Ausgabe 3/2000 Mai / Jun. |
Neues von der StVO-Novelle Schwuppdiwupp – Kartoffelsupp’ Wie die Straßenverkehrsbehörde ganz nebenbei einen Fahrradstreifen verschwinden ließ Wer sagt da, die Frankfurter Stadtverwaltung sei nicht schnell genug und wenig kreativ? Völlig falsch! Bei der Beseitigung des Fahrradstreifens in der Oppenheimer Landstraße hat die Straßenverkehrsbehörde gerade mal wieder bewiesen, dass sie sehr wohl zum kreativen Umgang mit den Vorschriften in der Lage ist, wenn es denn ihren selbst gesteckten Zielen dient. Das Straßenbauamt, das zur Aufbringung eines vielfach geforderten, mehrfach beschlossenen und letztendlich sogar ("im Rahmen der finanziellen und personellen Kapazitäten") zugesagten 100 Meter langen Radstreifens in der Wittelsbacher Allee seit 1996 nicht in der Lage war, hat es doch tatsächlich innerhalb weniger Wochen geschafft, die noch von dem früheren Fahrradbeauftragten Peter Blöcher Anfang der 90er-Jahre auf den Weg gebrachten Fahrradstreifen in der Oppenheimer Landstraße zu beseitigen. Es tat dies, obwohl sie Bestandteil der im Januar 1998 vom Stadtparlament beschlossenen Vorplanung der Fahrradroute "Museumsufer / Neu-Isenburg" (M 155 vom 4.7.97) sind, deren bauliche Umsetzung gegenwärtig von einer anderen Abteilung desselben Amtes in die Wege geleitet wird (Näheres zur Auseinandersetzung um die Fahrradroute Museumsufer/Neu-Isenburg in frankfurt aktuell Nr. 6/97 und 2/98). Bei so viel Kreativität und Geschwindigkeit des Verwaltungshandelns ist guter Rat teuer. Schließlich werden die Radstreifen für die Fahrradroute demnächst wieder gebraucht, abgesehen davon, dass sie den radfahrenden Menschen jenseits des Flusses seit vielen Jahren gute Dienste leisten. ADFC vor Ort Die AG StVO hat – bewaffnet mit Kamera, Maßband und Diktiergerät – vor einigen Wochen zwei Ortstermine in Sachsenhausen und Niederrad durchgeführt (dazu in einer späteren Ausgabe mehr). Im Rahmen der Überprüfung der von der Straßenverkehrsbehörde vorgelegten Ergebnisse der StVO-Überprüfung aller Frankfurter Radverkehrsanlagen haben wir auch die Situation in der Oppenheimer Landstraße untersucht. Leider konnten wir nur noch die schwarz übertünchten Reste des ehemaligen Radstreifens vermessen. Es reichte aber zur eindeutigen Beurteilung: Der Radstreifen erfüllte die Mindestkriterien der StVO, es gab also überhaupt keinen Grund, ihn im Zuge der Umsetzung der StVO-Novelle aufzuheben. Der einzige Kritikpunkt, den wir auch schon bei der dezernatsübergreifenden Abstimmung der Pläne für die Fahrradroute vorgebracht hatten, war die Situation an dem Taxi-Halteplatz kurz vor der Mörfelder Landstraße. Da der Bürgersteig daneben völlig von illegalen Senkrechtparkern beansprucht wird, standen die Taxen immer zur Hälfte auf dem Radstreifen, damit die Fahrgäste auf der Beifahrerseite überhaupt die Türen öffnen konnten. Warum nur? Auf meine Nachfrage bei der Straßenverkehrsbehörde nach dem Grund der Beseitigung habe ich bislang keine offizielle Antwort erhalten. In einem Telefongespräch bestätigte mir der zuständige Bezirksleiter, dass der Radstreifen allen Anforderungen entsprach. Ursache des behördlichen Einschreitens sei die Tatsache, dass die danebenliegenden Kfz-Fahrbahnen für den "Begegnungsfall LKW/LKW" zu schmal seien (alle drei Fahrbahnen in diesem Bereich hatten eine Breite von mindestens 3 Metern, die