Ausgabe 1/2000 Jan. / Feb. |
Viele Höhen und Tiefen Schwarzwald und Schweiz 2. Folge Am 17.8.99 startete ich zu einer Reiseradtour mit Zelt durch den Schwarzwald und die Schweiz, wozu mich u.a. die neue Broschüre "Deutschland per Rad entdecken" und verschiedene Berichte über die neuen Schweizer Radrouten animiert hatten. Wie im letzten ffa berichtet, war ich am vierten Tag bis in die Nähe von Weißenbach bei Triberg gekommen. 5. Tag: Früh am Morgen wurde ich durch einen Schuß in der Nähe aufgeschreckt (vermutlich Jäger), packte rasch zusammen und schlug mich durch den Rest eines Sumpfgebietes aufs trockene Land durch. Vorbei am Naturfreundehaus erreichte ich die Straße nach Schönwald, wo ich den Schwarzwaldradweg wiederzufinden hoffte. War aber nichts, also weiter auf der Straße nach Furtwangen. Statt meiner Streckenführung fand ich dort einen Wegweiser zur Donauquelle, wo ich auch meinen Schwarzwaldradweg wieder fand. Über den Brend (1149 m), Altes Eck, Neukirch und Kaltenherberge gab es ausnahmsweise mal gute Wege zu befahren. Bald verlor ich die Beschilderung erneut und geriet am Ende auf eine autobahnmäßig ausgebaute Bundesstraße, auf der ich bis Neustadt hinunterraste. Mit Einkaufen war es dann doch nichts, da die Geschäfte in dieser Gegend samstags lange vor 16 Uhr schließen. In Titisee hätte ich jede Menge Andenkenramsch kaufen können. Da mich die Unmenge Menschen, offensichtlich Touristen, nervten, verließ ich See und Ort rasch wieder. Meine Streckenbeschreibung sagte mir, ich müßte über Saig fahren. Einen Wegweiser dorthin fand ich gleich. Der Weg war aber erst unfahrbar steil und brachte mich dann vor ein Schild, das in der Mitte einer Gabelung hing und besagte, dieser Weg sei wegen umgestürzter Bäume nicht begehbar. Welcher der beiden Wege gemeint sei, wurde vorsichtshalber nicht bekanntgegeben. Ich hielt mich an meinen Wegweiser. Es war natürlich die falsche Wahl. Zweimal tauchten umgestürzte Bäume auf. Einmal konnte ich das Rad mit Beladung rüberhieven, beim zweiten Mal ging’s nur einzeln. Schließlich war ich oben und froh, diese Strecke hinter mir zu haben. Über die Saiger Höhe, Glashütten und Bärental hatte ich eine Menge Steigung überwunden und wurde dann, zu meinem Ärger, fast zum anderen Ende des Titisees hinuntergeleitet. Dann ging es stetig, mitunter auch heftiger, bergauf durch den Wald Richtung Feldberg. Gegen 20 Uhr erreichte ich Feldberg-Ort. Da es relativ kühl und mir nicht nach Zelten zumute war, suchte ich mir ein Privatzimmer. Ein echter Glücksfall, für 35 DM erhielt ich quasi eine Ferienwohnung mit Bad, WC, Schrankküche, Fernseher und Terrasse. Da ich alles weidlich ausnutzen wollte, wurde es extrem spät. 6. bis 8. Tag: Völlig unausgeschlafen wurde ich von meiner Gastgeberin mit einem Frühstück überrascht, das alleine schon das Geld wert gewesen wäre. Sie hatte wahrlich aufgetragen, was Haus und Hof hergaben. (Ob sie das immer so macht, oder sah ich so verhungert aus?). Ich bemühte mich, gegen die Masse anzukommen, hatte aber keine Chance. Etwas bedauernd verabschiedete ich mich. Gleich erlebte ich die nächste Überraschung, denn mir war am Vorabend verborgen geblieben, daß der Gipfel des Feldberges gleich um die Ecke lag, nur wenige hundert Meter weiter. Bis zum Gipfel, bzw. den Gipfeln, da es sich eher um eine Doppelspitze handelt, galt es noch zwei bis drei kurze scharfe Anstiege zu bewältigen. Dann