Der lange Marsch
Die Liste der Versuche der Stadtverordneten, die Verwaltung zu einer schnelleren Gangart bei der Förderung des Radverkehrs zu bewegen, ist lang. War es in den 90er-Jahren vorwiegend das Straßenbauamt, das sich beklagte, über keine umsetzungsfähigen Vorplanungen zu verfügen, hat sich die Situation inzwischen gewandelt. Im Stadtplanungsamt wird eine Vielzahl von Planungen für den Radverkehr bearbeitet. Regelmäßig gehen dem Stadtparlament Beschlussvorlagen mit Vorplanungen für Fahrradrouten und andere radverkehrsrelevante Projekte zu, die immer häufiger bereits im Vorfeld mit dem ADFC besprochen wurden und deshalb dort im allgemeinen zügig beschlossen werden. Im Straßenbauamt aber herrscht dann der große Stau. Es dauert einfach viel zu lange, bis aus den beschlossenen Vorplanungen die Baureifplanungen oder Bau- und Finanzierungsvorlagen entstehen und auch dann ist es oft noch ein weiter Weg bis zu deren Umsetzung. Seit einiger Zeit versucht sich nun der Architekt Franz Zimmermann (FDP), der im Gefolge der letzten Kommunalwahl den Stuhl des Baudezernenten erklomm, an Beschleunigungsmaßnahmen. Jüngster Coup: Aus dem Erlös für den Verkauf der Frankfurter Sparkasse zweigte er im Rahmen des Nachtragshaushaltes für 2005/2006 2,3 Mio zusätzliche Euro für den Radverkehr ab, um mit diesen Mitteln eine Reihe von Planungen flott zu bekommen, deren mögliche Umsetzung den Emissären der Grünen im Vorfeld der Haushaltsberatungen zwar in Gesprächen mit dem Straßenbauamt signalisiert worden war, die aber plötzlich doch wieder auf die lange Bank zu geraten drohten. Ergebnis der Vorgespräche im Straßenbauamt war im letzten Herbst – initiiert von den Grünen –der nachstehende gemeinsame Haushaltsantrag des Viererbündnisses (E 191 vom 24.11.2004): Aus dem Programm Radwegebau 2003-2008 im Produktbereich 16, Produktgruppe 16.3 werden in 2005 und 2006 gebaut:
Diese Maßnahmen werden auch dann realisiert, wenn dafür keine Drittmittel bewilligt werden sollten. Dieser Antrag wurde vom Stadtparlament am 16.12.2004 zusammen mit dem Haushalt für 2005/2006 (§ 8341) beschlossen. Um so erstaunter waren die Parlamentarier, als der Magistrat im Frühjahr 2005 mit dem Magistratsbericht B 306 die gemachten Zusagen für die Umsetzung der genannten Maßnahmen in den Jahren 2005-2006 wieder stark relativierte. Auszug B 306: „Der Magistrat ist grundsätzlich bemüht, die Maßnahmen so zügig wie möglich zu bauen. ... Grundsätzlich sind für die Maßnahmen nicht Mittel in der Höhe in den Haushalt eingestellt, dass auf Fördermittel verzichtet werden kann. Der Magistrat wird bei jeder Maßnahme einzeln überprüfen, ob die Mittel komplett aus der Stellplatzablöse finanziert werden können.“ Nun muss man wissen, dass es seit mittlerweile fast zehn Jahren einen Beschluss der Stadtverordneten gibt, der dem Magistrat aufgibt, fünf Prozent der jährlichen Einnahmen aus der Stellplatzablöse in den Radverkehr zu investieren (E 1201 vom 6.11.1996). Zuletzt war dem Magistrat vom Stadtparlament durch den Haushaltsantrag E 189 Nachhilfeunterricht in Prozentrechnung erteilt worden, weil er im Haushaltsentwurf 2005/2006 erneut nur Bruchteile der geforderten Summen aus der Stellplatzablöse eingestellt hatte. Der Ärger über dieses Vorgehen mündete nur deshalb nicht in einer Zurückweisung des Berichts B 306, weil Baudezernent Franz Zimmermann (FDP) im Verkehrsausschuss signalisierte, dass er einen nachgebesserten Bericht vorlegen werde. Als Tischvorlage bereits in der Novembersitzung des Verkehrsausschusses präsentiert, wurde die nachgebesserte Antwort als Magistratsbericht B 826 am 16.12.2005 veröffentlicht. Einen Überblick über den neuen Stand gibt die nachstehende Liste.
