Ausgabe 6/1999 Nov. / Dez. |
Dürfen Radfahrer jetzt eigentlich alles?
Die Überschrift der ADFC-Kampagne, mit der die neuen Verkehrsregeln für Radfahrer vorgestellt wurden, hat sicherlich manchem Verkehrsteilnehmer den Angstschweiß auf die Stirn getrieben. Aber alle Befürchtungen sind umsonst, auch nach der neuen Straßenverkehrs-Ordnung haben sich Radler/innen an Regeln und Gesetze zu halten. Aber selbstkritisch müssen wir uns fragen - tun sie es auch? Leider nicht alle. Eine Todsünde ist das Überqueren einer Kreuzung oder Straße bei rot geschalteter Ampel; es ist zugleich eine der häufigsten Gesetzesüberschreitungen aller Radfahrer. Hierbei kommt dem oder der Übeltäter/in die Beweglichkeit des Fahrrades zugute. Mal eben zwischen zwei Autos oder anderen Verkehrsteilnehmern hindurchzuschlüpfen ist aber lebensgefährlich und teuer obendrein. Die Polizei kennt bei ertappten Sündern - zu Recht - keine Gnade. Sie werden zur Kasse gebeten, in der Regel nicht unter 50 DM. Bei Ampeln gilt die schon im Kindergarten erlernte Regel: "Bei Rot bleib steh’n, bei Grün kannst Du geh’n (oder fahren)." Sehr beliebt ist auch das Fahren auf der verkehrten Straßenseite. Für ein kurzes Stück dürfen wir es, denken anscheinend einige Radler. Sie übersehen aber, daß es gerade hierbei zu Unfällen mit älteren Mitbürgern und Kindern kommen kann, die sich auf den in der Regel sehr engen Radwegen nicht mehr oder noch nicht so sicher bewegen können. Das hierdurch entstehende Gefahrenpotential sollte Grund genug sein, auf solche Fahrmanöver zu verzichten; nicht umsonst hat der Gesetzgeber auch diesen Verstoß mit hohen Bußgeldern belegt. Für das Radfahren in reinen Fußgängerzonen gibt es auch keine Entschuldigung. Es ist rücksichtslos. Ebenso lebensgefährlich wie das Mißachten einer roten Ampel ist das Fahren mit einer defekten Licht- oder Bremsanlage. Bei den hohen Geschwindigkeiten, die auch Radler erreichen, kann eine defekte Bremse fatale Folgen nach sich ziehen; über Fahren bei Dunkelheit ohne Licht ist schon soviel gesprochen worden, daß wir an dieser Stelle darauf nicht weiter eingehen wollen. Aber warum ignorieren manche Radfahrer Verkehrsregeln? Ganz sicher gibt es auch unter ihnen, wie auch unter anderen Verkehrsteilnehmern, rücksichtslose Zeitgenossen. Aber wir stellen auch immer wieder fest, daß die Infrastruktur den Radfahrern nicht gerecht wird. Die Verkehrsplanung orientiert sich fast immer am Autoverkehr, außerdem wird der Radfahrer von vielen Autofahrern noch nicht als vollwertiger Verkehrsteilnehmer akzeptiert. Die Pflicht zum Erwerb einer Radfahrkarte, wie zu Anfang dieses Jahrhunderts, ist sicher kein Ausweg, wie es die Sündenstatistik der führerscheinbesitzenden Autofahrer zeigt. Die StVO-Novelle mit den Verbesserungen für uns Radfahrer und der Anerkennung als gleichwertiger Verkehrsteilnehmer, verbunden mit immer wiederkehrenden Appellen auf gegenseitige Rücksichtnahme, dürfte eher ein Schritt in die richtige Richtung sein. Norbert Bieder im Leezenkurier Herbst/Frühjahr 1998/1999 |
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