Mit dem Fahrrad zum Boschdienst!? Bei meinem ersten Home-Computer kannte ich noch jedes Bit mit Vor- und Nachnamen. Wenn mal etwas nicht richtig funktionierte, hat man mit dem Hex-Editor das Betriebssystem „gepatched“ oder beherzt zum Lötkolben gegriffen. Bei den heutigen Modellen muss man schon zum Fachhändler laufen, wenn sich der Computer nicht mehr ausschalten lässt. Und der Fachhändler muss ihn dann meistens einschicken. Dass es bei der Fahrradtechnik eine ähnliche Entwicklung gegeben hat, ist mir erst neulich deutlich geworden, als mir das Vorderrad (einschließlich teurem Nabendynamo) geklaut wurde. Der Rest des Rades war mit stabilem Bügelschloss sicher angeschlossen – nur das Vorderrad nicht. Aber es war ein sehr belebter Platz und ich habe keine Schnellspanner. Da fühlt man sich doch sicher… Mein Bruder wusste jedoch zu berichten, dass er nach einem Schlüsselverlust sein Fahrradschloss an einem ebenfalls belebten Platz in stundenlanger Handarbeit mit der Eisensäge geöffnet hat. Dass er neben der Eisensäge auch Kaufnachweis und Fahrradpass von Zuhause mitgebracht hatte, stellte sich im Nachhinein als überflüssig heraus. Weder die vorbeikommenden Passanten noch die Besatzung eines Streifenwagens nahmen Anstoß an seiner Tätigkeit. Doch ich bin schon wieder vom Thema abgekommen… Nachdem mir also mein Vorderrad abhanden gekommen war, beschaffte ich ein neues (wieder mit Nabendynamo und ohne Schnellspanner). Der kompetente Verkäufer bot mir auch die Anschlussstecker für den Nabendynamo an. Wohl wissend, dass meine Kabel mit Kabelschuhen ausgestattet waren, lehnte ich ab. Der Verkäufer meinte noch ich könne ja wieder vorbeikommen, wenn es nicht passe… Ich blieb Beratungsresistent. Zu Hause angekommen wurden Felgenband, Schlauch und Mantel montiert und das Vorderrad eingebaut. Perfekt! Leider nutzten mir meine Kabelschuhe gar nichts. Es wurde ein wirklich spezieller Stecker benötigt, wahrscheinlich inkompatibel zu allen anderen Nabendynamos aller anderen Nabendynamo-Hersteller. Also kehrte ich reumütig zum Fahrradhändler zurück und besorgte Stecker und doppeladriges Kabel – es hatte sich inzwischen leider herausgestellt, dass beim Diebstahl nicht nur das Vorderrad entfernt sondern auch ein Teil der Kabel zerrissen wurde. Der Erläuterung, wie der Stecker zu montieren ist, lauschte ich besonders aufmerksam, denn eine zweite Pleite wollte ich nicht erleben. Der Anbau des Steckers war denn auch problemfrei, nur das doppeladrige Lampenkabel ließ sich nicht austauschen, da es fest mit dem Lampengehäuse verschweißt ist. Dies und ein ganz klein wenig Ungeschicklichkeit trugen dazu bei, dass beim Reparaturversuch ein Kontakt an der Vorderlampe abbrach, so dass eine weitere Folgeinvestition fällig wurde. Also wieder zum Fahrradhändler – diesmal zu einem anderen (eine weitere Parallele zum Computer deutet sich an: Kaufe niemals Computer und Zubehör bei verschiedenen Händlern. Im Falle eines Fehlers wird der eine jeweils auf den anderen zeigen.) – und eine Lampe kaufen. Mir wurde ein echtes HighTech-Modell mit Standlicht und Sensor, der dafür sorgt, dass sich die Lampe bei beginnender Dämmerung und mitlaufendem Nabendynamo selbst anschaltet, angeboten. Nachdem mir der Händler glaubwürdig versichert hat, dass ich keine langen Diskussionen mit der Lampe führen muss, wenn ich am hellen Tag mit Licht fahren will – das Thema lässt sich durch einfachen Knopfdruck erledigen – erstand ich das Modell. Zu Hause wurde die Lampe angebaut, alles exakt nach Bedienungsanleitung verkabelt und es passierte … nichts. Man konnte am Rad drehen, soviel man wollte, den Schalter an der Lampe in jede beliebige Position bewegen, sowohl Rück- als auch Vorderlicht blieben dunkel. Früher hätte man jetzt ein Glühlämpchen