Bad Vilbel/Karben
Bad Vilbeler Kreisverkehr – alte und neue Hindernisse
Bad Vilbel zeichnet sich durch eine Vielzahl von Kreisverkehrsanlagen (KVA) aus. Auf deren Nachteile und Probleme für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer:innen hat bereits vor mehr als zehn Jahren der frühere Radverkehrsbeauftragte der Stadt, Dr. Joachim Brendel, wiederholt aufmerksam gemacht. Verändert hat sich leider wenig.
Kreisverkehrsanlagen bieten zunächst einige Vorzüge gegenüber anderen Lösungen für kreuzenden Straßenverkehr. Sie vermeiden Ampelanlagen, reduzieren Geschwindigkeiten und begrenzen Unfallrisiken durch besser beobachtbaren Querverkehr. Von Radfahrenden und zu Fuß Gehenden verlangen sie im besten Fall nur umständliche und weitläufige Umrundungsstrecken, die das Vorwärtskommen verzögern.
KVA sind im Hinblick auf den fließenden Autoverkehr konzipiert. Eine Befahrung der Fahrbahn größerer KVA durch Radfahrende empfhielt sich selten, da Autofahrende gerade hier nicht mit Fahrrädern rechnen und die üblichen Regeln des Rechtsfahrgebots nicht sachgemäß anwendbar sind. Da er im Grundkonzept von KVA nicht vorgesehen ist, muss sich der Radverkehr über nachträgliche Lösungen anpassen, und das ist vielfach „Flickschusterei“.
Die Schwierigkeiten einer Integration von Radverkehr und dessen fragwürdige Lösungen lassen sich an der KVA in Bad Vilbel am Übergang der Frankfurter Straße auf die B 521 idealtypisch ablesen. Sind manche Regelungen schon grundsätzlich fragwürdig, so stellen zusätzliche Eingriffe wegen aktueller Baustellen selbst wohlwollende Radelnde auf eine harte Probe.
Hat man sich in Richtung Frankfurt auf dem Radstreifen an der Frankfurter Straße den Schöllberg hinaufgekämpft, so fällt der Blick seit einiger Zeit auf ein Warnschild, versehen mit der Aufforderung „Radfahrer absteigen“ – immerhin mitten auf dem ausschließlichen, benutzungspflichten Radweg. Die (rechtlich nicht bindende) Aufforderung dürfte zumeist ignoriert werden. Im Zuge der Bauarbeiten auf der Alten Frankfurter Straße wurde auf dem stark ansteigenden Radweg am schmalsten Teilstück der Straße eine Ausweich-Bushaltestelle für die Buslinie 30 eingerichtet. Angesichts der begrenzten Wegfläche mit Sitzbank am Wegrand sind Konflikte zwischen wartenden Fahrgästen und Radfahrenden vorprogrammiert.
Die Ausweich-Bushaltestelle ist eine zeitlich begrenzte Lösung, sie demonstriert nichtsdestoweniger die bei Eingriffen in den Radverkehr oftmals waltende Sorglosigkeit. Alternative Lösungen für die Haltestelle hätten bedeutet, dem Autoverkehr etwas Flächenverlust zuzumuten oder die Haltestelle nur wenige Meter weiter nördlich in der Nähe der Einmündung des Fußwegs von der Heilsberghöhe zu platzieren.
Die Weiterfahrt Richtung Frankfurt nach Passieren der Ausweich-Bushaltestelle setzt die Radelnden unverändert den Risiken der Einmündung in den fließenden Verkehr aus. Der Radweg an der Alten Frankfurter Straße endet entweder unmittelbar am Fußgängerüberweg oder später an der Heilsberg-Haltestelle. Erwarten Radfahrende dann in der Alten Frankfurter Straße eine Ausweichstrecke durch den folgenden langen Baustellenbereich, so werden sie erneut gelackmeiert: Fahrräder sind hier nicht vorgesehen; sie können sich nur mühsam und vorschriftswidrig zwischen Baumaschinen und über Gehwege vorantasten.
