Ausgabe 5/2001 September/Oktober |
Radverkehrskonzept
Innenstadt
Die Interessen der Radfahrer/ innen drohen in diesem komplizierten Interessengeflecht als störende "Randfragen" untergepflügt zu werden. Das hat in Frankfurt durchaus Tradition. Die im Frühjahr in einer Ausstellung vorgestellten Ergebnisse des sogenannten "Zeil-Wettbewerbs" machen wenig Hoffnung auf Besserung. Radverkehr findet da nicht statt, taucht allenfalls als störendes Element auf, das es genauso wie die Automassen fernzuhalten gilt. Der ADFC hat schon in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses vor der Sommerpause die Stadtverordneten aufgefordert, eine Sperrung der Hauptwache erst zu beschließen, wenn klar ist, wo die verdrängten Automassen abbleiben werden und welche Folgen die gravierenden Veränderungen der innerstädtischen Autoströme für den Radverkehr haben, insbesondere auf die Fahrradstraße Töngesgasse/Bleidenstraße, die sogenannte Zeil-Umfahrung.
Von 1984 nach 1991
Schöneres Frankfurt?
So wenig wie die von Westen kommenden Radfahrer sich davon abhalten ließen, ihren Weg in die Innenstadt auf direkter Linie geradeaus durch den Steinweg zu suchen, waren die Fußgänger davon abzubringen, die "Radwege" zu benutzen, wobei ihnen an manchen Stellen gar keine andere Wahl blieb, am Rossmarkt etwa gegenüber der Einmündung "Am Salzhaus". Ähnlich erging es dem "Radweg" über den Opernplatz. Rechtlich nie als solcher ausgeschildert, schmückten ihn zeitweise einige verschämt winzige Fahrradpiktogramme – eine grobe Irreführung der zahlreichen Radfahrer, die von Bockenheim in die Innenstadt strebten, denn bis zur Freigabe des Radfahrens in den Frankfurter Fußgängerzonen durch den rot/grünen Magistrat im Jahre 1991 war auf Frankfurts meistbefahrener Fahrradverbindung über den Opernplatz das Fahren verboten und schieben angesagt.
Fahrradstraße –
Radweg-Rätsel
Als einzige benutzungspflichtige Radwege übriggeblieben sind von diesen Plänen einzig die kurzen Abschnitte auf der sogenannten nördlichen Zeil-Umfahrung im Verlauf der Stiftstraße / Stephanstraße. Aber auch die würden einer kritischen Bewertung nach den Mindeststandards der StVO-Novelle von 1997 sehr wahrscheinlich nicht standhalten.
Leidplanung
Von 1991 nach 2001
Die neue Radverkehrskonzeption räumt mit diesem Manko auf, und zwar gründlich. Nicht umsonst zielen die ersten sechs ausgewählten Fahrradrouten mit einer Ausnahme vom Stadtrand auf die Innenstadt.
Legal über den Opernplatz
Weitere Meilensteine waren 1992 die schon erwähnte Fahrradstraße Goethestraße und die Markierung eines Radstreifens in der Großen Eschenheimer Straße, der erstmals die direkte Überquerung der Verkehrswüste am Eschenheimer Tor zumindest Richtung Oeder Weg ermöglichte. Mitte der 90er Jahre wurde die schon im "Radwegenetz Innenstadt" vorgesehene Verbindung zwischen der Friedensstraße und der Untermainbrücke endlich Wirklichkeit, auch wenn die Ausführung in Richtung Sachsenhausen noch immer alles andere als zufriedenstellend ist. Anfang 1996 kam dann die sogenannte Zeil-Umfahrung, die als Fahrradstraße zwischen Hauptwache und Konstablerwache eingerichtet wurde. Leider warten wir noch immer auf die seit Jahren geforderte eindeutige Kennzeichnung der Frankfurter Fahrradstraßen mit blauen Fahrradsymbolen und zwei weißen Richtungspfeilen, die einen erheblichen Sicherheits- und Komfortgewinn bringen würde, denn noch immer merken die wenigsten Autofahrer, dass sie sich in einer Fahrradstraße bewegen. Hier macht sich natürlich auch das völlige Fehlen jeglicher städtischer Öffentlichkeitsarbeit zugunsten des Radverkehrs nachteilig bemerkbar. Dass sich in den innerstädtischen Fahrradstraßen noch immer zu viele Autos tummeln, wird oft beklagt. Eine Verringerung ist hier aber nur mit langem Atem zu erreichen.
