Radverkehr im Theatertunnel - ein seltenes Ereignis in Frankfurt.
Fotos: Ecki Wolf
Die erste Frankfurter "bike-night"
Am 13.08.11 war es soweit: nach langer Vorbereitung sollte die erste Frankfurter bike-night um 20:30 Uhr in die Nacht starten. Alle Ordner wollten sich ab 19:30 Uhr im Hof hinter dem Römer einfinden. Ich selbst war bereits um 19:15 Uhr vor Ort und - ich war allein! Mein Blick nach oben ließ nichts Gutes erwarten: der Himmel grau, aber (noch) kein Regen! Wieviele werden kommen? Solche Momente erzeugen bleibende Erinnerungen bei dem, der "an allem Schuld" ist!
Um 19:20 Uhr kamen zu meiner Freude die ersten Ordner. Dann brauche ich doch nicht alleine zu fahren, dachte ich erleichtert. Ein paar Minuten später wurden es mehr und um 19:30 Uhr war der Innenhof mit vielen Freunden gefüllt, die alle die gleiche "adfc-team"-Weste anzogen und mit mir erwartungsvoll in die nächsten Stunden blickten. Von Kassel bis zur Bergstraße und von Weibersbrunn bis zum Rheinland waren sie gekommen, um an ihrer bike-night mitzuarbeiten.
Auch vor dem Römer tat sich was. Waren es zunächst sehr viele "Westenträger", wandelte sich das Bild zusehends. Irgendwann reichte der Römerberg nicht mehr aus und wir mussten anfangen, die Radler auf dem Platz zu "stauen". Hierbei half vor allem unser "Lautsprecherwagen", Eigentum von Eckehard "Ecki" Wolf und von ihm selbst professionell umgelötete Druckkammer-Lautsprecher von Verdi. Sein Auto fuhr übrigens kein geringerer als unser Bertram Giebeler, während "Ecki" die Fotos schoss, die man später in Zeitungen und im Web bewundern konnte. DJ im Auto war Ellen de Visser - sie sorgte während der Tour für den "guten Ton"! Als auch das "Stauen" per Lautsprecher nicht mehr half, beschlossen wir loszufahren. Das war um 20:45 Uhr.
Für die meisten war es sicher ein erhebendes Gefühl, mit dem Fahrrad in den sonst für Radler gesperrten Theatertunnel zu fahren. Stefan Majer, Frankfurts Verkehrsdezernent, fuhr mit zwei Mitarbeiter des Radfahrbüros Frankfurt und mir voraus, um die erste große Kreuzung am Hauptbahnhof abzusichern. Er hatte sich das nicht nehmen lassen und das freute mich sehr. Der Zug der Teilnehmer, der an uns vorbeizog, nahm scheinbar kein Ende. Hinterher erfuhren wir, dass das erst einmal "nur" 1.200 waren. Aber: seit 20:00 Uhr berichteten die großen Rundfunksender von der bike-night, mehr noch als in den Tagen zuvor. Die Meldungen zur gesperrten Autobahn brachten dann weitere Radfahrer gerade dorthin. Mittlerweile hatte sich die Teilnehmerzahl, erneut gezählt, mehr als verdoppelt!
Nicht zufällig gab es zu dieser Autobahnfahrt dann später auch die meisten Bilder in der Presse, denn erstmalig wurde für uns Radler eine Autobahn im Rhein-Main-Gebiet gesperrt!
Werner Buthe (ADFC Frankfurt) ist an allem Schuld, Frankfurts Verkehrsdezernent Stefan Majer passt auf und der hessische ADFC-Vorsitzende Volkmar Gerstein hat seinen Spaß dabei
An der Abfahrt zum Rebstockgelände nahm die Polizei die fröhliche Herde in Empfang und geleitete sie sicher zum Rebstockgelände. Auf der dortigen kleinen "Kundgebung" sprachen sowohl Volkmar Gerstein vom ADFC Landesverband Hessen als auch Stefan Majer noch ein paar Worte zum Motto "Miteinander" der bike-night. Während ich auf unserer kleinen "Bühne" stand, sah ich in der Ferne weitere Teilnehmer zu uns stoßen - es nahm kein Ende!
