Der Saar-Radweg Für Tourenradler mit Genuß-Ambitionen Denjenigen Radler/innen, die sich auf einer Mehrtagestour nur mittelmäßig beanspruchen wollen, sei oben genannte Route wärmstens empfohlen. Neben mäßigen Steigungen und dennoch zum großen Teil sehenswerter Landschaft kommt auch der kulturell, kulinarisch und geschichtlich Interessierte auf seine Kosten. Für die an Frankreich Interessierten ist es sinnvoll, die Reise schon in Sarrebourg zu beginnen. Allerdings ist der Transfer mit der Bahn über Saarbrücken oder Karlsruhe vor allem an Wochenenden umständlich. Erfreulich war, dass das französische Bahnpersonal sehr flexibel reagierte und außerfahrplanmäßig in Sarrebourg einen Zwischenhalt einlegte. Das ersparte uns das Umsteigen in Nancy und eineinhalb Stunden Zugfahrt! In Sarrebourg angekommen, lohnt ein Rundgang durch die schmucke Altstadt, bevor man die Tour beginnt. Bis Saaralbe strampelt man durch das lothringische Hügelland und danach am Kanal des Houillières entlang. Vor Sarralbe sind die angebotenen Radrouten bei schlechter Witterung verschlammt und schwer passierbar. Es empfiehlt sich in diesem Fall, die an Wochenenden sehr homöopathisch befahrenen Landstraßen zu benutzen. Es handelt sich dabei um schöne Alleen, und in den Genuss idyllischer Ortschaften und alter Mühlen kommt man trotzdem. Ab dem Kanal wird man von Auewald umgeben, was bei großer Hitze sehr angenehm ist. Nur sollte man bei Pausen für ausreichende Stechmückenabwehr sorgen. Der Kanalradweg endet nahe der Grenze in Sarreguemines, der Stadt der Fayencen. Ihren Namen hat die Stadt von der dortigen Einmündung der Blies in die Saar. Wer noch ein bisschen Frankreich genießen möchte, sollte sich hier um eine Übernachtung kümmern und die Stadt anschauen. Danach ist es ein Katzensprung von nur 17,5 km über eine sehr schöne Strecke nach Saarbrücken. Ganz nebenbei wird dabei auch die Grenze passiert, die erfreulicherweise nur noch an der unterschiedlichen Aufmachung der Fahrrad-Wegweiser erkennbar ist. In Saarbrücken angekommen, findet man z. B. mit den Barockgärten des Stadtschlosses noch viel französisches Flair. Neben dem Zoo und einigen Museen empfiehlt sich auch ein Spaziergang am östlichen Saarufer der Stadt. Die westliche Seite wurde leider vor Jahrzehnten autofreundlich verhunzt, so dass man beim Lustwandeln im Schlossgarten am besten einen Gehörschutz aufsetzt. Diesen behält man bei empfindlichen Ohren die nächsten 50 km bis nach Merzig auf, denn die Autobahn verläuft genau parallel zum Saar-Radweg. Entschädigt wird man durch zwei Sehenswürdigkeiten: Das 1986 still gelegte und als Unesco-Weltkulturerbe deklarierte Röchling-Stahlwerk in Völklingen, „Völklinger Hütte“ – und Saarlouis, eine deutsche Stadt mit französischen Wurzeln. Unübersehbar ist der Ursprung als Garnisonsstadt, gegründet unter dem Sonnenkönig Ludwig XIV. Von der einstigen militärischen Nutzung durch „Franzens“ und später „Preußens“ künden heute aber nur noch die Stadtmauer, eine Handvoll Kanonen davor, die Zitadelle im Park und der Marktplatz als früherer Übungsplatz für diverse „Exerzierfaxen“. In der Gegenwart inspiriert dieses „Potsdam des Westens“ mit seinem Altstadtkern im Hugenottenstil und seinen schmucken Einkehrmöglichkeiten zu einem gemütlichen Kneipenbummel. Weiter geht es dann nach Merzig, einer beschaulichen Ortschaft. Die streuobsthaltige Umgebung hat es zur Hauptstadt des Viez gemacht, dem saarländischen Gegenstück unseres guten hessischen Äbbelweins. Hier lohnt sich auch ein kleiner Ausflug in den nahe gelegenen Wolfspark von Werner Freund. Ab jetzt wird der Saarweg auch wieder idyllisch. Die Autobahn verabschiedet sich endlich und dafür taucht der Hunsrück auf, dem wir die berühmte Saarschleife von Mettlach verdanken. Wer diese als Gesamtkunstwerk der Natur genießen möchte, kann einige Kilometer und vor allem Höhenmeter westwärts zum Aussichtspunkt Cloef fahren oder alternativ in der Saarschleife den Fuß-Aufstieg wählen (ca. 1 Std., das Rad bleibt unten) . Hinter Mettlach kommt der Taberer Urwald, ein Naturschutzgebiet, das so reizvoll ist wie die Saarschleife. Anschließend erreicht man das pittoreske Saarburg mit wunderschönen Straßenkneipen direkt am Leuk, von dem das Städtchen durchflossen wird. Anschließend wird die Saar sehr „weinselig“, wir nähern uns der Mosel-Gegend. Bis zur Mündung bei Konz sind jetzt Weinberge und Strauß-Wirtschaften bestimmend. Bei Konz fährt man weiter moselabwärts nach Trier. Trier stellt sich als eine Art moselländisches Fulda mit altrömischen Einsprengseln dar. Die Porta Nigra, Erzbischofspalais und das Amphitheater als antikes „Event-Center“ seien hier beispielhaft genannt. Die Stadt bildet einen schönen Abschluss der Tour, auch wenn ihre klerikale Prägung unübersehbar ist. Für überzeugte Atheisten gibt es ja auch noch das Karl-Marx-Haus als Kontrast. Die beschriebene Strecke beträgt ca. 200 km und ist, mit Ausnahme des lothringischen Teils, fast durchweg eben und in bedarfsgerechte Etappen unterteilbar, da es überall nette Städtchen und interessante Orte gibt. Wulfhard Bäumlein & Petra Häfner |
16. Mai 2004 ADFC Frankfurt am Main e. V. |