Vom eigenen Schweinehund und Halbgöttern in Öl Haben Sie schon einmal vom Schweinehund-Training gehört? Nach der Theorie eines gewissen Herrn von Münchhausen kann der eigene Schweinehund (von ferkelwelpe auf in der Schweinhunde-Schule ausgebildet) durch Training gezähmt und zum besten Freund werden. Dieses umfasst kleinere Übungen (z.B. werktäglich vor 7 Uhr auf die Hinterläufe) als auch größere (z.B. längere Radurlaube). Letztere wollte ich meinem Schweinehund zumuten, da ich an den kleineren Übungen täglich scheitere. Also nichts wie in den ADFC-Laden und den „Deutschen Limes-Radweg“ als optimales Trainingsprogramm gekauft: „Steigungen bleiben Ihnen auf dieser Radroute nicht erspart.“ Zumal Naturfreunde und kulinarische Genießer auch auf ihre Kosten kommen sollten. Vielleicht könnte ich meinen Schweinehund bei einem schönen Glas Wein abends wieder gnädig stimmen. Subito den überfälligen Urlaub beantragt, da das Wetter Mitte September nicht besser hätte sein können (ok, etwas kühler) und Sonntag abend flugs vor dem Packen den Luftdruck erhöht. Doch was muss ich sehen!? Horror in der Chef- und Jubel in der Schweinehund-Etage: Kein lapidarer Plattfuß, sondern eine gebrochene Speiche sticht mir ins Auge. Der Jammer ist so groß, dass sogar mein Schweinehund Mitleid entwickelt. Eine gebrochene Speiche ist der Todesstoß für jede Radtour. Ich habe keine Ahnung, wie man so etwas repariert und die Wahrscheinlichkeit, vor Ende meines Urlaubs einen Termin bei einem der Halbgötter in Öl (gemeinhin als Fahrradmechaniker bekannt) zu erheischen, ist so gering, wie die Steigungen auf dem Limes-Radweg schweißtreibend sein sollen. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben, deswegen packe ich trotzdem meine Taschen und überlege die ganze Nacht, welche Masche meine Speiche am besten flickt, sprich die Halbgötter dazu bewegt, sich meiner zu erbarmen. Soll ich auf Knien rutschen und flehen? sie mit einem tiefen Ausschnitt betören? mit Papiergeld ölen? ihnen gar mit ewiger Verdammnis in frankfurt aktuell drohen? Meine Pläne erweisen sich als überflüssig als ich Montagmorgen mit überladenem Fahrrad, hängenden Mundwinkeln und Rollkragen auf dem Hof des Fahrradhändlers meiner Wahl stehe: „Na, was’n los?“ – „Gebrochene Speiche.“ – „Wo? Hinten oder vorne?” – „Hinten, Zahnkranzseite.“ (Wenn schon, denn schon.) „Na, dann schieb mal das Rad in die Werkstatt.“ „Wie, Du machst das jetzt gleich?!“ - „In 20 Minuten kannstes abholen.“ Und schon war die Luft aus meinem Reifen und meine Kinnlade am Boden. Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit der größten Selbstverständlichkeit: Kundenfreundlichkeit. Am gleichen Abend irgendwo in Limesnähe bei einem schönen Glas Wein stoßen mein Schweinehund und ich auf die Halbgötter an und schwören uns ewige Freundschaft sowie tägliches Ausschlafen. PS: Wenn schon die Mechaniker kundenfreundlich werden, was kann dann nicht noch alles passieren? NuTec-Naben? Radverkehrsanlagen an jeder Frankfurter Straße? Fahrradmitnahme im ICE? Christine Huwer (und ihr Schweinehund) |
12. Januar 2004 ADFC Frankfurt am Main e. V. |