Schließlich ging es zum nächsten Highlight: die komplette Mainzer Landstraße war für uns gesperrt - alle Spuren und alle Richtungen inklusive der Straßenbahngleise! Auch dies geschah für Radler erstmals in Frankfurt. Zur Freude aller erhöhten wir hier das Tempo, was uns jedoch schnell an den Rand unserer Leistungsfähigkeit brachte. Zuerst gingen uns vorne die Ordner aus und dann sogar die begleitenden Polizeikräfte. Also ging es nun langsamer in die Innenstadt. Im Bahnhofsviertel waren wir dann über 3.000 Teilnehmer - als die ersten vorne das Bahnhofsviertel schon wieder verließen, war das Ende hinten noch nicht einmal am Platz der Republik.
Die großen mehrspurigen Straßen wie Hochstraße, Bleichstraße, Alleenring etc. kennt man zwar, aber in so einer großen Truppe erlebt auch jemand wie ich diese Straßen selten, obwohl ich durch meine ADFC-Touren in Frankfurt und der Mitarbeit bei der Critical-Mass immer wieder mit großen Radlergruppen zu tun habe.
An der Eissporthalle ging dann alles etwas schnell zu Ende, wobei dort wegen des einsetzenden Regens gar nicht mehr alle Mitfahrer angekommen waren. Die Crew von swiss-break, bei der wir letztes Jahr in MyZeil einkehrten ("Frankfurt bei Nacht"), hatte tapfer im Regen ausgehalten, um uns restliche Teilnehmer zu stärken, aber sie konnten natürlich mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Später erfuhr ich, dass sie doch recht viel der Frankfurter Tafel spendeten.
Ich hatte mich bereits in den Vorgesprächen mit den Behörden darum bemüht, dass die Straßensperrungen zeitlich so kurz wie nur unbedingt nötig ausfallen. Wir haben uns an den Night-Skatern orientiert, was uns auch mit den kurzfristigen Bedarfssperrungen ganz gut gelungen ist. Außerdem hatten wir im Vorfeld bereits diese Verkehrsbehinderungen über die Website kommuniziert und alle Rundfunksender rechtzeitig informiert. Eine erfolgreiche Strategie, wie sich zeigen sollte. Niemand, der warten musste, beschwerte sich, sondern viele zeigten sich interessiert und sogar begeistert. Bestimmt half auch ein wenig unser Logo-Schild, das viele der über 100 Ordner an ihren Rädern befestigt hatten.
Die Radlerschar war ein bunter Mix aller Bevölkerungsschichten, die zusammen das "Miteinander" lebten, das ja das Motto der Veranstaltung war. Die jüngste Teilnehmerin war übrigens 14 Monate alt und der älteste 86 Jahre! An Fahrrädern war alles zu sehen: Tandems, Lastenräder mit Lautsprechern, Liegeräder, Fixies - die ganze Palette. Dass die Polizei keinerlei Beschwerden über den Notruf hereinbekam, bestätigte den positiven Gesamteindruck noch.
Für die meisten wurde durch diese Tour das Motto-Wort "Miteinander" neu definiert und es war wohl das Größte, was sie je auf dem Rad erlebt haben. Dies gilt sowohl für die Teilnehmer, wie ich aus vielen Rückmeldungen weiß, als auch durch die Arbeit vorher, die durch die bike-night-Crew geleistet wurde. Diese rekrutierte sich aus dem ganzen Hessenland, vor allem aber aus vielen Frankfurtern, wie ich den Ordnerlisten später entnehmen konnte. An euch alle in nah und fern, ob Teilnehmer, Mitorganisator oder Ordner, richtet sich mein Dank und ich hoffe, dass wir es nächstes Jahr noch besser hinbekommen werden. Wir wollen weiter wachsen, denn in Metropolen wie Berlin zeigen wir vom ADFC mit sechsstelligen(!) Teilnehmerzahlen bereits deutlich, dass für solche Events auch ein Bedarf besteht. Wir haben jetzt in Frankfurt "klein" angefangen - und wir machen weiter!
www.bike-night.de
Werner Buthe