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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Klimawandel
Frankfurt wird fahrradfreundlicher

Frankfurt steigt auf, so kann man, ja so muss man das Ergebnis des jüngsten Fahrradklimatests zusammenfassen, den der ADFC im Frühsommer in Zusammenarbeit mit dem BUND und gefördert vom Umweltbundesamt im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans durchgeführt hat. Die neuesten Zahlen wurden kürzlich auf der IFMA in Köln präsentiert.

Vorab

Man darf den Klimatest zweifellos nicht überfordern. Er ist eine Zusammenschau subjektiver Beurteilungen und die Maßstäbe sind von Stadt zu Stadt, je nach Erfahrungshintergrund, sehr unterschiedlich. Im Vergleich der Ergebnisse aus den drei bisher durchgeführten Befragungen lassen sich aber Entwicklungen erkennen – und das ganz ohne in Kaffeesatzleserei abzugleiten.

Die Noten der Großstädte über 200.000 Einwohner sind insgesamt schlechter als die der kleineren Städte. Das liegt wohl nicht zuletzt am größeren Problemdruck. Nur das weiterhin einsam an der Spitze stehende Münster erreicht eine gute Note (2,05). Mit Kiel, Oberhausen und Hannover auf den Plätzen zwei bis vier erreichen gerade mal drei der 28 Städte eine Note von 3 oder besser. Bremen erhält zwar die gleiche Benotung wie 2003 (3,09) rutscht damit aber vom zweiten Rang ab auf Platz 5. Interessant auch der weitere Aufstieg der ostdeutschen Städte. Mit Leipzig (von 10 auf 6) und Magdeburg (von 16 auf 8) haben sich bereits zwei unter den ersten Zehn etabliert. Im hinteren Drittel herrscht heftiges Gedrängel der ganz Großen. Dabei fällt auf, dass die Kölner die Bemühungen ihrer Stadtoberen um den Radverkehr offensichtlich weniger positiv beurteilen als diese selbst. Köln blieb auf dem 24. Platz hängen, den es schon 2003 eingenommen hatte, während vergleichbare nordrhein-westfälische Großstädte wie Dortmund, Duisburg oder Essen seit 2003 deutlich Boden gutmachen konnten.

Die Frankfurter Zahlen:

  • Frankfurt klettert von Platz 23 im Jahr 2003 (34 Städte) auf Platz 14 im Ranking der 28 Großstädte über 200.000 EW, die 2005 in die Wertung kamen (mindestens 100 eingesandte Fragebögen).
  • Die Gesamtnote auf der Notenskala von 1-6 verbessert sich auf 3,87 (Vergleichswert 2003: 4,26, 1991: 4,75). Das liegt nur knapp unter dem Durchschnittswert aller Großstädte mit mehr als 200.000 EW (3,72). Dabei ist das Mittelfeld dicht gedrängt. Nur sechs Hundertstel Punkte trennen Frankfurt von München, das Platz 11 belegt.
  • Die Zahl der aus Frankfurt eingesandten Fragebögen stieg von 109 auf 377. Zur Verdeutlichung: Die Mindestanzahl von 100, die erforderlich war, um in die Bewertung zu kommen, wurde von Fahrradhochburgen wie Bremen mit 134 Einsendungen mal gerade so geschafft. Dass die bloße Anzahl der Teilnehmer nicht unbedingt für ein gutes Ergebnis steht, zeigt Hamburg. Mit der höchsten Beteiligung bundesweit (950 Teilnehmer) landete die Hansestadt auf dem letzten Platz.

Die Auswertung der Frankfurter Fragebögen belegt ein weiteres Mal eine Entwicklung, die schon im Frühjahr diesen Jahres auffälligstes Ergebnis der jüngsten Frankfurter Haushaltsbefragung zur Entwicklung der Mobilität war: Die Frankfurter steigen auf's Rad! Warum das so ist, dafür gibt der Fahrradklimatest wichtige Hinweise. Er zeigt aber auch, wo es noch Schwachstellen gibt, die es gezielt anzugehen gilt.

Einzelergebnisse

Wo sehen die Teilnehmer die größten Fortschritte? Wo hat Frankfurt das Terrain gewonnen für den beachtlichen Aufstieg von Platz 23 auf Platz 14 innerhalb von zwei Jahren? Wo liegen die Schwächen?

Am auffälligsten sind natürlich die großen Sprünge, aber zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass Frankfurt sich bis auf einen Ausreißer bei allen Fragen verbessert hat. Das ist die breite Grundlage der positiven Entwicklung. Die Fortschritte beim Ausbau der Infrastruktur für den Radverkehr wurden in den letzten Jahren immer deutlicher im Straßenraum sichtbar und dringen zunehmend auch ins Bewusstsein der Bevölkerung vor.

Es ist sicher kein Zufall, dass die größten Bewertungssprünge beim Thema Einbahnstraßen zu finden sind. 1991 gab es hier noch mit 5,77 die schlechteste Note überhaupt, 2005 fast drei Noten besser, das ist schon spektakulär. Aber auch gegenüber 2003 zeigt sich hier die größte Veränderung. Mehr als eine ganze Note besser innerhalb von zwei Jahren, das kann sich sehen lassen. Der aktuelle Wert ist mit 2,85 die zweitbeste Einzelnote für Frankfurt und so oder besser allenfalls im Oberhaus der Fahrradstädte zu finden. Diese Bewertung wird sich im Laufe der nächsten Jahre weiter verbessern, wenn - wie beschlossen und bereits in Angriff genommen – die flächendeckende Öffnung auf die zentrumsferneren Stadtteile ausgedehnt wird.

