Von Politikern lernen?
Wie schon im letzten ffa berichtet,
fand ein Fahrradprojekt der Albert-Schweitzer-Schule, Peter-Petersen-Schule und der
Wöhlerschule, geleitet vom Verein Umweltlernen Ffm, statt. Während der Projektwoche
lernten die Schüler aus drei fünften Klassen bei einer Rally rund um ihre Schulen erst
einmal wieder die Verkehrszeichen.
Als
erstes ging es darum, den Kids begreiflich zu machen, was der Tote Winkel ist. Es wurde
ein Auto auf den Schulhof gestellt. Die Kinder stellten sich darum herum auf und hielten
Nummern in der Hand. Dann durfte sich jeder mal hinters Steuer setzten und schauen, welche
Nummern man erkennen konnte.
Da das Projekt mit dem Fahrrad auch in die Umgebung der Schulen führen
sollte, wurde vor die großen Taten ein Reparaturtag gesetzt, an dem so mancher Schlauch
geflickt und andere scheinbar große Probleme gelöst wurden. Dann gab es noch einen
Geschicklichkeitsparcours zu bewältigen und endlich konnte es losgehen.
Die Kids befuhren in Gruppen ihre Schulwege nach Eschersheim, Ginnheim
und Berkersheim. Dabei achteten sie streng darauf, ob sich ihnen irgendein Hindernis in
den Weg stellte, wo ihre Sicht behindert wurde und wo sich sonst irgendwelche
Gefahrenstellen boten.
Das ganze wurde von Evi Abt vom Verein Umweltlernen mit tollen Fotos
dokomentiert, auf denen man eindrucksvoll nicht nur die Gefahrenstellen an sich
kennenlernt, sondern oft auch den Kontrast zwischen dem Kind auf dem Fahrrad und dem
großen schwarzen LKW, der ein auf dem Radweg fahrendes Kind womöglich übersieht.
Um das Ganze auch gleich an den zuständigen Mann zu bringen, trafen
einige der beteiligten Kinder im Rahmen der Kinderkarawane auf der IAA im September mit
Frankfurts Bürgermeister Achim Vandreike zusammen. Auf Einladung des Vereins Umweltlernen
war auch der ADFC vor Ort. Auf der Bühne der Kinderkarawane nahmen ungefähr 15 Kinder
Herrn Vandreike ins Verhör. Sie bemängelten, dass die meisten Autofahrer an
Zebrastreifen nicht anhalten, und forderten vor allem an einem in der Nähe der
Peter-Petersen-Schule gelegenen Überweg Kontrollen oder andere Maßnahmen, die Herr
Vandreike leider ablehnen mußte, da es der Stadt ja an Geld und Personal fehle.
Zwei Kinder beschwerten sich, daß auf ihren Schulwegen in der
Ahornstraße und der Zuckschwerdtstraße Ampeln vorhanden seien, die eine zu kurze
Grünphase haben. Die Kinder könnten die Straßen nicht schnell genug überqueren. Herr
Vandreike antwortete darauf, die Kids müssten sich keine Sorgen machen, denn es sei genug
Zeit, bis die Autos losfahren dürften. Dass dem nicht so ist, weiß ich aus eigener
Erfahrung.
Weiter monierten die Kinder, an vielen Ampeln müsse man sehr lange
warten, bis sie grün zeigen, an einer hatte ein Mädchen sogar fast 5 Minuten gemessen.
Ein Junge wollte damit sein Zuspätkommen zur Schule entschuldigen, aber das gab meiner
Meinung nach Herrn Vandreike kein Recht, die Kids dermaßen wenig ernst zu nehmen, ja sie
einfach unterzubuttern, mit der Behauptung, in Frankfurt sei keine Ampel für Fußgänger
länger als 90 Sekunden Rot. Die Erfahrungen der Kids wurden mit einer Armbewegung
weggewischt, als wäre überhaupt nichts daran. Immerhin: damit sich Herr Vandreike von
der Situation an dieser Ampel selbst überzeugen konnte, wurde auf Initiative der Kinder
ein Ortstermin ausgemacht: am Montag nach der Diskussion, vor Schulbeginn.
Als letztes sprach ein Junge das Problem an, daß er sich nicht traue,
auf der Eschersheimer Landstraße die Fahrbahn zu benutzen. Wenn er aber auf dem
Bürgersteig fährt, werde er oft von Erwachsenen auf die Straße verwiesen. An diesem
Punkt hat Herr Vandreike die Perspektive der Kids noch einmal geprägt, mit der Antwort
(und weiten Armbewegungen) " ...Das ist ja auch eine Autostraße und keine
Fahrradstraße". Insgesamt war ich von den Aussagen von Bürgermeister Vandreike sehr
enttäuscht. Ich habe natürlich nicht erwartet, daß er irgendwelche Versprechen abgeben
würde. Zumindest aber hätte er die Kids wesentlich ernster nehmen sollen, denn das war
das Mindeste, was auch sie erwarten durften.
Alexandra Schmehl
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