Radstreifen waren incl. Markierung 1,50 Meter breit). Er berief sich auf nicht näher spezifizierte Vorschriften in der StVO, die ihm keine andere Wahl gelassen hätten, als die Radstreifen zu beseitigen. Wenn man diese Auskunft ernst nimmt – und angesichts des durch Vetorecht privilegierten Sonderstatus der Straßenverkehrsbehörde im Konzert der beteiligten Ämter bleibt einem gar nichts anderes übrig, als Äußerungen der Behörde ernst zu nehmen – war sozusagen Gefahr im Verzuge und somit sofortiges Handeln unerlässlich. Nun fragt sich natürlich der radfahrende Laie, wieso die Behörde 1. vor vielen Jahren die Einrichtung dieses angeblich gesetzwidrigen Zustandes duldete, obwohl sie selbstverständlich in der Arbeitsgruppe Radverkehr an der Ausarbeitung der Maßnahme beteiligt war, 2. in all den Jahren nicht einschritt, obwohl doch die Schwere des angeblichen Verstoßes gegen welche Vorschriften auch immer nun die sofortige Beseitigung erforderte, 3. bei der ämterübergreifenden Abstimmung der Vorplanung für die Fahrradroute Museumsufer / Neu-Isenburg keine Einwände bezüglich der Fahrbahnbreiten in der Oppenheimer Landstraße erhob, 4. auch beim abschließenden Fachgespräch bei Planungsdezernent Martin Wentz die letzte Gelegenheit ausließ, auf die jetzt festgestellte angebliche Missachtung des Rechts aufmerksam zu machen. Fragen über Fragen und keine befriedigenden Antworten. Wir warten weiter. Freiheit im Tunnel Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der behördlichen Abräumaktion auch die anschließenden Radwege im Verlauf der Bahnunterführung zum Opfer fielen, die zeitgleich mit den Radstreifen angelegt worden waren. Die Führung der Radwege im Bereich der Unterführung hatte zwar Mängel. Die waren aber der Tatsache geschuldet, dass die ursprünglich beim Bau der Unterführung für die Radwege vorgesehenen Flächen in Parkstreifen umgewandelt worden waren und niemand bereit war, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Allen Beteiligten der AG Radverkehr war bei der Abstimmung der Maßnahme klar, dass es sich um eine Kompromisslösung handelte, die aber im Interesse der Radfahrer lag. Im Zuge der Planung für die Fahrradroute wurden die Mängel vom ADFC in einer Stellungnahme benannt und entsprechende Verbesserungen beschlossen, die mit der Realisierung der Fahrradroute zur Umsetzung kommen sollen. Da die vorhandenen Radwegeschilder (Zeichen 241 StVO – getrennter Geh- und Radweg) demontiert wurden, der Radweg wegen der Markierungen aber weiter eindeutig als solcher erkennbar ist, handelt es sich rechtlich nun um einen sogenannten "Anderen Radweg", der zwar benutzt werden darf, aber nicht benutzt werden muss. Davon haben Frankfurts Radler doch schon lange geträumt: Endlich dürfen sie in einer engen, dunklen und staugeplagten Eisenbahnunterführung auf der Straße zwischen stehenden Autos Slalom fahren. Wenn das keine Verbesserung im Sinne der StVO-Novelle ist. Ausblick Da ich ein notorischer Optimist bin, gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die Diskussion um die Fehlentwicklung der StVO-Novelle in Frankfurt bei den Beteiligten doch noch zu einem Lernprozess führt. Schließlich kommt man auch auf Umwegen ans Ziel, auch wenn’s ein wenig länger dauert. Bis dahin wünscht fröhliches Radeln – trotz alledem Fritz Biel |
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