Autos
zu Kuchenblechen
Tour de Natur – den Nationalpark Hainich besichtigen –
kleine Etappen, Vollversorgung und -verpflegung – mit Kultur,
Tanz und Geselligkeit. Weiter wusste ich nicht, was mich auf der
"Tour de Natur 2001" erwarten würde...
Das
klang gut, und da kann man ja mal mitfahren. Mit eher touristischen
Motiven fuhren wir also nach Niederkaufungen bei Kassel; meine Freundin
nahm etwas wiederwillig die Ärgernisse der DB in Kauf –
lieber wäre sie mit dem eigenen Gebrauchtwagen gefahren. Der
Anblick von 60 Fahrrädern nebst überzeugten BenutzerInnen
ließ sie solchen Ärger schnell vergessen. Alter Freiheitsdrang
kam wieder, und schließlich würden auf der Tour ein Arzt,
ein Mechaniker und viel Hilfsbereitschaft mitfahren. Das beruhigte
uns rasch.
In Kassel bei der Auftaktveranstaltung gab sich die Tour als Demonstration.
Die Anwesenheit von Presse und der BUND-Bundesvorsitzenden Angelika
Zahrnt beeindruckten mich ebenso wie der ausdrückliche Schutz
durch die Polizei. Durch die Streckenführung war die erste
Etappe nach Witzenhausen über Hannoversch Münden dann
auch politisch recht aufgeladen. Danach, und auf vielen Teilstrecken
im Weiteren, waren dies jedoch nicht die Hauptsachen für viele
Tourteilnehmer. Ich würde diese Tour eher als "Tour de
Lebensfreude alternativer Art" bezeichnen, irgendwann bekam
sie auch den Namen "Tour de l'amour", kein Wunder. Liegt
es doch nahe, sich aus so vielen netten Leuten eine oder einen anzulachen.
Sehr beeindruckt hat mich – ich komme als "Stadt-Radler"
ja sonst nicht so viel herum in Deutschland wie Andere – der
Nationalpark Hainich. Durch die ehemalige militärische Nutzung
hat sich hier ein richtiger Ur-Wald erhalten. Die Natur geht ungestört
ihre weisen Bahnen, zu Fuß hätten wir allerdings noch
wesentlich mehr gesehen. Zum Glück findet man jetzt leichter
die Zufahrt vom Werra-Radweg aus, da wir der Parkverwaltung ein
diesbezügliches Holzschild schenkten.
Wer zählt die Projekte, nennt die Namen – vielleicht der
ausführlichere Bericht eines Kollegen im Winter einmal. Ich
will mich – erholt, besser im Tritt und mit gestilltem Sonnenhunger
– aufs Grundsätzliche beschränken. Wir waren vielleicht
die unpolitischste Tour seit langem, das sagten mir andere und manche
störten sich daran. Auch die Zusammenarbeit mit der Polizei
klappte diesmal ziemlich reibungslos; nur einmal ging ein Polizeiauto
kaputt: Ein überkochender Kühler auf einer besonders heißen
Etappe war die Ursache. Tags darauf – Zufall oder nicht –
begleitete uns ein Fahrrad-Polizist. Volkmar Gerstein, Landesvorsitzender
des ADFC Hessen, fand es gut, ein bisschen seriöser und kooperativer
an die örtlichen Politiker heranzutreten. Wolf von Bültzingslöwen,
eine der "Seelen der Tour de Natur" brachte es auf diesen
Punkt: "Vielleicht sind wir dieses Jahr erstmals wieder viel
mehr Leute, weil wir auch die ansprechen, die nicht nur gegen Etwas
demonstrieren wollen, sondern für Etwas!" Und tatsächlich:
In der Spitze 170 – TeilnehmerInnen, nicht km/h. Sollte es
nächstes Jahr nach Berlin gehen, werden es eventuell noch mehr
werden. Bei der Planung und Vorbereitung in Erfurt ist jeder willkommen.
Der Spruch mit den Kuchenblechen, den Thüringern sehr eingängig,
kam übrigens von einem Teilnehmer mit Humor: als uns jemand
im Gegenverkehr mit besonders dicken Breitreifen, Spoilern und extralauten
Bässen beeindrucken wollte... Ob er ihn gehört hat? (ak)