Call a Bike oder Rufer in der Wüste
Am 9.5.99 war der FAZ zu entnehmen, daß die Münchener
"Call a Bike Mobilitätssysteme AG" für das Jahr 2000 oder 2001 plant, ihr
Projekt "Callbikes" auf Frankfurt zu übertragen. Auch der Frankfurter
Baudezernent Horst Hemzal (CDU) lobe das Vorhaben als sinnvolle Ergänzung der bereits
vorhandenen Nahverkehrssysteme. Die 1992 in der Stadtverordnetenversammlung verabschiedete
Radverkehrskonzeption, die nun umgesetzt werde, sorge für die erforderliche
Infrastruktur.
C
all a Bike will an jeder Telefonzelle in der Innenstadt mehrere
Fahrräder bereitstellen. Wer eines benutzen möchte, ruft die Zentrale des
Fahrradverleihs an, teilt die Nummer des gewünschten Callbikes und seine persönliche
Nummer mit und bekommt einen 4stelligen Code mitgeteilt, mit dem er das elektronische
Schloß am Fahrrad öffnet. Bis zu 48 Stunden kann es benutzt werden, Abschließen und
Öffnen sind jederzeit möglich. Rückgabe erfolgt durch Anschliessen bei einer
Telefonzelle. Eine Stunde kostet 1,50 Euro, wobei man mit ca. 40 % Schwundrädern pro Jahr
rechnet. Nachdem der Verfasserin vom FAZ-Redakteur bestätigt wurde, daß es sich bei der
Meldung nicht um einen verspäteten Aprilscherz handelt, wünscht sie dem Unternehmen viel
Erfolg.
Wird die patentierte Geschäftsidee eine Marktlücke füllen? Warten
die FrankfurterInnen sehnsüchtig auf überall verfügbare Räder? Oder rostet in fast
jedem Keller irgendein Velo auf Plattfüßen vor sich hin? Das ist nämlich a) leicht
antiquiert, und b) müßte man sich aufraffen, es aus dem Verschlag zu holen. Aber vor dem
Haus gibt's keine Abstellanlage, der Weg zum Einkaufsziel führt durch den
Großstadtdschungel mit Lärm, Mief und Gefahren. Und vor welchem Ziel in der Stadt fände
man eine gute Möglichkeit zum Abstellen? Nicht alle sind so leidensfähig wie
eingeschworene ADFC-Mitglieder.
Den Problemen a) und b) gäbe ein Call a Bike tatsächlich einen Kick,
laut homepage (
www. callabike.de
) soll Abstellen
überall möglich sein, und originelles, solides Material angeboten werden. Daher wird im
Internet schon mal die Anmeldung zum Aktienkauf empfohlen, die jüngste Emission sei
Anfang Juni 1999 mehrfach überzeichnet worden. Na, wenn ich schon kein Rad habe,
Wertpapiere von Call a bike sind leichter zu parken, und Abstürze übern Aktien-Lenker
kommen nur gelegentlich.
Wie dem auch sei: wenn die Radverkehrskonzeption von 1992 mit sicherer
Verkehrsführung auf Stadtteilebene und übergreifend umgesetzt wäre, wenn Vermieter und
Läden ordentliche Abstellanlagen für ihre KundInnen zur Verfügung stellen würden - ja,
dann würde mancheR auch sein Rad entstauben und bald Appetit auf ein modernes Bike
verspüren, mit dem es eine Lust ist, mobil zu sein. Und vielleicht auch gelegentlich mal
für Gäste ein Call a Bike rufen. Bis dahin ist das Statement unseres derzeit für Bau
zuständigen CDU-Dezernenten, Herrn Hemzal, immerhin ein vorsichtiger Hinweis, daß auch
er sieht: die erforderliche Infrastruktur ist (immerhin!) noch Projekt.
Freya Linder
|