und eine Batterie bemüht, die Kabel nacheinander aus den klitzekleinen Drahtklemmchen gelöst und so nach und nach die Ursache des Problems ermittelt. Zwar lösten sich die Kabel bei jeder kurzen Rüttelstrecke praktisch sofort aus diesen winzigen Drahtklemmchen, aber die technischen Probleme wurden von mir beherrscht. Nun beherrschten die technischen Probleme mich. Bei eingeschweißten und in komplizierten Steckern verborgenen Kabeln, Lampen, die überwiegend aus Leuchtdioden bestehen und Platinen, die wahrscheinlich über mehr Rechenleistung verfügen als der Eingangs erwähnte Home-Computer, versagte der Glühbirnchen- und Batterie-Trick kläglich. Es gelang jedoch, die Anlage an einen zweiten Dynamo anzuschließen. Doch sie blieb trotzdem dunkel. Dies legte den Schluss nahe, dass die Lampe die Fehlerquelle darstellt und nicht der Dynamo. Oder vielleicht doch die Verkabelung – habe ich das damals im Physikunterricht mit Strom und Masse wirklich richtig verstanden? Vor Kurzem unterlief mir schon ein peinlicher Denkfehler zum Thema Übersetzung bei besonders kleinem Rad und traditionellem Seitendynamo. Also suchte ich nach fachmännischer Hilfe und kehrte zu dem Fahrradhändler zurück, bei dem ich die Lampe erworben hatte. Doch wer mitten in der Hochsaison auf sofortige Hilfe hofft, liegt leider völlig falsch. Man bot mir an, das Fahrrad in den nächsten Tage vorbei zu bringen, dann würde man sich das Problem anschauen und am nächsten Tag könne ich das Rad – mit hoffentlich funktionierendem Licht – wieder abholen. Immerhin: Offensichtlich sollte das Fahrrad nicht eingeschickt werden. Während des Wartens auf den Reparaturtermin wurde das Fahrrad natürlich weiter benutzt und während einer dieser Touren passierte es dann: plötzlich aber unerwartet fing das Vorderlicht an zu leuchten (traditionell habe ich mein Licht immer angeschaltet, seit ich einen Nabendynamo besitze). Wieder eine dieser fatalen Parallelen zum Computer. Ich habe überhaupt nichts geändert und jetzt geht’s (nicht mehr). Die spontan eingeleitete Untersuchung ergab jedoch tatsächlich eine Änderung. Ein nachlässig am Dynamo angeschlossenes Rücklichtkabel hatte sich gelöst. Kabel angeschlossen – Vorderlicht geht nicht, Kabel ab – Vorderlicht geht. Weitere Untersuchungen waren leider nicht möglich, da mein Begleiter im Kinderanhänger trotz des strategisch günstig vor einer bewohnten Pferdekoppel gewählten Rastplatzes zu meutern anfing. Also erst mal nach Hause, Sohn abgeliefert und weitere Untersuchungen bezüglich des Rücklichtanschlusses angestellt. Als erfahrener Computer-Nutzer konsultierte ich natürlich als erstes wieder das Handbuch. In der Bedienungsanleitung fanden sich die folgenden Sätze: „Der obere Doppelkontakt (1) ist der Steckanschluss für das Stromkabel, der untere (2) für das Massekabel. (Die jeweils freien Steckkontakte können zum Anschluss des Rücklichts genutzt werden).“ und „[…] (schwarze Ader = Strom, schwarz/weiße Ader = Masse) […]“. Genau so hatte ich es angeschlossen – und nichts ging! Als richtig erfahrener Computer-Nutzer habe ich jedoch gelernt, das Handbuch zu ignorieren. Also wurden Masse und Strom beim Anschluss des Rücklichts vertauscht und alles funktionierte bestens. Ehrlich gesagt war ich ob der Einfachheit der Lösung etwas enttäuscht. Aber trotz des relativ profanen positiven Ausgangs der Angelegenheit (ohne Boschdienst und Einschicken des Fahrrades, fast wie früher beim Home-Computer) bleiben ein paar ungeklärte Punkte:
Fragen über Fragen, deren Beantwortung ich jedoch auf Grund mangelnden technischen Basiswissens lieber berufenen Menschen (z. B. der Technik AG) überlasse. (rha) PS.: Nach Überwindung dieser Anfangsschwierigkeiten bin ich mit allen erworbenen Komponenten sehr zufrieden. Fotos: (rha) |