Von der Donau zu den Dolomiten
Der Donauradweg, die „Mutter aller Radwege“, hat die Verantwortlichen in anderen Regionen Österreichs nicht ruhen lassen. Es wurden und werden allenthalben touristisch attraktive Radwege ausgewiesen, auf hohem Standard der Streckenführung, Ausstattung und Beschilderung. Einige davon, in einem Bogen zwischen Wien und Klagenfurt, sind wir gefahren. Kittsee, Startpunkt des „Jubiläumsradweg Burgenland“, erreicht man von Wien mit der S-Bahn nach Hainburg, von dort sind es nur noch ein paar Kilometer. Der Weg startet in Sichtweite der Burg von Bratislava im Dreiländereck Österreich / Slowakei / Ungarn. Es geht zunächst durch die pannonische Tiefebene zum Neusiedler See, der „Wiener Riviera“. In den Weindörfern am See, besonders schön etwa in Purbach, kann man die Kellergassen bestaunen, eine österreichische Besonderheit: schöne, unbewohnte Häuser, in Zeilen vor die in den Hang gegrabenen Weinkeller gesetzt. Diese unbewohnten Kellergassen werden zu festlichen Anlässen besonders herausgeputzt, sie dienen teilweise auch als „Buschenschank“ (österreichisch für Straußwirtschaft). Hinter Eisenstadt wird die Landschaft hügeliger, zwischen Mattersburg und Oberpullendorf kommt der erste ernsthafte Anstieg. Es geht bei wenig Autoverkehr über Nebensträßchen und asphaltierte Wirtschaftswege durch schöne Dörfer in einer kleinteilig agrarischen Landschaft. Die Wegführung ist manchmal übervorsichtig und ortsrandbetont – es könnte durchaus öfters auf die Landstraße durch die Ortsmitte gehen – aber die lückenlose und einwandfrei sichtbare Ausschilderung ist beispielhaft, fast ist ein Fahren ohne Karte möglich. Die Burg Stadtschlaining ist ein Zwischenhighlight zur Besichtigung. Hinter Großpetersdorf geht es in das bezaubernde „Pinkataler Weinidyll“ entlang der Grenze zu Ungarn, zwischen Eisenberg und Moschendorf. Hier gibt es eine besondere Art der Dorfarchitektur mit kleinen länglichen Häuschen, hier trinkt man zum Apero den „Uhudler“, einen unbehandelten jungen Rotwein oder Rotsekt mit frischem Johannisbeergeschmack. Die weithin sichtbare Burg Güssing kündigt den Südzipfel des Burgenlandes an. In Kalch ist das Burgenland und damit der Jubiläumsradweg zu Ende. Es geht weiter ins Land des Kürbiskernöls und der guten Küche, die südliche Steiermark. Das unter Denkmalschutz stehende Bad Radkersburg markiert den südöstlichen Wendepunkt unserer Tour. Entlang der Mur, dem Grenzfluss zu Slowenien, verläuft der Mur-Radweg durch schöne Dörfer nach Westen, asphaltiert und nahezu autofrei. Die Mur schwenkt bei Spielfeld nach Norden, wir genehmigten uns einen Ausflug zur südsteirischen Weinstraße zwischen Berghausen und Leutschach. Diese Straße gehört zu den schönsten Panoramastraßen in Europa – zu recht nennt sich die Gegend „Toskana Österreichs“. Man radelt auf einer Kammstraße mit herrlichen Ausblicken auf Weinberge, Dörfer und Schlösser. Allerdings ist die Fahrt mit Gepäck sehr anstrengend, ständig geht es kurz aber steil rauf und runter. Hinüber nach Kärnten empfiehlt sich für die Strecke zwischen Eibiswald und Lavamünd an der Drau die Abkürzung über Slowenien. Der zu überwindende Pass heißt Radlpass und ist eine leichtere Übung. In Slowenien selbst sollte der im Esterbauer-Radwegführer eingezeichnete Drau-Radweg, eine üble Geröllpiste mit vielen Steigungen, gemieden werden. Die zwanzig Kilometer nach Dravograd sollten mit Tempo auf der Hauptstraße durchgebrettert werden – der Verkehr ist dicht und die slowenische Autofahrweise balkanisch. Im verschnarchten Lavamünd ist wieder Ösiland erreicht. Der Drau-Radweg führt nun auf das touristische Ballungsgebiet St. Kanzian zu und weiter nach Villach. Wir machten einen Schlenker nach Slowenien und kamen über den Wurzenpass wieder nach Kärnten. Diesen Pass sollten übrigens selbst trainierte Biker nicht in Nord-Süd-Richtung versuchen – 20 % Steigung auf einem vollen Kilometer, und das zweimal mit Zwischengefälle! Wer den Drau-Radweg weiterfährt, sollte ihn vor Villach verlassen und sich die brutalstmögliche Zusammenballung von Campingtouristen antun, bei einer Umrundung des Faaker Sees. Dahinter geht es, immer entlang der Karawanken, ins Gailtal. Vor Arnoldstein geht ab Oberschütt ein gut ausgebauter Waldweg – mit schönem Biergarten auf halber Strecke – nach Nötsch. Hier beginnt der „karnische Radweg“, der mit hervorragender Wegführung, lückenloser Ausschilderung und guter touristischer Begleitinformation durchs Gailtal führt. Am Endpunkt, in Körtschach-Mauthen, fuhren wir über den Gailbergsattel vor die Lienzer Dolomiten, von dort über den Drauradweg zum Wörthersee nach Klagenfurt, dem Ende unserer Tour. Fazit: vom Professionalismus der Österreicher bei Planung und Realisierung touristisch attraktiver Radrouten können Deutschlands Radtouristiker noch einiges lernen! Anne Wehr und Bertram Giebeler Fotos: Bertram Giebeler |
12. Januar 2004 ADFC Frankfurt am Main e. V. |