Was ist eigentlich ein Velodrom?
Der Bahnradsport steckt voller abgefahrener Begriffe. Sei es die blaue Markierung am unteren Fahrbahnrand mit dem schillernden Namen Côte d’azur oder Wettkampfformate mit Bezeichnungen wie Omnium, Madison und Scratch. Ganz zu schweigen von Keirin, der japanischen Version des Bahnradfahrens, die 1948 als Wettsport eingeführt wurde und bei der Mopeds das Tempo angeben. Hier soll es aber um das Velodrom gehen – den Austragungsort der Bahnradrennen.
Aufstieg und Fall des Velodroms
Wie der französisch klingende Name vermuten lässt, wurde die erste Radrennbahn der Welt 1869 in Paris gebaut. Deutschland zog in den 1880er Jahren mit einer passenden Sportstätte in München nach, wo 1886 das erste Profiradrennen Deutschlands stattfand, das sogar mit 1.000 Mark dotiert war. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte schossen mehr und mehr Velodrome aus dem Boden, sodass es zeitweise fast in jeder deutschen Stadt eins gab, natürlich auch in Frankfurt (s. dazu Frankfurt aktuell 2024-01). Die Hallen erfreuten sich unter anderem deshalb so großer Beliebtheit, da das Radeln im Straßenverkehr teilweise verboten war und diese ohnehin eine für Räder extrem ungünstige Beschaffenheit hatten. Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass nicht alles, was damals als Velodrom firmierte, mit den heutigen Rennbahnen vergleichbar ist. Ein weiterer Grund war die steigende Popularität von Sechstagerennen, die oft von einem unterhaltsamen Rahmenprogramm begleitet wurden. Was das Bahnradfahren so spektakulär macht, ist natürlich die besondere Architektur des Velodroms mit der bis zu 60 Grad angewinkelten Fahrbahn. Die Schräglage der Sportler:innen, die übrigens immer gegen den Uhrzeigersinn fahren, ist jedes Mal wieder beeindruckend anzusehen. Auch in der Frankfurter Festhalle wurde bis 1981 einmal im Jahr für ein Sechstagerennen eine Rennbahn aufgebaut. Reste der Bahn lagern noch im Archiv der Messe Frankfurt.
The Need for Speed
Die Höchstgeschwindigkeiten beim Bahnradsprint liegen bei bis zu 80 km/h. Doch wie ist das überhaupt möglich? Zunächst mal, weil die Fahrerinnen und Fahrer scheinbar Oberschenkel aus Stahl haben und damit beim Treten kurzzeitig bis zu 2.000 Watt erreichen können. Der zweite große Punkt ist die Aerodynamik. Die Athlet:innen falten sich auf dem Rad regelrecht zusammen, um der Luft so wenig Widerstand wie möglich zu bieten – eine extrem kraftintensive Körperhaltung. Glatte Kleidung und ein windschnittiger Helm helfen ebenfalls, doch den größten Unterschied macht wahrscheinlich das Rad selbst. Bahnräder sind mit 6,8 kg sehr leicht, haben keine Bremsen und nur einen starren Gang. Die Reifen sind super schmal und werden mit bis zu 14 bar aufgepumpt. Auf dem glatten Holzboden des Velodroms ist der Rollwiderstand somit minimal und es können die oben genannten Höchstgeschwindigkeiten erreicht werden. Für eine Spazierfahrt im Gelände sind die Räder aufgrund dieser Eigenschaften aber eher nicht geeignet. Und dann wäre da noch der Preis, der zwischen 10.000 – 100.000 Euro liegen kann…
„Das Holzoval gibt einem so viel zurück“
Und heute? Auch wenn es bei weitem nicht mehr so viele Velodrome wie früher gibt, erfreut sich das Bahnradfahren immer noch großer Beliebtheit. Seit seiner Entstehung war es übrigens bei allen Olympischen Sommerspielen dabei und sorgte auch dieses Jahr in Paris wieder für große Emotionen. Was macht die Sportart so besonders, wollen wir zum Abschluss von Pauline Grabosch, mehrfache Weltmeisterin im Teamsprint, wissen. Die sympathische 26-Jährige verrät: „Das Bahnradfahren macht das Adrenalin, die Präzision und die kurzen Strecken aus. Alles muss auf den Punkt genau stimmen. Das Holzoval gibt einem so viel zurück!“