Fußgängern so ernst nehmen, wie die Mitglieder des Verkehrsausschusses des Stadtparlaments.

Mangelhaft“ (Note 4,93) lautete im letzten Sommer das eindeutige Urteil im Fahrradklimatest des ADFC über die Führung des Radverkehrs an Baustellen in Frankfurt. Nur die Überwachung von Falschparkern auf Radwegen kam noch schlechter weg (Note 4,95).

Bauen ist erwünscht, das bringt Investitionen und Arbeitsplätze. Bauen ist mitten im Gedränge einer Großstadt nicht einfach. Die Interessen von Bauherren und Passanten sind nur schwer unter einen Hut zu bringen. Es muss abgewogen werden. Wer da zu wenig Gewicht auf die Waage bringt, hat das Nachsehen. Das hat lange Zeit vorrangig den Radverkehr getroffen. Der ADFC ist angetreten, das zu ändern.

Große Eschenheimer Straße

Ein aktuelles Paradebeispiel der schlechten Art ist die Großbaustelle der MAB in der Großen Eschenheimer Straße, wo gegenwärtig 900 Millionen Euro verbaut werden. Dem ADFC war im Vorfeld zugesichert worden, dass der Radfahrstreifen zwischen Kaufhof und Eschenheimer Tor als wichtige innerstädtische Verbindung während der Bauzeit erhalten bleibe. Kurz darauf war er großenteils verschwunden. Im September 2004 stellten die Vertreter des Investors im Verkehrsausschuss ihre Pläne für die Abwicklung der Großbaustelle vor. Auf die Nachfrage des ADFC, wann denn nun der verschwundene Radstreifen wiederhergestellt würde, hieß es dort, bis Ende 2004 könne der Radstreifen wieder markiert werden. Stattdessen wurde kurz darauf eine riesige Lärmschutzwand mit meterdickem Fundament mitten auf die Straße gesetzt. Die verbliebene Fahrbahn verjüngte sich zum Ende hin trichterförmig, was Radfahrer und Autofahrer seitdem unfreiwillig in engen Kontakt bringt. Damit auch niemand das Monstrum übersähe, wurden alle paar Meter scharfkantige rot-weiße Blechschilder aufgestellt, die den Raum zusätzlich einengten. Zumindest diese Gefahrenquelle wurde nach kurzer Zeit wieder beseitigt und durch gelbe Blinklichter auf der Mauerkante ersetzt. Dazu wurden ein paar Meter gelber Strich auf die Straße gebracht, der kurz vor der engsten Stelle im Nichts endete. Ein zusätzlich aufgestelltes Verkehrsschild „Achtung Radfahrer“ sollte die Autofahrer aufmerksam machen. Pech nur, dass es bis zur Intervention des ADFC mitten auf dem provisorisch markierten Radstreifenfragment postiert wurde, was die Radfahrer zum Ausweichen in den Autostrom zwang und damit genau die Gefahr erst erzeugte, vor der gewarnt werden sollte.

Eine Schwierigkeit solcher Baustellen – nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Verwaltung – liegt in der ständigen Veränderung. Um so wichtiger sind regelmäßige Kontrollen. Zur Zeit ist die Monsterwand großenteils wieder verschwunden und durch einen gewöhnlichen Zaun ersetzt. Nur an der gefährlichsten Engstelle ist sie erhalten geblieben und sorgt dort weiter für Gefahr und schlechte Sichtverhältnisse. Wieder aufgetaucht sind mit dem Aufbau des Zauns die gefährlichen rot-weißen Blechtafeln. Wer an so einer „Sicherheitseinrichtung“ mit dem Lenker hängen bleibt, landet unweigerlich vor den Rädern der nachfolgenden Autos.

Wie ärgerlich das Ganze ist, kann nur ermessen, wer weiß, dass die verbliebene Fahrbahn an der engsten Stelle nur wenige Zentimeter zu schmal ist, um wenigstens einen schmalen Radfahrstreifen, oder besser, einen ausreichend breiten Schutzstreifen zu markieren. Es gibt also gute Gründe, auch das restliche Stück der Trennwand umgehend zu beseitigen.

Der bevorstehende Abschluss der Abrissarbeiten am früheren Sitz der Frankfurter Rundschau wäre ein guter Zeitpunkt, hier Nägel mit Köpfen zu machen und die gemachten Zusagen – eineinhalb Jahre nach der erwähnten Sitzung des Verkehrsausschusses – endlich umzusetzen.

