Gibt es Bäume, die im Radweg stehen?
Unter der Überschrift „Es tut sich was am Mainuferweg“ wurde in frankfurt aktuell 3/2003 der geplante Bau eines 1,3 km langen Asphalt-Radweges zwischen Deutschherrnbrücke und Gerbermühle von Jürgen Johann als „großer Fortschritt“ für den Radverkehr gepriesen. Der Autor hatte sich zugleich bereit erklärt fünf Bäume für den Ausbau zu opfern, aber wohl auch geahnt, dass „dem ein- oder anderen ,Ökofreak‘ Asphaltdecke und Baumopfer etwas schwer im Magen liegen“ werden. An der Gerbermühle wurde inzwischen mit den Baumaßnahmen begonnen. Die im Folgenden aufgeführten umweltpolitischen Bedenken kommen jedoch nicht zu spät. Überflüssige Rad-Verkehrsprojekte wird es auch in Zukunft geben, und Jürgen Johann hat bereits angekündigt, dass am Main und an der Nidda noch viele Wege (mit störenden Bäumen?) vorhanden sind, die er gerne im Namen des „Fortschritts“ und der „Vernunft“ mit Asphaltdecken versiegeln möchte. Aber nicht in meinem Namen!
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War die Situation am Mainufer zwischen Deutschherrnbrücke und Gerbermühle für Radfahrer bisher unerträglich?
Keineswegs, wahlweise konnten zwei unasphaltierte Wege und ein asphaltierter Radweg (am Deutschherrnufer durchgehend bis nach Offenbach) benutzt werden, ein weiterer schmaler Asphaltweg, am Rand der Schrebergärten gelegen, wurde schon lange nicht mehr gepflegt und war nur deshalb nicht mehr brauchbar. Dass dieser Uferabschnitt bisher nach Hochwasser nicht benutzbar war, ist kein Argument. Auch asphaltierte Uferwege sind am Main nach Überschwemmungen lange Zeit nicht oder nur schwer befahrbar, wenn sie, wie üblich, nicht oder erst spät gesäubert werden. Natürlich muss ein Radweg gerade auch für Menschen attraktiv sein, die das Fahrrad benutzen, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen, und die dort nicht mit verschmutzter Kleidung eintreffen können. Während längerer Regenperioden konnte jedoch bisher durchaus der Radweg am Deutschherrnufer benutzt werden. Dieser Weg am Rande einer viel befahrenen Straße bietet leider keinen wunderschönen Blick auf den lieblichen Main, aber müssen Radwege, die nur wenige Tage im Jahr (während der Regenzeiten) benutzt werden, auch noch eine schöne Aussicht bieten? Gerne wird argumentiert, dass wirklich gute Radwege auch notorische Autofahrer zum Fahrrad fahren verführen könnten. Aber mal im Ernst: Wer zeigt mir den Autofahrer, der bisher frühmorgens von Frankfurt nach Offenbach im Auto zur Arbeit gefahren ist (und nicht mit der S-Bahn), und der nun das Fahrrad bei Regen benutzt, weil der Uferweg neuerdings asphaltiert ist?
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Ist der Ausbau dieses Radweges ein besonders dringliches Projekt?
Nein. Es gibt in Frankfurt und im Umland zahlreiche wichtige Projekte, für die bisher kein Geld vorhanden war. Auch gibt es in jedem Stadtteil ungepflegte Fahrradwege, die nicht oder nur mit hohem Unfallrisiko befahrbar sind, und für deren Reparatur und Unterhalt kein Geld vorhanden ist. Die Entscheidung, viele Kilometer lange Fahrradwege verkommen zu lassen, dafür aber einen 1,3 km langen und drei Meter breiten Uferweg neu zu bauen, ist keine vernünftige, sondern eine politische (eigennützige) Entscheidung. Der neue Mainuferweg ist Bestandteil einer Fernradroute (Aschaffenburg – Mainz), wahrscheinlich konnten die Verkehrspolitiker zusätzliche Geldtöpfe anzapfen und die Verwirklichung eines touristischen Projektes verspricht einen größeren Pestigegewinn. Das kann dem Radfahrer auf dem Weg zur Arbeit nach Offenbach natürlich egal sein, aber müssen wir als ADFC immer gleich Lobeshymnen anstimmen?
