Tabu gebrochen
Radverkehr gegen die Einbahnstraße - kein Tabu mehr in Bad Homburg Der ADFC Bad Homburg fordert bereits seit Jahren die Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer in Tempo 30-Zonen. Jetzt hat unter dem neuen OB Korwisi ein Umdenken in der Stadtverwaltung stattgefunden.
Im Zuge der Fortschreibung des Radverkehrskonzepts, das die Stadt in Auftrag gegeben hatte und an dem neben den im Parlament vertretenen Parteien auch der ADFC maßgeblich mitgearbeitet hat, wurden zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung die Radwegesnetzes innerhalb der Stadt entwickelt.
Ein wesentlicher Fortschritt ist die Realisierung der seit Jahren vom ADFC erhobenen Forderung, auf ausgesuchten, netzrelevanten Einbahnstraßen Radfahrer für den Gegenverkehr zuzulassen. 5 von 13 dieser netzrelevanten Einbahnstraßen wurden zwischenzeitlich bereits geöffnet: (Fritz-Rolle-Straße, Pestalozzistraße, Feldstraße, Schwedenpfad, Mariannenweg), weitere drei sind beschlossen (Kronberger Straße, Haberweg, Georg-Schudt-Straße). Für die verbleibenden fünf hat die Stadt einen Prüfauftrag (Schulberg, Frölingstraße, Kaiser-Friedrich-Promenade, Castillostraße, Paul-Ehrlich-Weg).
Dem Schulberg kommt hier aus ADFC-Sicht besondere Bedeutung zu, da er als Verlängerung der Fußgängerzone die direkte Verbindung zur Ritter-von-Marx-Brücke stadtauswärts darstellt. Einzig und allein die wenigen Parkplätze am Schulberg müssten aufgegeben werden, um die erforderliche Spurbreite für PKWs und Radfahrer zu erreichen. Das immer wieder angeführte Argument, dass dabei für den Einzelhandel wichtige Parkflächen verloren gingen, greift aus ADFC-Sicht nicht. Diese Parkflächen werden ohnehin nicht von potenziellen Kunden des Schulbergs genutzt, die mal eben zum Konditor oder dem nahe gelegenen Blumenladen wollen, sondern von Dauerparkern, die sich über einen kostenlosen Parkplatz freuen. Einkaufswilligen bietet die Schlossgarage in unmittelbarer Nähe genügend Parkraum, ebenso der gleichfalls in Fußnähe gelegene kostenfreie Heuchelbachplatz. Man darf gespannt sein, wie sich die Stadt hier positionieren wird.
Neben der Öffnung der genannten Einbahnstraßen wird in dem neu erarbeiteten Radverkehrskonzept, das inzwischen als Entwurf der Stadt vorgelegt wurde, auch die Öffnung der Fußgängerzone wochentags zwischen 20:00 Uhr und 9:00 Uhr sowie ganztägig an Sonn- und Feiertagen empfohlen. Ziel ist es auch hier, die Durchlässigkeit des Radwegenetzes innerhalb von Bad Homburg zu erhöhen, Der ADFC hätte zwar gerne ein größeres Zeitfenster gesehen, aber dafür war in der Arbeitsgruppe keine Mehrheit zu finden.
Ein Novum für Bad Homburg dürfte die empfohlene Einrichtung von "Fahrradstraßen" (siehe Kasten oben) sein. Gedacht ist hier an die Jakobistraße als Zufahrt zur Humboltschule sowie den Weinbergsweg und Auf der Steinkaut als viel befahrene Schülertrasse zum Kaiserin-Friedrich-Gymnasium. Man kann nur hoffen, dass die Stadt den Mut aufbringt, dieses Pilotprojekt, das anderenorts bereits erfolgreich praktiziert wird, auch in Bad Homburg zu wagen.
Neben vielen positiven und innovativen Ansätzen des Konzepts bleibt die Golfplatzquerung der Freizeit-Rundroute um Bad Homburg weiterhin eine Gefahrenquelle, so lange dort über den Radweg hinweg abgeschlagen werden darf. Zwar wird die Einschätzung des ADFC von der Beraterfirma geteilt, eine wirkliche Lösung des Problems ist aber nicht erkennbar. Es bleibt also bei der Forderung des ADFC, entweder den Radrundweg um den Golfplatz herum entlang der Saalburgchaussee zu führen oder den Golfclub zu zwingen, den Abschlagplatz hinter den Radweg zu verlegen.
Insgesamt gebührt der Stadt aber uneingeschränktes Lob dafür, dass sie eine radverkehrsorientierte Beraterfirma unbelastet von inhaltlichen Vorgaben damit beauftragt hat, das Radverkehrskonzept unter Beteiligung radverkehrsrelevanter Gruppen zu optimieren. Dies ist in weiten Teilen gelungen. Jetzt ist die Stadt am Zug, das neue Radverkehrskonzept zu beschließen und die Empfehlungen umzusetzen. Man darf gespannt sein.
Bernhard Wiedemann
Verkehrspolitischer Sprecher
des ADFC Bad Homburg