Wessen Interessen vertritt der ADFC? Zu Fritz Biels Leserbriefantwort in frankfurt aktuell 01/06 – Radstreifen in der Mainzer Landstraße Christine Heeren hatte in einem Leserbrief die Situation in der Mainzer Landstraße problematisiert: Den Radstreifen empfinde sie als nachteilig, weil es im Unterschied zu einer normalen Fahrbahn so viele Probleme mit dort parkenden und haltenden Autos gebe, dass sie diesen Straßenabschnitt meide. Sie wirft die Sinnfrage auf. Fritz Biel setzt sich mit dieser Kritik ausführlich auseinander. Seinen Ausführungen kann ich folgen, abgesehen von zwei Punkten. Fritz schreibt, unerfahrene Radfahrer hätten auf Straßen ohne Radwege größere Probleme mit zu kleinen Überholabständen als auf Straßen mit Radwegen. Betreffend Radstreifen (um diese Art Radwege geht es ja hier) und sog. Schutzstreifen kann ich das Gegenteil bestätigen: Zumindest bei den hiesigen, großteils zu schmalen Anlagen überholen Autofahrer mit geringeren Seitenabständen als auf radweglosen Straßen. Das gilt auch für die besagten unerfahrenen Radfahrer. Es gilt möglicherweise nicht für Leute, die auf radweglosen Straßen gefährlich weit rechts fahren, etwa in der Gosse oder dem Öffnungsbereich von Türen geparkter Autos (wozu man allerdings auf gewissen so genannten Radverkehrsanlagen per Benutzungspflicht gezwungen wird!). Wer sich freiwillig so verhält, ist nicht unbedingt ein unerfahrener, in jedem Fall aber ein leichtsinniger Radfahrer. Fritz' angebrachter Darstellung „bei keinem Verkehrsmittel ist die Bandbreite der Benutzung so groß wie beim Fahrrad“ folgt eine mich sehr nachdenklich stimmende Wertung: „Wer die Situation der Radfahrer in einer Straße nur mit den Augen des geübten Alltagsradfahrers beurteilt, wird den Problemen nicht gerecht.“ Aber umgekehrt eben auch nicht. Die von Fritz bevorzugten, für unerfahrene Radfahrer angeblich sichereren Sonderwege sind benutzungspflichtig, es müssen alle darauf fahren. Es ist also nicht möglich, an einem Ort beide Gruppen zu bedienen, es gibt nur entweder oder. Fritz hat die Riskant- und Wenigfahrer als seinen Maßstab gewählt: Für die werden Radwege gebaut, auf die dann die Alltagsfahrer gezwungen und so vermeidbaren Risiken ausgesetzt werden. Bis zur Verdrängung, siehe Ch. Heeren (aber auch ich fahre Umwege, um bestimmte, mit besonders gefährlichen Radwegen „verseuchte“ Straßen zu meiden). Erinnern wir uns mal, von wem und für wen der ADFC gegründet wurde: Von Alltagsradlern und primär zur Vertretung der Interessen von Alltagsradfahrern. Nicht unbedingt für die Interessen von Wenig-, und Schönwetter-Radfahrern. Natürlich auch nicht dagegen. Aber wenn die Alternativ-Frage gestellt wird – und die Radwege-Benutzungspflicht wirft sie eben kompromisslos auf – sollte sich der Schuster zu seinen Leisten bekennen. Und nicht zum Gegenteil. Verdrehte Welt ... Rainer Mai |