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Ist der Bau des Radweges ein schwerer Eingriff in den Naturhaushalt?
Die Versiegelung einer 3900 m2 großen Bodenoberfläche ist ein relativ kleiner Eingriff und die Folgen für den Wasserhaushalt der Landschaft sind kaum messbar. Aber für anthropogene Flutkatastrophen sind gerade die vielen kleinen Eingriffe in die Auenlandschaften verantwortlich, und nicht nur wenige große Eingriffe. Eine Umweltsünde lässt sich nicht gegen eine andere Sünde aufrechnen. Lassen zukünftig 100 Autofahrer ihr Auto in der Garage stehen und fahren mit dem Fahrrad auf dem neuen Radweg nach Offenbach, so könnte sich die Luftqualität verbessern und die Lärmbelastung zurückgehen, aber die zusätzliche Bodenversiegelung wird damit nicht ausgeglichen. Wie viele Autofahrer müssen auf das Fahrrad umsteigen, bis in Frankfurt oder Offenbach eine einzige Straße stillgelegt und entsiegelt wird? In Deutschland werden jedes Jahr mehrere Zehntausend Hektar Land verbraucht, ganz überwiegend für neue Siedlungen, Industrieanlagen und Straßen, aber eben zusätzlich auch für neue Fahrradwege.
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Müssen für den Bau des Radweges Bäume gefällt werden?
Nein. Nirgendwo müssen Bäume für Radwege geopfert werden, weder Alleebäume in Mecklenburg-Vorpommern noch Bäume am Frankfurter Mainufer. Gibt es Bäume, deren Wurzeln in den Unterbau eines Radweges hineinragen? Nein, aber es gibt Radwege, deren Fundamente in den Wurzelraum von Bäumen hineinragen. Nach dem Willen von Verkehrsplanern sind Bushaltestellen, Litfaßsäulen, Lampenmasten, Straßenschilder und Pfosten im Stadtgebiet oft unantastbar und sind als Hindernisse auf dem Radweg von Radfahrern zu tolerieren. Am Mainufer aber bestimmen diese Planer, dass Bäume großzügig beseitigt werden dürfen, damit der Radweg kerzengerade verlaufen kann? Macht das Fahrrad fahren am Mainufer keinen Spaß mehr, wenn ein neuer Radweg fünf bereits vorhandenen Bäumen ausweicht? Das Mainufer zwischen Sachsenhausen und der Gerbermühle ist keine naturnahe Auenlandschaft, sondern eine künstliche Parklandschaft. Das Fällen von fünf Bäumen ist sicher kein schwerwiegender Eingriff, zumal an einigen Stellen bereits neue Bäume gepflanzt wurden. Wer aber behauptet, dass dort für einen neuen Radweg auch nur ein einziger Baum gefällt werden muss, der lügt.
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Gibt es „Ökofreaks“? Nein, die pauschale Benennung von möglichen Kritikern des geplanten Ufer-Radweges als „Ökofreaks“ war eine dümmliche Entgleisung. Die Ökologie ist ein Teilgebiet der Biologie und untersucht die Beziehungen der Organismen untereinander und mit ihrer Umwelt. Ökologen untersuchen naturnahe Lebensräume ebenso wie stark vom Menschen beeinflusste Lebensräume (mit Asphaltwegen und gefällten Bäumen), umweltpolitische Wertungen und Ziele und Fanatismus sind in der Ökologie nicht enthalten. Die umweltpolitischen Werte und Ziele bestimmen wir als umweltpolitisch Engagierte selbst. Gerhard Heidenfelder hat in seinem Leserbrief (frankfurt aktuell 5/2003) zu Recht die fünf Bäume als einen sehr hohen Preis bezeichnet. Der Einsatz für das umweltschonende Verkehrsmittel Fahrrad rechtfertigt nicht jedes Opfer, und die Mitglieder umweltpolitischer Vereine (NABU, BUND etc.) sind auch im ADFC im „richtigen Verein“.
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