Gastbeitrag
Wie viele Parkplätze braucht ein autofreies Wohnprojekt?
Wer Wohnraum schaffen will, muss üblicherweise auch Parkplätze bauen. Die Details dazu stehen in der in Frankfurt geltende Stellplatzsatzung. Ein enormer Aufwand, der viel Platz beansprucht und das Wohnen teurer macht. Auch alle, die kein Kraftfahrzeug besitzen, müssen in normalen Wohnbauprojekten diese Last mittragen.
Das wollen wir anders machen. Wir sind AdAptiv, ein gemeinschaftliches Wohnprojekt, das am ehemaligen Campus in Bockenheim mitten in Frankfurt Wohnraum für etwa 90 Menschen schaffen will. Seit 2020 arbeiten wir an Architektur und Finanzierung unseres Vorhabens und auch wenn noch nicht alle Details feststehen, ist seit Beginn klar, dass wir autofrei, nachhaltig und solidarisch leben wollen. Damit werden wir das erste autofreie Wohnprojekt dieser Größe in Frankfurt sein. Dass wir ohne Autos wohnen möchten, stand auch schon in dem Konzept, mit dem wir von der Stadt Frankfurt vor drei Jahren den Zuschlag für das Gebäude der ehemaligen Akademie der Arbeit bekommen haben. Doch dass zum autofreien Wohnen nicht nur Wille und Überzeugung gehören, sondern Konzepte erbracht werden müssen, war uns damals noch nicht so klar.
Ohne private Autos zu leben und zu wohnen, bedeutet für uns und die Nachbarschaft zuallererst einen großen Gewinn. Die Fläche rund um unsere Gebäude soll den Bewohner:innen, Nachbar:innen und Gästen zur Verfügung stehen. Ein begrünter Hof und Spielmöglichkeiten für Kinder sind für uns sehr viel mehr wert als Plätze für metallene Riesen. Natürlich spielen auch die Öffentlichen Nahverkehrsmittel als Alternative eine Rolle. Aber trotz unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Lebensumstände sind ganz viele von uns absolute Fahrradfans. Die Vielfalt unserer Räder reicht vom sportlichen Gravelbike, über das Lastenrad mit Kindersitzen bis zum gemütlichen Drahtesel, vom leichten Rennrad über Kinder-Bikes aller Größen bis zum Tandem.
Die meisten von uns sind auch jetzt schon ohne eigenes Auto unterwegs. Wenn wir in wenigen Jahren einziehen, soll dieser Anteil auf 100 % steigen. Kein Wunder, dass unter den zukünftigen Bewohner:innen auch Mitglieder von ADFC und VCD sind. Und wir wollen ressourcenschonende Transportalternativen nicht nur fordern, sondern auch jetzt schon anbieten. Deshalb haben wir uns mit einem AdAptiv-Lastenrad an Main-Lastenrad, dem kostenlosen Verleihsystem vom VCD, beteiligt.
In den letzten zwei Jahren haben wir ein umfangreiches Mobilitätskonzept erarbeitet. Darin wird unsere geplante Fortbewegung ohne private Autos beschrieben. Unser stärkstes Argument für weniger Autostellplätze ist die Bereitstellung von ausreichend Fahrradabstellplätzen. In unserem Keller und auf dem Grundstück wird es sichere Abstellplätze für die Fahrräder aller Bewohner:innen und ihrer Besucher:innen geben und durch die sehr gute Anbindung an U-Bahnen, Straßenbahn und Busse fällt es leicht ohne Auto mobil zu sein. Unser Ziel ist es, nur einen einzigen Autostellplatz für Menschen mit Behinderung vorzuhalten. Dieses Mobilitätskonzept wird hoffentlich im nächsten Schritt gegenüber öffentlichen Stellen die gewünschte plausible Argumentation für den „besonderen Bedarf“ von nur einem Autostellplatz liefern.
Nachdem wir das Stellplatz-Thema dann hoffentlich erst einmal abhaken können, beschäftigt uns aktuell die Finanzierung unseres Vorhabens am meisten. Unsere Pläne zu nachhaltigem Sanieren und Bauen sowie ressourcenschonendem Leben können wir nur umsetzen, wenn wir das Projekt realisieren können – trotz immens gestiegener Bau- und Finanzierungskosten. Informationen, wie man bei uns mitmachen oder uns unterstützen kann, gibt es auf unserer Website: www.adaptiv-frankfurt.de