Fahrbericht
Stoßwellenfrei und in gerader Linie gleitet das Velo dahin. Nur wenige Einmündungen unterbrechen die glatte Fahrt, nur wenige Reste von Baustellen erfordern Vorsicht und Rücksicht. Während auf dem Tiefkai direkt am Flussufer Fußgänger flanieren, Inline-Skater ihre ersten wackeligen Flugversuche starten, Kinder mit Rollern nur knapp den Sturz in die Fluten des Maines vermeiden können, herrscht hier oben erstaunliche Ruhe. Während auf der unteren Etage Radfahrer zu schnell und in gewagter Schlangenlinie zwischen den als Hindernis wahrgenommenen Flaneuren, Kinderwagen, Rollbrettchenfahrern hindurchsausen, wird der Testfahrer auf dem Hochkai auf dem Weg nach Osten nur selten überholt oder von Begegnungsverkehr bedroht. Wären nicht die Einmündungen der Rampen zum Tiefkai, die ampelgeregelten Kreuzungen mit den Brückenauffahrten oder die Reste von Baustellen am Eisernen Steg, man glaubte sich besonders bevorzugt behandelt als Radfahrer in dieser Stadt.
Wer in die Innenstadt will, erreicht diese über die Mainbrücken. Musste man in der Vergangenheit mühsam Treppen überwinden oder sich über die holprigen Auffahrten vom Mainradweg hochquälen, so rollt es sich neuerdings niveaufrei auf die Brückenköpfe zu. Über den Holbeinsteg ist das Bahnhofsviertel schnell erreicht (gerade sind die finalen Bauarbeiten für die jenseits des Stegs weiterführende Radroute abgeschlossen) und über die Untermainbrücke ist es nur ein Katzensprung zur Hauptwache. Doch dieser Fahrbericht wäre nicht komplett, würde er nicht auch die Schattenseiten und Mängel dieser Strecke zeigen. Hier sei zuerst das schmähliche, gefährliche Ende am Brückenkopf der Alten Brücke erwähnt, das hoffentlich bald im Zuge eines weiteren Ausbaus der Route aus dem Stadtbild getilgt wird. Die Baustellen am Eisernen Steg und an der Untermainbrücke werden sicherlich auch in absehbarer Zeit verschwinden. Allerdings ist am Eisernen Steg mit Konflikten zwischen kreuzenden Fußgängern und eiligen Radfahrern zu rechnen, wie es häufig auch an anderen Ampel geregelten Fußgängerfurten und auf Zebrastreifen zu beobachten ist. Auf Rücksicht und Vernunft des rasanteren Teiles der Rad fahrenden Menschheit zu hoffen, scheint ein sinnloses Unterfangen.
Trotz der genannten Mängel bietet der neue Weg schon heute ein entspannteres Vorankommen gegenüber dem sommerabendlichen Slalom auf dem Tiefkai. Und das auf erstaunlich wellenfrei angelegter Asphaltpiste. Wünschenswert wäre noch eine bessere Beschilderung, die frühzeitig auf diese Verbindung zu den Mainbrücken hinweist und den Weg als Alternative zum überfüllten Mainufer, besonders an Sommerabenden oder Wochenenden, kenntlich macht. Der Tiefkai bietet weiterhin zu Zeiten, zu denen Flaneure noch in den Betten liegen oder ihrer Arbeit nachgehen, Kinder staatlich oder elterlich betreut werden und die Rollbrettchenfahrer unter der allgemeinen Schulpflicht leiden, flottes Vorankommen. In Richtung Westen meistens, wie auf dem Hochkai auch, gegen den Wind. Text und Fotos: Peter Sauer |