Neues „Zürich“-Hochhaus

Ein weiteres Beispiel der ärgerlichen Art ist die Baustelle am Opernplatz, wo gegenwärtig gleich mehrere Objekte im Bau sind. Es ist gerade mal fünf Jahre her, dass mit der Umgestaltung der Mainzer Landstraße hier endlich durchgehende Radverkehrsanlagen geschaffen wurden. Alles schon wieder Vergangenheit. Kurz hinter der Staufenstraße, wo sich bislang die Wege der Fußgänger und Radfahrer trennten, verkündet ein Verkehrsschild „Radweg Ende“. Der Radweg wird zum Gehweg und wer hier weiterfahren will, darf bis zum Ende des Rothschildparks nur noch Schrittempo fahren. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn man so rechtzeitig vor der Staufenstraße auf das Ende des Radwegs hingewiesen würde, dass man die Möglichkeit hätte, auf der Fahrbahn weiterzufahren. Besser wäre natürlich die Ausweisung eines Gemeinsamen Geh- und Radwegs, aber der bisherige Radweg ist so schmal, dass er nicht einmal die Minimalanforderungen der StVO (1,60 Meter) an einen solchen „Gemeinsamen Geh- und Radweg“ erfüllt.

Hat man diese Hürde genommen, öffnet sich am Ende des Rothschildparkes wieder eine der in diesem Metier gar nicht so seltenen Szenerien nach Art des absurden Theaters (s.Foto). Jenseits einer breiten  Baustellenzufahrt, in der nichts die ein- und ausfahrenden Lastwagen darauf hinweist, dass sie hier mit bevorrechtigtem Fuß- und Radverkehr zu rechnen haben, beginnt ein sogenannter „Fußgängertunnel“, an dessen Eingang ein blaues Verkehrsschild keck bestimmt, dass ab hier wieder ein – benutzungspflichtiger –getrennter Geh- und Radweg beginnt. Wer also bis hierher auf Grund der Sperrung des Radwegs auf der Fahrbahn weitergefahren ist, soll gezwungen werden, sich gemeinsam mit den Fußgängern in die schmale Fußwegüberbauung einzufädeln. Auf der Suche nach einem Radweg, den es nicht mehr gibt, wird er im weiteren Verlauf durch alle möglichen Gefahrenquellen einer Großbaustelle gescheucht, anstatt relativ unangefochten seinen Weg auf der Fahrbahn fortzusetzen – ein Stück aus dem Tollhaus.

Nun ist die Breite des hier aufgebauten „Fußgängertunnels“ noch relativ komfortabel. Zumindest für die – freiwillige – Benutzung im Schrittempo ist er außerhalb der Verkehrsspitzen durchaus geeignet, sofern die gefährlichen Ein- und Ausfahrten in geeigneter Weise gesichert werden. Für einen benutzungspflichtigen Radweg fehlen diesem Abschnitt allerdings alle in der StVO geforderten Mindeststandards. Das blaue Schild sollte also verschwinden, solange sich hier nichts gravierend zum Besseren hin verändert.

Hausbau in der Adalbertstraße

Dass alles noch schlimmer geht, zeigt auf unzweideutige Weise unser Titelbild. In der Adalbertstraße wird nun seit vielen Monaten ein neues Haus gebaut. Über dem Fußweg wurde wieder eine der schon erwähnten Schutzüberbauungen erstellt, Radweg und ein Teil der Fahrbahn dienen als Baustofflager und Parkplatz. Alles wäre so weit ok, gäbe es da nicht diese merkwürdige Beschilderung am Eingang zu dem „Mauseloch“. Der – benutzungspflichtige – getrennte Geh- und Radweg wird dahinter zu einem „Gemeinsamen“ und zugleich wird der Radfahrer barsch aufgefordert, abzusteigen. Auch hier das gleiche Muster. Anstatt die Benutzer rechtzeitig vor der Baustelle darauf aufmerksam zu machen, dass der Radweg nicht weitergeht und ihnen an einer geeigneten Stelle den Wechsel auf die hier problemlos nutzbare Fahrbahn zu ermöglichen, landen sie in einer Sackgasse.

Dass das Schild „Radfahrer absteigen“ rechtlich keinerlei Bewandtnis hat, wissen nur die Wenigsten, egal – Hauptsache es tut seine Wirkung. Da ist es auch kein Trost, wenn in der Straßenverkehrsbehörde versichert wird, man habe dies ganz sicher so nicht angeordnet und verwende das Schild schon seit Jahren nicht mehr.