konnte ich die wunderbare Fernsicht genießen. Der Schwarzwaldradweg führt nicht über den Gipfel, sondern einige Meter darunter an ihm vorbei. Bei der Abfahrt auf der anderen Seite geschah es dann: Plötzlich knallte es und das Vorderrad versuchte auszubrechen. Zum Glück fuhr ich ziemlich langsam und konnte das Rad im Griff behalten und zum Stehen bringen. Statt des erwarteten Plattens stellte ich fest, daß die Vorderradfelge aufgerissen und damit hinüber war. Mir war so etwas noch nie passiert, aber ich hatte schon von Leuten gehört, die ihre Felgen durchgebremst hatten. Das schien mir die wahrscheinlichste Erklärung zu sein. Das Fahrrad war nicht mehr fahr- oder schiebbar. Auf einem zwar gut ausgebauten, aber wenig frequentierten Weg stehend, wußte ich nicht recht weiter. Ich hielt den nächsten PKW an und bat den Fahrer, mir ein Taxi zu bestellen. Während ich darauf wartete, sah ich mir die Karte an, wo ich denn überhaupt hinwollte/-sollte. Ich entschloß mich, nach Titisee-Neustadt zurückzukehren, da es dort ein Fahrradgeschäft, Bahnanschluß und Zeltplätze gab. Leider hatte ich die Entfernung unterschätzt und mußte dauernd auf den Taxameter starren, um mit meinem Geld hinzukommen. Ich hatte 60 DM bei mir und wir erreichten bei 53 DM den nächsten Campingplatz am Titisee. Also war ich fast pleite. Den Rest des Tages verbrachte ich auf dem Platz und mit einer Wanderung. Am nächsten Tag, Montag, wanderte ich mit dem Vorderrad in der Hand nach Neustadt, fand in einem der beiden Fahrradläden eine passende Felge, speichte selbst um, ließ den Händler zentrieren und hatte wieder ein ordentliches Vorderrad. Den Rest des Tages füllte eine weitere Wanderung. Abends brachte ich das Rad in Ordnung und wollte am nächsten Tag weiterfahren. Leider begann es in der Nacht zu regnen, hörte am Vormittag noch nicht auf, und so beschloß ich, erst morgen zu fahren. Nachmittags wanderte ich erneut, da es weniger regnete. Dabei lernte ich die Gegend so weit kennen, daß mir klar wurde, was für unsinnige Umwege ich vor meiner "Erstbefahrung" des Feldbergs am Samstag gemacht hatte. 9. Tag: Heute ging es wieder los. Ich kam genau 2,2 Kilometer weit, bis ich den ersten Platten am Vorderrad hatte. Ziemlich sauer tauschte ich nur den Schlauch aus. Vorerst fuhr ich die gleiche Strecke wie am Samstag über Feldberg-Ort, diesmal nicht über den Gipfel sondern gleich auf der anderen Seite wieder hinab. Tatsächlich kam ich fast genau bis zu der Stelle meines Felgenbruchs und ... wieder war es das Vorderrad! Im ersten Moment befürchtete ich schon das Schlimmste (Felgenbruch!), was dann folgte, war aber auch nicht viel angenehmer. Es wollte mir nicht gelingen, den (neuen!) Schlauch zu flicken. Bei näherer Betrachtung mußte ich feststellen, daß er fast rundherum Druckstellen aufwies. Diese stammten offensichtlich von den Nippellöchern, in die der Schlauch gedrückt worden war. Das Felgenband, das in der alten Felge klaglos seinen Dienst getan hatte, verrutschte in der neuen. Leider war die Sache provisorisch nicht hinzukriegen, da sich eine Tube Kleber, die ich jetzt neu öffnete, als eingetrocknet herausstellte, und ich keinen weiteren Ersatzschlauch mehr besaß. Also montierte ich den alten Schlauch wieder, er hielt zumindest genug Luft, daß ich eine gewisse Strecke schieben konnte, bis ich wieder pumpen mußte. Nach dieser mehrstündigen Aktion kam ich gegen 16 