Der erfreuliche Aufwärtstrend zeigt sich unübersehbar auch bei der Beantwortung der (gar nicht so) einfachen Frage, ob das Radfahren in Frankfurt eher Spaß macht oder vorwiegend Stress bedeutet. Fast zwei Noten besser als 1991, eine ganze Note besser seit 2003, das ist der zweithöchste Sprung in den Einzelergebnissen. Die „Spaßnote“ ist mit 2,92 aber auch eine der besten Einzelnoten. Die Bedeutung dieses Werts für den Fortgang des Projekts „fahrradfreundliches Frankfurt“ kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Das gilt umso mehr, als die Einzelergebnisse in dieser Frage durch die Ergebnisse zu anderen Fragen bestätigt werden. So hat sich die Beurteilung der Konflikte mit Autofahrern seit 2003 um eine ganze Note verbessert. Das ist sicher ein wichtiger Beitrag zum gestiegenen Spaßfaktor, auch wenn diese Note mit einem Wert von 4,38 noch immer eher zu den schlechteren gehört. Das gilt nicht für die Konflikte mit Fußgängern. Von 3,9 auf 3,35, das ist ein Wert, der weit über der Durchschnittsnote von 3,87 liegt und damit deutlich zur positiven Entwicklung beiträgt.

Die beste Note überhaupt erntet die Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln und das zu Recht. Allerdings ist die kostenlose Fahrradmitnahme im gesamten Rhein-Main-Verkehrsverbund (mit kleinen Einschränkungen in den Spitzenzeiten von U-Bahn, Straßenbahn und Bus) bereits seit Beginn der 90er Jahre möglich. Manchmal dauert es eben etwas länger, bis sich eine gute Sache herumspricht.

Überdurchschnittlich gute Noten gab es für die Erreichbarkeit der Innenstadt (2,96) Ebenfalls weit überdurchschnittlich wurde mit 3,19 die Frage bewertet, ob alle Bevölkerungsgruppen das Fahrrad nutzen, oder ob es eher ein Spielzeug für kleinere Kinder und Größere ist.

Positiv fiel auf, dass in jüngster Zeit viel für den Radverkehr getan wurde (3,57), auch wenn hier für die nächste Umfrage noch Spielraum nach oben da ist.

Das wachsende Netz der Fahrradrouten wird als angenehme Alternative zu den Hauptverkehrsstraßen wahrgenommen (3,44) und leistet seinen Beitrag, dass Radfahren zügig und ohne Umwege möglich ist (3,53). Das sahen die Frankfurter 1991 noch sehr viel kritischer (4,89). Ähnlich die Lage bei der Wegweisung für Radfahrer (3,73). Hier stand 1991 noch einer der schlechtesten Werte (5,26).

Die Schwächen

Bei der Vergabe der roten Laterne für die schlechteste Einzelnote gibt es ein knappes Rennen zwischen der Überwachung von Falschparkern auf Radwegen (4,95) und der Führung des Radverkehrs an Baustellen (4,93). Diese Bewertung trifft in beiden Fällen nicht die Falschen. Immerhin hat sich die Note für die Baustellen seit 2003 um 0,7 Punkte verbessert. Das lässt für die Zukunft hoffen. Sogar beim Thema Falschparken scheint die Lage nicht völlig aussichtslos. Plus 0,41 seit 2003, das ist doch ein Anfang. In die gleiche Rubrik fällt die neu aufgenommene Frage nach Hindernissen auf Radwegen (4,61). Dazu könnte man – im doppelten Sinn – durchaus auch manche Ampeln rechnen. Deren Abstimmung auf die Bedürfnisse der Radfahrer wird eher kritisch betrachtet (4,41). Noch immer ein Schwachpunkt sind die Abstellanlagen (4,34), da kann es um den Fahrraddiebstahl wohl kaum besser bestellt sein (4,51). Auch dass sich Radfahrer auf Frankfurts Straßen noch immer eher gefährdet als sicher fühlen (4,31), steht einer Stadt nicht eben gut zu Gesicht.

Dem könnte eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit zur Förderung des Radverkehrs entgegenwirken. Die Frage danach wurde 2005 neu aufgenommen. Offensichtlich herrscht auf diesem Gebiet in Frankfurt Nachholbedarf (4,47).

Beispielhaft für die Schwierigkeiten, vor die sich die Teilnehmer bei der Bewertung gestellt sahen, sei zum Abschluss der einzige Punkt angeführt, bei dem sich die Beurteilung seit 2003 verschlechtert hat

(-0,15), die Breite von Radverkehrsanlagen (4,15). Zwar haben bei weitem die meisten Anlagen, die in den letzten Jahren neu gebaut wurden, die erforderlichen Breiten, aber es gibt eben auch andere Beispiele. Wem da die wundersame Vermehrung von gemeinsamen Geh- und Radwegen im Gefolge der StVO-Novelle von 1997 einfällt, der liegt ganz sicher nicht so falsch.

Fritz Biel

30.12.2005 I ADFC Frankfurt am Main e. V. |