Das gilt auch für eine weitere Absurdität, die uns gleichwohl an den Baustellen immer wieder begegnet – so auch in der Adalbertstraße. In der Gegenrichtung ziert das Mauseloch ebenfalls eine Radwegebeschilderung (s. Foto), wenn auch  eine falsche, denn aus dieser Richtung darf eigentlich kein Radfahrer kommen. Schlimmer ist da schon, dass die unsinnige Beschilderung das eigentlich wichtige Schild verdeckt, das die Fußgänger vor im Tunnel entgegenkommenden Radfahrern warnen soll.

Das letzte Beispiel zeigt, dass es keineswegs nur um Großbaustellen geht. Genauso ärgerlich sind die zig Tausend kleineren Baustellen, die nicht so im Fokus der Öffentlichkeit stehen, aber in ihrer Vielzahl Fußgänger und Radfahrer nicht weniger nerven.

Was muss sich ändern, damit es anders wird?

Dass es sich durchaus lohnt, aktiv zu werden, zeigt die Situation an der Baustelle Eschersheimer Landstraße / Holzhausenstraße, wo die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) einen Behindertenaufzug einbaut. Auf die unakzeptable Situation angesprochen, hat der ADFC bei den zuständigen Stellen interveniert. Auf einem kurzfristig angesetzten Ortstermin wurde mit dem zuständigen Bauleiter besprochen, was geändert werden soll und innerhalb weniger Tage waren die Kritikpunkte abgearbeitet.

Warum aber zeigt sich trotz des bei vielen Beteiligten vorhandenen guten Willens, die Situation des Radverkehrs zu verbessern, an den Baustellen immer wieder ein so niederschmetterndes Ergebnis?

Wie eine Baustelle einzurichten ist, wird von der Straßenverkehrsbehörde in einer Verfügung festgelegt, die dann von den Baufirmen in eigener Verantwortung umzusetzen ist. Nicht immer sind die Baufirmen mit der Verfügung zufrieden. Aus Sicht ihres Auftrags erscheint es ihnen oft praktischer, etwas anders zu machen als verfügt, und sei es nur, dass sie das richtige Verkehrsschild nicht zur Hand haben. Dann hängen sie eben ein „ähnliches“ auf. Oder sie breiten sich ein bisschen weiter aus, als vorgesehen. Oder sie stellen halt ihre Gerätschaften dort ab, wo Platz ist, z.B. auf dem Radweg. Es gibt viele „oder“.

Um das zu unterbinden, müsste kontrolliert werden. Dafür war aber lange Zeit keinerlei Personal vorgesehen. Erst in jüngster Zeit wurden wieder zwei Mitarbeiter abgeordnet, die nun bei Bedarf die Einhaltung der Verfügungen kontrollieren sollen. Viel zuwenig natürlich für Tausende von Baustellen, aber immerhin ein Anfang.

Auf meine Nachfrage, ob es nicht die Möglichkeit gäbe, Bußgelder zu verhängen, wenn gegen die verkehrsrechtlichen Anordnungen verstoßen wird, musste der zuständige Abteilungsleiter passen. Er will sich jetzt einmal kundig machen. Allzu oft ist so etwas demnach noch nicht vorgekommen. Jeder gewöhnliche Verkehrssünder wird da offenbar schärfer angegangen, als die Verantwortlichen auf den Baustellen. Das muss sich ändern, damit der Behörde wieder der Respekt entgegengebracht wird, der ihr angesichts ihrer großen Verantwortung gebührt.

Das ist die Meinung von

Fritz Biel

Wer sich nicht wehrt ...

Die für die Baustellen zuständigen Mitarbeiter brauchen die Unterstützung der Betroffenen, um gezielte Kontrollen veranlassen zu können. Wer eine Anregung oder Beschwerde zu einer Baustelle loswerden möchte, dem bietet die Straßenverkehrsbehörde zwei Möglichkeiten an:

Telefonisch unter der Nummer 069-212-42636 (Geschäftsstelle der Straßenverkehrsbehörde). Von dort wird die Angelegenheit umgehend weitergeleitet an die zuständigen Mitarbeiter.

Das gilt auch für die Mailad-resse. Einfach die Anregung oder Beschwerde an info.strassenverkehrsbehoerde@stadt-frankfurt. de schicken, am besten mit Digitalfoto, Kopie an verkehr@ADFC-Frankfurt.de. Und schon kann man hoffen, dass sich was tut. Auch wenn die Antwort manchmal etwas länger dauert, heißt das ja nicht, dass nix passiert.(fb)

alle Fotos: Fritz Biel

31.03.2006 I ADFC Frankfurt am Main e. V. |