Unverändert kritisch ist auch die Wegführung für Radelnde in umgekehrter Richtung, das heißt von der Alten Frankfurter Straße in Richtung Bad Vilbel. Gedacht ist wohl eine Wegführung, die eine Querung der Alten Frankfurter Straße unmittelbar vor der KVA und eine Führung über ein kurzes Stück auf der linken Straßenseite (entgegen dem üblichen Rechtsfahrgebot) vorsieht. Ortsunkundige werden diese Abzweigung oft verfehlen, denn ein schmaler Fahrrad-Richtungsanzeiger für Bad Vilbel lässt die erforderliche Querung über den Zebrastreifen leicht übersehen. Sie folgen daher den roten Fahrradsymbolen Richtung B 521 und geraten nach wenigen hundert Metern unversehens auf die Standspur für den Autoverkehr, ohne allerdings die Straße in diesem Bereich queren zu können. Auch die Weiterfahrt ist problematisch, denn die markierte Standspur signalisiert grundsätzlich die Benutzungspflicht der Fahrbahn, was wiederum kaum zuträglich erscheint.
Denjenigen, die die Alte Frankfurter Straße vor der KVA queren, ergeht es nicht viel besser. Sie werden an der unübersichtlichen Kurve direkt in den Rad- und Fuß-Gegenverkehr geleitet. Hier verläuft der Hauptradweg (!) von Frankfurt folglich über einen Fußweg, der für den Radverkehr freigegeben ist. Eine sachgerechte Beschilderung fehlt. Das Erfordernis, gleich hinter der Kurve die Frankfurter Straße erneut zu queren, um auf den rechtsseitigen Radweg Richtung Bad Vilbel zu gelangen, erschließt sich nicht auf Anhieb. Das Rad-Verbotsschild will hier offenbar dazu auffordern, an dieser Stelle nicht auf der linken Straßenseite weiterzufahren. Indes ist es unplausibel, denn ein derartig gekennzeichnetes Radfahrverbot müsste auch für den entgegenkommenden Radverkehr gelten. Wer die Straße korrekt überquert hat, kann dann in einem wenig fahrradtauglichen 90-Grad-Winkel nach Bad Vilbel abbiegen.
Die aktuellen Pläne für einen straßenbegleitenden Radweg entlang der B 521 von und nach Bergen-Enkheim, der kurz vor der KVA auf die Frankfurter Straße treffen wird, sind ebenfalls halbherzig. An der Abzweigung ist bislang keine sichere Kreuzung der Straße vorgesehen, um beispielsweise eine Weiterfahrt von Bergen-Enkheim aus nach Frankfurt zu ermöglichen. Radelnde aus Bergen-Enkheim müssen entweder in den zweispurigen Autoverkehr einscheren und mit diesem in Richtung nach Frankfurt links abbiegen. Dabei muss der Eindruck entstehen, verkehrswidrig auf eine dem schnellen Autoverkehr vorbehaltene Straße zu gelangen. Als Alternative kommt aktuell nur der große Umweg über die KVA infrage. Es ist unverzichtbar, dass neue Planungen eine Querungsmöglichkeit für den Radverkehr und den Umbau der bisherigen Standspur entlang der B 521 zu einem Radweg vorsehen.
Insgesamt gibt es in Bad Vilbel erheblichen Bedarf, die Integration von Radverkehr in die KVA zu überprüfen. Radverkehr an KVA darf nicht auf Notlösungen angewiesen sein. Ausschilderungen, die den Eindruck vermitteln, dass die zuständigen Straßenverkehrsbehörden weder auf Sorgfalt noch auf Sicherheitsbedürfnisse von Radfahrenden besonderen Wert legen, demotivieren selbst die am stärksten anpassungsbereiten Radelnden. Dem Radverkehr müssen bei Kreisverkehrsanlagen die gleichen Rechte und Ansprüche an ein zügiges und sicheres Fortkommen zugebilligt werden wie dem motorisierten Verkehr.