Dazu sagt der B 826: Vorplanungsbeschluss liegt vor / GVFG-Antrag ist gestellt, der Bewilligungsbescheid ist für Ende 2005 zugesagt Bau- und Finanzierungsvorlage (M 187) ist beschlossen, § 10307 vom 17.11.2005 Finanzierung aus GVFG- und Stellplatzablösemitteln / Realisierungszeitraum 2006
B 826: Vorplanungsbeschluss liegt vor GVFG-Antrag und Bau- und Finanzierungsvorlage werden erstellt / Finanzierung aus GVFG- und Stellplatzablösemitteln Realisierungszeitraum 2006/2007 (nach Abschluss Grunderwerb)
B 826: Vorplanungsbeschluss liegt vor / Die Kosten für die weiteren Planungsarbeiten werden aus den durch den FRASPA-Verkauf zusätzlich bereit gestellten Mitteln finanziert (Kosten: 110 T€) / Die für die Realisierung erforderlichen Mittel werden für den Haushalt 2007 angemeldet. GVFG-Antrag und Bau- und Finanzierungsvorlage werden erstellt / Finanzierung aus GVFG- und Stellplatzablösemitteln Realisierungszeitraum 2007/2008
B 826: Vorplanungsbeschluss liegt vor Bau- und Finanzierungsvorlage wird erstellt Finanzierung aus den durch den FRASPA-Verkauf zusätzlich bereit gestellten Mitteln (Kosten: 1,0 Mio €) Baubeginn in 2006 wird angestrebt (nach Planfeststellungsbeschluss und Grunderwerb)
B 826: Vorplanungsbeschluss liegt vor Bau- und Finanzierungsvorlage wird erstellt Finanzierung aus den durch den FRASPA-Verkauf zusätzlich bereit gestellten Mitteln (Kosten: 1,2 Mio €) Baubeginn 2006 wird angestrebt Weitere Projekte Über die fünf im Haushaltsantrag genannten Planungen hinaus listet der Magistratsbericht für die Jahre 2005-2007 einige Maßnahmen auf, die derzeit in Arbeit sind oder bereits umgesetzt wurden. Da ist zunächst der kritische Lückenschluss der Fahrradroute Nordweststadt-Innenstadt an der Ecke Hansa- / Miquelallee. Dort war es seit Jahren nicht gelungen, einen schmalen Streifen des ehemals von den Amerikanern besetzten IG-Farben-Geländes seiner seit mehr als zehn Jahren (M 67 vom 28.4.1995) vorgesehenen Bestimmung zuzuführen, um die nur wenige Meter lange Radwegelücke stadteinwärts zu schließen. Schon 1996 hatte der damalige Planungsdezernent Martin Wentz (SPD) vorgeschlagen, zur Realisierung der Maßnahme beim Bund eine vorläufige Besitzeinweisung zu beantragen, aber es tat sich nichts. Im letzten Jahr nun ist es Franz Zimmermann endlich gelungen, den gordischen Knoten zu durchschlagen, die Lücke wurde geschlossen. Als im Bau befindliches Projekt benennt der Bericht den Weg östlich der Autobahn A 661, der zwischen Niddabrücke und Ausfahrt Heddernheim den westlich der Autobahn verlaufenden Weg ersetzen soll, der durch den Bau der Ausfahrt und der Lärmschutzwälle unterbrochen wurde. Das dritte Projekt, dessen Umsetzung für das Frühjahr 2006 avisiert wird, ist der Radfahrstreifen im Verlauf der Taubenstraße - Börsenstraße bis zur Goethestraße (M 257 vom 17.12.2004). Er bildet die Fortsetzung des ebenfalls in 2005 fertiggestellten Radfahrstreifens in der Eschenheimer Landstraße und schafft die Verknüpfung mit der Fahrradroute durch die Goethestraße. Im weiteren Verlauf wird eine Verbindung geschaffen zum Radweg in der Kaiserstraße. Die Ausführung der Markierungsarbeiten soll im Frühjahr 2006 erfolgen. Ebenfalls zur Realisierung im Jahr 2006 vorgesehen ist der lange Jahre heftig umstrittene Radweg westlich der Homburger Landstraße zwischen Bonames und Nieder-Eschbach. Hier ist es das (Landes)Amt für Straßen- und Verkehrswesen, das für die Ausführung verantwortlich zeichnet. Weniger konkret im Bezug auf den Zeitpunkt der Realisierung sind die Aussagen zu den beiden letzten Maßnahmen. Die Verlängerung der Fahrradroute Seckbach – Innenstadt bis zum Lohrberg (M 33 vom 18.2.2005) wurde im Juni 2005 beschlossen mit der Maßgabe, dass der an der Kreuzung Heinz-Herbert-Karry-Straße / Wilhelmshöher Straße / Atzelbergstraße vorgesehene Kreisverkehr entfällt (§9431 vom 26.6.2005). Letzte der aufgelisteten Maßnahmen ist die schon erwähnte Radroutenverbindung über das Friedberger Tor. Auch hier gibt es keine Aussage zur Umsetzung. Unerwähnt bleibt das wichtigste Projekt, das gegenwärtig im Bau ist. Im Rahmen der Grundsanierung des Schaumainkais (M 51 vom 1.3.2004) entsteht gerade der erste Teilabschnitt einer durchgehend in beiden Richtungen befahrbaren Verbindung auf dem Hochkai des südlichen Mainufers, eine Maßnahme, die von großer Bedeutung für die attraktive Verknüpfung einer ganzen Reihe von Wegebeziehungen des