Uhr in Todtnau an. Es gab dort sogar einen gut ausgestatteten Fahrradhändler (er hatte mehr Felgen als der in Neustadt!), bei dem ich mich mit dem Benötigten eindecken konnte (Felgenband, Schlauch, Reparaturmaterial). Nachdem ich das montiert hatte, brachte er mir sogar noch (draußen, mit meinem Werkzeug, vielleicht aus Solidarität mit einem unglücklichen Reiseradler und daher kostenlos) meine Vorderradbremse in Ordnung, von der ich vorher überhaupt nicht gewußt hatte, daß mit ihr etwas nicht stimmte. Jetzt war es schon nach 18 Uhr, und ich war kaum ein paar Kilometer vorangekommen. Mit dem Schieben nach Todtnau hatte ich ohnehin erneut den Schwarzwaldradweg verlassen und hätte zurückgemusst, um ihn wieder aufzunehmen. Dazu hatte ich nicht die geringste Lust, ich wollte jetzt endlich ein Stück vorankommen. Ein Blick auf die Karte sagte mir, daß ich von Todtnau durch das Tal der Wiese direkt nach Lörrach kommen würde. Gedacht, getan. Der Weg ging meist bergab, ich trat ordentlich in die Pedale, konnte dabei die zweifellos vorhandenen Schönheiten dieses Tals sicher nicht in ausreichendem Maße würdigen, die Wege waren oft autofrei und trotzdem gut und ich erreichte nach 21 Uhr den Campingplatz in Lörrach. Als mir die Verwalterin erzählte, sie würde die Duschen in ca. einer halben Stunde schließen, ich sollte doch erst duschen und dann mein Zelt aufstellen, verließ ich ihn wieder. Campingplätze machen für mich nur Sinn, wenn ich dort in Ruhe duschen kann. Eine Alternative hatte ich schon vorher in einem großen Park an der Wiese ausgeguckt, dort schlug ich mein Zelt auf. 10.Tag: Heute nun endlich in die Schweiz, aber erst einmal noch einige Vorbereitungen treffen und Vorräte einkaufen! Dann radelte ich in Richtung Grenze, davor nahm mich eine Fahrradbeschilderung auf und leitete mich Richtung Basel. Der Weg führte an einer Wiese entlang, dann durch Wald, und plötzlich war ich in der Schweiz. Erkennbar war das lediglich an den anderen Nummern- und Straßenschildern. Die Strecke für Radfahrer zur Innenstadt war gut ausgeschildert. Dort fand ich in der Nähe einer Rheinbrücke und der Touristikinformation den Startwegweiser verschiedener Velorouten, auch zu der von mir geplanten Jura-Route. Im Ort war die Ausschilderung zwar durchaus nicht perfekt, aber mit etwas Phantasie (im Zweifel immer geradeaus) kam ich gut durch, besser auf jeden Fall als in den meisten deutschen Städten. So kam ich ohne großes Verfahren durch Basel in die freie Landschaft, die hier noch nicht viel hergibt. Um es vorwegzunehmen: Dies gilt auch für den größten Teil der Jura-Route. Wer öfter in den Vogelsberg kommt, kann sich diese Mittelgebirgslandschaft gut vorstellen. Hinter Flüh begannen die ersten Anstiege, und ich bemerkte ein erstes Hinweisschild auf die nächsten sieben Kilometer mit 360 Höhenmeter Steigung! Erst im Verlaufe des Anstiegs wurde mir die Bedeutung richtig klar. Nun, es sollten noch wesentlich schwerere Strecken mit den entsprechenden "Warnschildern" folgen. Nachmittags begann es dauerhaft zu regnen. In dem ländlichen Gebiet mit oft schmalen Straßen verhielten sich viele Autofahrer rücksichtslos. Abwechselnd war ich in der Schweiz und in Frankreich, die Wegweisung war trotzdem vorhanden. Nachtquartier dann auf einem fast leeren Campingplatz in Courgenay. Fortsetzung folgt Hans-Peter Heinrich |
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