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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Die Stadt hat einen Plan – sogar einen „Masterplan“!

Im Mai 2023 hat die Stadt Frankfurt das Ergebnis eines rund eineinhalb Jahre dauernden Prozesses zur Gestaltung des zukünftigen Verkehrs vorgestellt, an dem zahlreiche Verbände, einschließlich ADFC, sowie Tausende Einzelpersonen beteiligt gewesen sind: den Masterplan Mobilität.

Schon im Jahr 2019 forderten unter anderem die Frankfurter Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer, der Handelsverband, der Dachverband der Gewerbevereine und die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände in einem offenen Brief einen „strategischen Masterplan zur Verkehrsinfrastruktur und Mobilität in Frankfurt am Main“ von der Stadt Frankfurt, um die Stadt fit für die Zukunft zu machen.

Stadt Frankfurt am Main

Ende 2021 wurde dem Wunsch entsprochen und die Erarbeitung des Konzeptes gestartet, das den starren und inhaltlich zum Glück an vielen Stellen überholten Gesamtverkehrsplan aus dem Jahr 2005 ablösen soll. Die großangelegte und sehr aufwendige Beteiligung von Verbänden, Gruppen und Privatpersonen war dabei das Kernelement.

Bei mehreren öffentlichen und teilweise auch digital angebotenen Mobilitätsforen haben rund 800 Menschen ihre Wünsche, Ideen und Prioritäten eingebracht, die dann gesammelt und ausgewertet wurden. Der ADFC war natürlich auch, neben vielen weiteren Verbänden und den oben genannten Organisationen der Wirtschaft, im Fachbeirat vertreten. Für mehr Diversität wurde zusätzlich eine Gruppe aus Frankfurterinnen und Frankfurtern ausgelost, die sich darüber einbringen konnten. Außerdem gab es eine Kinder- und Jugendbeteiligung, an der etwa 1.700 junge Menschen mitwirkten, und ihre Zukunft aktiv mitzugestalten. Mangelndes Interesse kann den jungen Menschen hier definitiv nicht unterstellt werden. Insgesamt beteiligten sich innerhalb des einen Jahres rund 3.000 Personen, eine so breite Öffentlichkeitsbeteiligung ist alles andere als alltäglich!

Das Ergebnis wurde im Mai 2023 von den beauftragten externen Dienstleistern vorgestellt und ist 200 Seiten stark. Neben der Vorstellung des Prozesses und der Bestandsanalyse sind für uns vor allem die Handlungsempfehlungen für die Stadtverwaltung interessant: Sie geben die zukünftige Richtung für die vielen verschiedenen Aufgaben vor.

„Effizienz“ oder „Umstieg“?

Im Laufe der Beteiligung entstanden zwei mögliche Szenarien: entweder versucht man die bestehenden Stau-, Lärm-, Abgas-, Klima-, Unfall- und Wirtschaftsprobleme lediglich mit technischen Maßnahmen (Wechsel auf Elektromobilität, autonomes Fahren, vernetzte Ampelanlagen usw.) zu lösen oder man stellt die Menschen in den Mittelpunkt und versucht damit sowohl die Probleme zu lösen als auch die Bedürfnisse durch den Ausbau der Alternativen zum Auto zu befriedigen. Das letztere Szenario („Umstieg“) ist deutlich ambitionierter und geht mit seinen Maßnahmen weit über das erste („Effizienz“) hinaus. Frankfurt wäre aber nicht Frankfurt, wenn sich nicht eine deutliche Mehrheit für den deutlich anspruchsvolleren „Umstieg“ ausgesprochen hätte!

Was heißt das nun konkret für die Stadt? Kurz zusammengefasst sollen der Fuß- und Radverkehr und ÖPNV deutlich ausgebaut, gefördert bzw. attraktiver gestaltet werden, während der motorisierte Lieferverkehr möglich bleibt, Handwerksbetriebe ihre Kundschaft erreichen und der sonstige notwendige motorisierte Individualverkehr effizienter werden muss.

Das fängt bei barrierefreien Gehwegen und Kreuzungen an, geht über den Ausbau der baulich getrennten Radwege und Radweg-Lückenschlüsse – inklusive Brücken! – Priorisierung von Radverkehr und ÖPNV an Ampelanlagen bis zum gegenüber dem Kraftverkehr priorisierten Winterdienst und dem Ausbau des Schulradwegenetzes. Um gegen die gefährlichen Auto-Elterntaxis vorzugehen, sollen auch Initiativen unterstützt werden, die sich für eine Verkehrsberuhigung in diesem besonders sensiblen Bereich einsetzen – auch durch die zeitweise Sperrung von Straßen für Autoverkehr vor Schulen. Im Gegenzug sollen natürlich auch weiterhin neue Fahrradabstellanlagen an Schulen und in der restlichen Stadt errichtet werden.

Den Beteiligten ist dabei bewusst, dass der Platz für die genannten Maßnahmen irgendwo herkommen muss und dass dafür zum Beispiel auch die bisher nahezu oder komplett kostenfrei zur Verfügung gestellten Auto-Abstellflächen im öffentlichen Raum reduziert werden müssen. Das schafft nebenbei auch Platz für Carsharing-Angebote. Auch zukünftig wird es sicherlich Kritik daran geben, wenn Fahrstreifen und Parkplätze für Alternativen umgewidmet werden. Es ist allerdings völlig realitätsfern, dass man zuerst die Alternativen ausbaut, ohne bestehenden Platz umzuwidmen – es sei denn, wir reißen wie in den 60er Jahren reihenweise Wohnhäuser und Vorgärten ab. Diese Zeiten haben wir aber zum Glück hinter uns gelassen, die Straßen sind seitdem mehr als breit genug.

Ansgar Hegerfeld
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Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe ist die offizielle Verabschiedung des Masterplans Mobilität durch die Stadtverordnetenversammlung noch nicht erfolgt. Durch die außergewöhnliche lange, intensive und umfangreiche Beteiligung aller Interessierten sollte dies aber nur noch eine Formalie sein. Wer es genauer wissen möchte, kann sich die zahlreichen Maßnahmen ab Seite 121 im Detail angucken:

adfc-hessen.de/=PL0L