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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main   

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

Artikel dieser Ausgabe
links: Ali aus dem Irak ist der neue Besitzer des Fahrrads der Autorin
rechts: Die fertigen Räder warten auf neue Fahrer:innen
Hannah Kessler (2)

Ein neues Leben für mein altes Fahrrad

Hätte ich mir wirklich ein neues Fahrrad kaufen müssen? Natürlich nicht. Aber ich wollte es doch gerne. Damit das schlechte Gewissen nicht ganz so hart zubeißt, sollte das alte unbedingt gespendet werden. Eine schnelle Google-Suche führte zur Aktion „Räder für Flüchtlinge“ der Philippus-Gemeinde im Riederwald. Nach Kontaktaufnahme über raeder-fuer-fluechtlinge@posteo.de erhielt ich vom Koordinator der Aktion, Jörn, Infos, wie das Rad abgegeben werden kann. Sehr unkompliziert nämlich: Am vereinbarten Tag wartete ein Zahlenschloss vor der Gemeinde darauf, den alten Tretesel in Empfang zu nehmen.

Räder für Flüchtlinge
Doch wie kam es überhaupt zu dieser Aktion? Jörn berichtet: „Sie entstand im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 aus einer privaten Initiative von Riederwäldern, die dann in der Gemeinde ,andockte‘, später kamen weitere Schrauber hinzu.“ Zusammen mit vier anderen ehrenamtlichen Schraubern bringt er seitdem die gespendeten Räder im Keller der Gemeinde wieder auf Vordermann. Über 900 Stück haben sie so bereits aufgearbeitet und ausgegeben. Das bedeutet selbstbestimmte Mobilität für 900 Menschen in Frankfurt! Abholen dürfen die Räder Geflüchtete, anfänglich im Verlauf der Flüchtlingskrise Gekommene mit Frankfurt-Pass und seit einem Jahr auch Geflüchtete aus der Ukraine. Deshalb stehen aktuell Damen- und Kinderräder hoch im Kurs. „Die Nachfrage ist leider immer noch größer als das, was wir anbieten können“, erläutert Jörn. Neben Rädern selbst werden vor allem Zubehörteile wie Reflektoren, Lichter und Klingeln benötigt, damit die Verkehrstauglichkeit gewährt werden kann. Hilfreich ist hier neben einigen privaten Spenden ein kleines Budget, das die Diakonie der EKHN (Evangelische Kirche in Hessen und Nassau) für die Beschaffung von Material zur Verfügung gestellt hat.

Tag der Ausgabe
Trotz des strömenden Regens sind bereits viele Menschen in den Riederwald gekommen und die vier Schrauber haben alle Hände voll zu tun: Interessent:innen zu den Rädern führen, Probefahrten beurteilen, Sättel auf die richtige Höhe bringen, Personalien aufnehmen und den Fahrrad-Pass ausstellen. Dieses Dokument erhält jede:r zum Rad dazu, damit er oder sie nachweisen kann, dass das Gefährt ordnungsgemäß ausgegeben wurde. Die Kommunikation läuft dabei auf Deutsch oder Englisch und in einem Fall mit Hilfe einer Handy-App, die eine Dame dabei hat. Man spricht in das Handy und es übersetzt das Gesprochene umgehend in die Sprache des Gegenübers. Die Schrauber gehen damit ganz selbstverständlich um, scheinen das Verfahren bereits zu kennen. Trotz dieser kleinen sprachlichen Hürden ist die Stimmung gut und man merkt, dass sich alle sehr über ihre neuen Räder freuen.

Auf viele weitere Kilometer
Auch mein altes Rad findet an dem Tag einen neuen Besitzer. Natürlich nicht, ohne dass es vorher standesgemäß überholt wurde. So wurden unter anderem das abgebrochene Pedal rechts ersetzt und die Bremsen nachgestellt. Ali, ein junger Mann aus dem Irak, wird ab sofort damit unterwegs sein. „Ich werde das Rad nutzen, um zu meinem Minijob und zum Deutschkurs zu fahren, aber auch, um die Stadt zu erkunden“, erzählt er und ist dankbar für die schöne Aktion der Fahrradinitiative Riederwald.

Diese Geschichte ist nun vielleicht eine kleine Motivation für diejenigen, die auch noch ein nicht (mehr) benötigtes Kinder- oder Erwachsenenfahrrad, einen Helm, ein Schloss oder eine Klingel zu Hause stehen haben. Durch deren Spende an die Initiative der Philippus-Gemeinde wird nicht nur den Dingen ein zweites Leben geschenkt, sie bewegen dann auch wortwörtlich das Leben einer geflüchteten Person hier in Frankfurt.

Hannah Kessler