Ausgabe 5/2001 September/Oktober |
Gesicherte
Finanzlage
Mit dem Radfahren in Frankfurt hat er aber erst vor ein paar Jahren angefangen. Was ihn lange davon abhielt war der Frankfurter Verkehr. Erst als seine Leidensfähigkeit am RMV erschöpft war, fing er an, per Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Um zu beweisen, dass das auch profitabel ist, legte er jedesmal 3 Mark beiseite (ein Dreißigstel des Preises einer Monatskarte) und nach 15 Monaten war das Geld für ein neues Fahrrad zusammen. Seitdem genießt er die Vorteile, die aus der täglichen Radtour erwachsen: Erkältungsbazillen haben ihn als hoffnungslosen Fall aufgegeben, was sein Arbeitgeber (eine Bank!) mit einer gelockerten Krawattenordnung honoriert, von der auch Jeans Kollegen profitieren.
Bekannt ist Jean Coquelin aber nicht nur als Tourenleiter, sondern auch als Vorstandsmitglied, genauer gesagt als Kassenwart des ADFC Frankfurt. Seit 1998 bekleidet er nun dieses Amt so erfolgreich, dass inzwischen ein Großteil unseres Jahresumsatzes als Rücklagen auf unserem Konto ruhen, nachdem wir vor vier Jahren noch beim Landesverband in der Kreide standen. Angesichts wachsender Mitgliedsbeiträge und steigenden Umsatzes des Infoladens hat er ferner errechnet, dass die drohende Mehrwertsteuer dem ADFC zum Vorteil gereicht und nicht – wie zu vermuten wäre – die gesicherte Finanzlage gefährdet. Nach Jeans Bekunden rühren seine Qualitäten als Kassenwart nicht von seiner Arbeit bei einer Bank in Zeppelinheim her, wo er ohnehin mehr mit Technik als mit Finanzen zu tun hat. Die Kunst ist eine viel alltäglichere: "Man muss die Kasse eines Vereins so führen, wie man die eigene Haushaltskasse führt.” D.h. aktuelle Einnahmen und Ausgaben miteinander vergleichen, absehbare zukünftige Kosten und Einkünfte berücksichtigen, um sich anschließend zu überlegen, ob man eine Investition tätigt, aufschiebt oder gar streicht. Um bei Ausgaben und Einnahmen den Überblick zu bewahren, macht er ab April jeden Jahres einmal wöchentlich die Buchhaltung des Vereins. Und damit es nicht nur beim Abwägen der Kosten und Einkünfte bleibt, hat er auch ein Vetorecht dem Vorstand gegenüber. Jean hofft, dass er sich dieses Recht in naher Zukunft mit dem dringend gesuchten Nachwuchs teilen kann. Umsichtige Haushaltsführung spielt auch für Jeans Zukunft eine wichtige Rolle. Denn mit – man soll es nicht glauben – 61 Jahren, denkt er allmählich über seinen (Un-) Ruhestand nach: Es zieht ihn auf das französische Staatsgebiet zurück. Aber nicht in seine heimatliche Kleinstadt in der Nähe von Paris, die sich mit unserem Eschborn das Schicksal teilt, von einem beschaulichen Ort zu einer Schlaf- und Trabantenstadt mutiert zu sein. Jean möchte seine Zelte (oder vorzugsweise eine wetterfestere Behausung) in einem département outre-mer, genauer gesagt, auf der Ile de la Réunion aufschlagen. So kehrt er weniger Frankfurt, als vielmehr dem Winter den Rücken, möchte er doch die Sommermonate (sprich die Radsaison) hier verbringen. Denn zum Radfahren scheint Réunion nicht der ideale Ort zu sein – sozusagen mehr Alpen als Taunus, und das bei tropischen Temperaturen. Spätestens wenn Jean mitten im Indischen Ozean Euros gegen ein neues Fahrrad tauscht, muss ein Nachfolger gefunden sein. (ch)
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