Ausgabe 6/1999 Nov. / Dez. |
Radfahren in Offenbachs Fußgängerzone - ein Medienereignis?
Wir fordern es schon seit Jahren, die Bürger tun es schon seit Jahren - auch die Politiker - die Verwaltung toleriert es schon seit Jahren: höchste Zeit, es zu legalisieren: das Radfahren in der Offenbacher Fußgängerzone. So haben nicht nur wir gedacht, sondern endlich auch die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung - außer unserem Oberbürgermeister Grandke. Die Umgestaltung der Frankfurter Straße gab den Anlaß, daß versuchsweise die Regeln der Realität angepaßt werden sollten. Doch die Rechnung wurde ohne die - die Offenbacher Zeitungslandschaft dominierende - Offenbach Post (OP) gemacht. Durch eine Indiskretion gelangte sie im damaligen OB-Wahlkampf an den einstimmigen Beschluß der Verkehrskommission und entfachte ein bis dahin noch nie dagewesenes Trommelfeuer gegen die Radfahrer. Im September druckte sie innerhalb von nur 3 Wochen über 8 Artikel und fast 50 Lesermeinungen allein zu diesem Thema. Unsere Einladung an die Öffentlichkeit, auf unserem Treff mit uns zu diskutieren, wurde entgegen sonstigen Gepflogenheiten nicht abgedruckt, es erschienen keine Gegner sondern nur ein Redakteur der Frankfurter Rundschau. Gleichzeitig startete die OP eine auch vom OB gewünschte Umfrage, ohne deren Rahmenbedingungen bekanntzugeben (Alter, Einsendeschluß..). In der Endauswertung hieß es dann 93 % dagegen, kein Wunder: Kopien des Fragebogens, wie von uns an Radfahrer in der Fußgängerzone verteilt, wurden als "Beeinflussungsversuch" gewertet, d.h. es wurden offensichtlich nur gekaufte (in der Zeitung abgedruckte) Stimmzettel gewertet, organisierte Gruppierungen wurden nicht berücksichtigt und unter 18-jährige erschienen auch nicht in der Statistik. Das Durchschnittsalter der Gegner (Leser) lag über 62 bei über 700 Einsendungen. Wen wundert es, daß die OP nach Abschluß der Aktion eine Marketingoffensive in Treffpunkten der jüngeren Generationen startete. Nur die Öffnung der Fußgängerzone, in der übrigens bislang Lieferanten mit Autos und LKWs bis hin zum 15-Tonner täglich 6,5 (sechseinhalb!) Stunden herumfahren dürfen, ermöglicht einen wichtigen Lückenschluß im Radwegenetz in Nord-Süd-Richtung. Im Gegensatz zur Zeil in Frankfurt gibt es mit der Berliner Straße (in OF) eine funktionierende parallele Radwegeverbindung, so daß in der Frankfurter Straße, der Haupteinkaufsstraße, kein Durchgangsverkehr zu erwarten ist. Durch die jahrelange Tolerierung durch die verschiedensten Stadtregierungen ist das Radfahren in der Fußgängerzone schon so selbstverständlich geworden, daß eine Freigabe nicht zur Erhöhung des Radverkehrsaufkommens führen wird. Übrigens: in all den Jahren ist es zu keinem polizeibekanntem Unfall gekommen. Aber die von der OP solchermaßen erzeugte Stimmung hat ausgereicht, daß die Stadtverordnetenversammlung in einer emotionsgeladenen Debatte die versuchsweise Freigabe erst einmal verschob, angeblich um (bereits vorliegende) Erfahrungen aus anderen Städten (Frankfurt ist ja so weit weg) einzuholen und Alternativen zu prüfen. Die OP triumphierte: "Radeln in der ganzen Zone ist vom Tisch" - dabei soll der Versuch nach wie vor stattfinden. Die Halterungen der Fußgängerzonenschilder wurden inzwischen erneuert, so daß ein entsprechendes Zusatzschild angebracht werden kann. Wilhelm Ernst
Der Bau des Industriebahnradweges ist zwischen Biebererstraße und Schubertstraße fertiggestellt. Zusammen mit den bereits vorhanden Wegen durch den Lauterborn kann nun bis in den Frankfurter Stadtwald autofrei geradelt werden. Innerhalb kürzester Zeit ist er zu einem der am meisten benutzten Radwege Offenbachs geworden. |
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