Von Seckbach bis kurz vor die Innenstadt
Das Ende dieser Fahrradroute markiert aber noch eine weitere unverzeihliche Fehlplanung aus der rot/grünen Ära. Die Abkoppelung der Ostzeil von der Konstablerwache auch für den Radverkehr im Gefolge des Ausbaus der Straßenbahnlinie 12 ist bis heute nicht korrigiert.
Die Zukunft
Von Norden in die Innenstadt
Das gilt auch für den zweiten Abschnitt dieser Fahrradroute, dessen Umsetzung den Radfahrern aus Richtung Norden endgültig den Zugang zur Innenstadt eröffnet. Mit der Schaffung eines stadteinwärts führenden, durchgehenden Radstreifens auf der Eschersheimer Landstraße von der Bremer Straße bis zur Schillerstraße wird nach über 30 Jahren endlich eine Altlast beseitigt aus der Frühzeit des U-Bahn-Baus, als bei der Wiederherstellung der Straße nur stadtauswärts ein Radweg angelegt wurde. Zugleich verliert mit dieser Maßnahme das Eschenheimer Tor seine Schrecken auch für die stadteinwärts rollenden Radfahrer. Die seit Jahren bestehende gefährliche Lücke zwischen dem stadtauswärts führenden Radstreifen und dem Beginn des Radwegs in der Eschersheimer Landstraße soll durch die Verkleinerung der dazwischenliegenden Verkehrsinsel endlich geschlossen werden. Für alle Fußgänger und Radfahrer, die heute noch schier verzweifeln beim Versuch, von der Eschenheimer Anlage zur Bockenheimer Anlage zu kommen (oder umgekehrt), wird endlich der langersehnte oberirdische Überweg eingerichtet. Um das Maß voll zu machen: Noch für dieses Jahr hat der Magistrat die Vorlage der Vorplanung für die sogenannte "Ostparallele Eschersheimer Landstraße" zugesagt, eine weitere attraktive Verbindung in den Frankfurter Norden, die es ermöglicht, auf direktem Weg von Alt-Eschersheim bis zum Eschenheimer Tor zu radeln. Für Bewohner des Nordends besonders angenehm: Im Zuge dieser Planungen wurde der langjährige Widerstand der Verwaltung gegen die Öffnung des unteren Oeder Wegs für den Radverkehr in Richtung Innenstadt endlich ausgeräumt. Ich hege die Hoffnung, dass es gelingt, diese wichtige Maßnahme schon vor der Umsetzung der Gesamtroute auf den Weg zu bringen, zumal der Widerstand gegen die Öffnung von Einbahnstraßen insgesamt auf dem Rückzug ist.
Chancen
Goetheplatz
Hauptwache
Stadteinwärts müsste das Loch an der Hauptwache geschlossen werden, verbunden mit der Beseitigung der hässlichen Aufbauten vor dem ehemaligen Cafe Kranzler. Das würde die Wiederherstellung der Sichtachse von der Schillerstraße bis zum Steinweg ermöglichen und – um den Faden weiterzuspinnen, in der Verlängerung die Schaffung einer direkten Fahrradroute bis zum Beginn des Radwegs in der Kaiserstraße. Der könnte dann endlich die ihm schon im Konzept von 1984 zugedachte zentrale Rolle übernehmen, auch wenn er dazu selbstredend von den geschilderten Geburtsfehlern befreit werden müsste.
Eschenheimer Tor
Hauptvorteil einer solchen Lösung gegenüber der jetzigen Situation respektive der unveränderten Führung des Radverkehrs nach einer Sperrung der Hauptwache für den Autoverkehr wäre die randliche Führung der Fahrradroute an der Westseite der Hauptwache, was nach meiner Einschätzung die Konflikte mit den starken Fußgängerströmen zwischen Zeil und Hauptwache erheblich verringern dürfte. Darüber hinaus hätte diese Lösung den Charme, die unbefriedigende Aufspaltung der Fahrradrouten südlich des Eschenheimer Tors aufzuheben und den Radverkehr unmittelbar ins Zentrum des Geschehens an der Hauptwache führen zu können. Als Zusatznutzen wäre das erhebliche Konfliktpotenzial im Bereich einer künftigen Zufahrt zur geplanten Tiefgarage auf dem Telekomgelände in der Großen Eschenheimer Straße gleich mit entschärft, ganz zu schweigen davon, dass die nervige Falschparkerei auf dem Radstreifen im Bereich des Kaufhofs mit der Sperrung der Hauptwache eher noch schlimmer werden dürfte.