innerstädtischen Radverkehrs ist. Ebenfalls unerwähnt bleibt ein weiteres Projekt, das – lange Zeit heiß umstritten – inzwischen auf einem guten Weg ist. Ich spreche von den Rampen zur Unterquerung der Bahngleise am Rödelheimer Bahnhof, deren Erhalt nun auch für die Zeit nach dem viergleisigen Ausbau der S-Bahn zwischen Bad Vilbel und Frankfurt gesichert ist. Sie sind Teil einer wichtigen Fahrradroute, die aber bislang noch nicht planerisch bearbeitet wird. Unter Punkt 12 listet der Bericht eine Reihe von Maßnahmen auf, die noch im Stadium der Vorplanung sind, allerdings ist ein Teil der dort gemachten Aussagen mit Erscheinen des Berichts bereits überholt. So wurde die Vorplanung der Verlängerung der Fahrradroute Nordweststadt – Innenstadt bis nach Weißkirchen (M 44 vom 11.3.2005) bereits im Oktober vom Stadtparlament beschlossen (§ 10107 vom 13.10.2005), wenn auch mit der Maßgabe einer Überarbeitung im Bereich der Ernst-Kahn-Straße. In der gleichen Sitzung beschlossen wurde die Vorplanung für die Radfahrstreifen in der Gießener Straße (M 76 vom 25.4.2005, § 10108 vom 13.10.2005). Mit diesen Plänen zusammen hängt ein weiteres Projekt, das im Rahmen der Beschlüsse zum Gesamtverkehrsplan (M 32 vom 18.2.2005) in der Dezembersitzung des Parlaments auf den Weg gebracht wurde, die Verlängerung der Stadtbahnlinie U5 bis zum Bahnhof Frankfurter Berg (M 34 vom 18.2.2005). In diesen Plänen sind in Fortsetzung der Planung für die Gießener Straße Radfahrstreifen auch in der Homburger Landstraße bis zum Frankfurter Berg vorgesehen. Damit entsteht eine durchgehende Radverbindung von der Friedberger Landstraße bis nach Bonames. Ebenfalls bereits im Oktober beschlossen wurde die Vorplanung für die fahrradfreundliche Umgestaltung der Kreuzung Kennedyallee / Stresemannallee (M 146 vom 18.7.2005, § 10111 vom 13.10.2005). Definitiv noch im Stadium der Vorplanung sind die ebenfalls unter Punkt 12 des Berichts aufgelisteten Projekte
Die Pläne für die Wilhelm-Epstein-Straße sollen im Januar dem Verkehrsausschusss vorgestellt werden und auch die übrigen Vorplanungen dürften nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Auch diese Liste ist unvollständig. Es fehlt die mittlerweile weit fortgeschrittene Vorplanung für die fahrradfreundliche Umgestaltung des Erich-Ollenhauer-Rings, die dem Magistrat im Rahmen der Erweiterungsplanung für das Nordwestzentrum aufgegeben wurde (NR 1023 vom 28.5.2003). Dasselbe gilt für die Straßburger Straße in Niederrad, die im Zuge der Planungen für einen neuen Autobahnanschluss neue Radverkehrsanlagen erhalten soll (B 705 vom 30.9.2005). Ebenfalls unerwähnt bleibt eine Planung, die in den letzten Monaten mehrfach den Verkehrsausschuss beschäftigte und auch in den Medien für einigen Wirbel sorgte, die Anbindung der Commerzbank-Arena (vormals Waldstadion). Die Pläne für die Fahrradroute im Verlauf der Mörfelder Landstraße hingen in der Dezembersitzung des Verkehrsausschusses an der Wand und sollen nach heftiger Kritik der Parlamentarier nun doch noch vor der Fußballweltmeisterschaft im nächsten Juni in die Tat umgesetzt werden. Auch hier ist es Baudezernent Franz Zimmermann, der mächtig Druck macht und der sogar die freie Vergabe des Auftrags ermöglichen will, um kurzfristig mit den Bauarbeiten beginnen zu können. Wohlgemerkt, bis jetzt gibt es noch nicht einmal einen Beschluss über die Vorplanung. Es ist schon erstaunlich, was alles geht, wenn der nötige Druck hinter eine Sache gesetzt wird und alle an einem Strang ziehen. Nach all dem Lob für den Baudezernenten drängt es mich nun doch, auch einmal ein Lob loszuwerden für den Planungsdezernenten. In dem Dezernat, für das Edwin Schwarz (CDU) die Verantwortung trägt, hat der Radverkehr inzwischen einen großen Stellenwert erreicht, die Planungen bewegen sich auf hohem Niveau und längst nicht mehr so schleppend, wie noch vor einigen Jahren. Chapeau! Eigentlich sollte dies ja nur eine kompakte Zusammenstellung der aktuellen Radverkehrsprojekte werden, damit noch Platz bleibt für den Rückblick auf all die anderen wichtigen Themen, die uns im letzten Jahr beschäftigt haben. Aber wie man sieht, tut sich so viel, dass es doch etwas länger geworden ist. So müssen die anderen Themen warten bis zum nächsten Heft. Aktuell sind sie dann noch allemal. Schließlich ist im März Kommunalwahl! Einen guten Start ins neue Jahr wünscht Fritz Biel, Fotos: Fritz Biel |