So entstünde – die Erfüllung der genannten Voraussetzungen vorausgesetzt – ausgerechnet aus dem Bau einer Tiefgarage in Verbindung mit der Schließung der Hauptwache für den Autoverkehr die Chance für eine zukunftsträchtige Neugestaltung der wichtigsten Radverkehrsbeziehungen in der Innenstadt.
Die geplante Beseitigung des Podestes würde die Lösung der Probleme im Zusammenhang mit der Verknüpfung der drei hier zusammenlaufenden Fahrradrouten erheblich vereinfachen. Wer, aus der südlichen Fahrgasse kommend, die Ostzeil ansteuern will, könnte das zukünftig auf direktem Weg tun. Die konfliktreiche Führung am südlichen Platzrand und das Kreuzen des Fußgängerstromes im Bereich des Überwegs südlich der Straßenbahnhaltestelle entfiele. Für die zeitweise angedachte, eher unattraktive Variante durch die Albusgasse / Klingerstraße gibt es keine Notwendigkeit mehr. Welche Ampeln für den Radverkehr von und zur Ostzeil für erforderlich gehalten werden, wird sich zeigen. Etwas schwieriger stellt sich die Situation an der Einmündung Große Friedberger Straße dar. Aber auch hier dürfte der bislang kanalisierte, dichte Fußgängerstrom, den es für die Benutzer der Fahrradroute zu kreuzen gilt, durch den Abbau der Stufen entzerrt werden, zumal die Einmündung durch die Maßnahme wieder in ihrer vollen Breite nutzbar würde. Kritisch zu beurteilen sind die vielen Sondernutzungsgenehmigungen für Sommergärten o.ä. im Einmündungsbereich der großen Friedberger Straße. Hier müssen in Zukunft die Bedürfnisse des Radverkehrs bei der Abwägung der Interessen mit Sicherheit stärker gewichtet werden, als das bislang geschieht.
Was noch?
In der Braubachstraße sind es die Gleise der Straßenbahn, d.h. eigentlich sind es ja die parkenden Autos …
Auch am westlichen Ende der Kulturmeile ist es vor allem die Querung der Berliner Straße zur Herstellung einer Verbindung vom Mainufer über Buchgasse und Kornmarkt zur Hauptwache, die angesichts der zu überwindenden Asphaltflächen das menschliche Vorstellungsvermögen fordert. Die Lösung ist hier wesentlich einfacher als an der Fahrgasse, zumal die Planer rund um das leerstehende Gebäude des nach Bonn abgewanderten Bundesrechnungshofes über größere städtebauliche Korrekturen nachdenken.
Anbindung der Fahrradroute von Fechenheim an die Innenstadt
Schwieriger wird da schon die Herstellung einer befahrbaren Verbindung über die Kurt-Schumacher Straße durch die Dominikanergasse zur Fahrgasse. Aber die geplante Umgestaltung der südlichen Kurt-Schumacher-Straße bietet auch hier die Gelegenheit zu einer fahrradfreundlichen Lösung.
Alte Brücke
Dabei kann dann auch gleich die Verknüpfung der auf beiden Brückenköpfen auflaufenden Fahrradrouten auf einen vorbildlichen Weg gebracht werden
Domstraße / Hasengasse / Stiftstraße
Schillerstraße.
Kaiserstraße
Der ADFC fordert deshalb, auf der nördlichen Straßenseite zwischen Untermainanlage und Kaiserplatz durchgehend einen ausreichend breiten Zweirichtungsradweg einzurichten, der sich deutlich von den Gehsteigplatten unterscheidet und klar als Radweg erkennbar ist. Die beste Lösung wäre eindeutig Asphalt, alternativ kommen, dem Anspruch nach "hochwertiger Gestaltung" Rechnung tragend, anthrazitfarbene Steinplatten in Frage. Vom Planungsamt sind einheitlich rötliche Steinplatten vorgesehen, die auf dem Radweg nur in der Form variieren. Das ist zweifellos die schlechteste Lösung.
Schlussbemerkung
In den letzten Jahren ist dankenswerterweise – vor allem durch die Unterstützung des Stadtparlaments – die Bereitschaft gewachsen, die Interessen des Radverkehrs auch bei sogenannten übergeordneten Planungen zu berücksichtigen. An diese positive Entwicklung lässt sich doch anknüpfen, wenn es nun um Entscheidungen geht, die für die Verkehrsführung in der gesamten Innenstadt von zentraler Bedeutung sind.
Wie immer voller Hoffnung
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