Ausgabe 2/1999 Mar. / Apr. |
Ein voller Erfolg! Ein kommentierender Bericht von der zweiten Konferenz der Autofreien, die vom 29. bis 31. Januar in Weimar stattfand und mit mehr als 250 Teilnehmer/innen sehr, sehr gut besucht war. Vorab muß bemerkt werden, daß der Berichterstattende nicht die gesamte Konferenz miterleben konnte, da er erst am Samstagmorgen anreiste. Aus Erzählungen anderer Teilnehmer erfuhr er aber von den Ereignissen des Vorabends. Da fand eine Fahrrad-Demonstration durch Weimar statt, bei der ein Auto am Spieß mitgetragen wurde (klein und aus Plastik selbstverständlich!). Danach gab es zum Auftakt eine (so geplante) kalte Dusche durch einen Referenten (Kurt Möser), der ausführlichst begründete, warum auf das Auto (und alles damit verwandte) nicht verzichtet werden kann. Der Erzählende traf mitten während des ersten Vortrages am Samstag ein. Dieser wurde gehalten von Dr. Rudolf Petersen vom Wuppertal Institut. Er plädierte für ein sanftes Vorgehen der Politik und der Autofreien, da zu scharfe Maßnahmen (siehe Benzinpreisdiskussion) nur starke Gegenkräfte zur Folge hätten. Der These wäre wohl grundsätzlich zuzustimmen, fragt sich nur, ob noch so viel Zeit bleibt. In diese Kerbe schlug auch der nächste Referent, und wäre der Schreibende dieser Zeilen nicht ohnehin schon Pessimist (mit ein klein wenig Hoffnung), so wäre er es nach diesem Vortrag gewesen. Nach den Worten von Jürgen Dahl ist eh schon alles zu spät, fünf nach zwölf, und wir bräuchten uns eigentlich keine Mühe mehr geben. Auch der relativ kleine Beitrag eines jeden von uns, die wir nicht mit einer Stinkkiste, und anderen unsozialen Verhaltensweisen, der Umwelt Gewalt antun, wäre eigentlich sinnlos, da er durch das Verhalten der anderen gleich mehrfach wettgemacht würde. Ähnliche Befürchtungen liegen sicher nahe, aber, wie auch der Referent in seinen letzten Worten deutlich machte, auch wenn es so wäre, müßte man sich noch lange nicht an allem Mist beteiligen! Ein wesentlicher Punkt für jeden Menschen ist doch der, daß er mit sich und seinem Gewissen im Einklang ist und so, laut Dahl, seine Würde bewahrt. Als nächstes standen nach dem Mittagessen die Arbeitskreise auf dem Programm. Hierbei wirkte sich die starke Beteiligung das einzige Mal negativ aus. Die 250 Teilnehmer/innen verteilten sich auf drei Arbeitskreise und bei solch großer Besetzung war kaum wirklich effektives Arbeiten möglich. Obwohl „mein" Arbeitskreis, in dem es in etwa darum ging wie man anderen Menschen das autofreie Leben näherbringen kann, dann geteilt wurde, war es mit dem Arbeiten zwar besser, aber nicht gut. Nun, ein paar Ergebnisse brachten wir dann doch zustande. Und die, wie auch die der anderen Arbeitsgruppen, wurden am Sonntagmorgen im Plenum vorgestellt. Wobei wir von verschiedenen Initiativen für autofreies Wohnen aus ganz Deutschland sowie von mehr technischen Möglichkeiten, um ein autofreies Leben zu ermöglichen, erfuhren. Danach langweilte sich der Verfasser anfangs bei einem Vortrag eines Gesandten der französischen Umweltministerin, der sich lang und breit über einen Ozonalarm des Vorjahres ausließ. Interessanter wurde es dann schon, als er über den scheinbar großen Erfolg eines autofreien Tages in Frankreich berichtete. Dabei fragte sich der Verfasser, wieso denn der Tag „Mobil ohne Auto" in Deutschland so wenig Zuspruch findet. Jetzt wurde die Meinung aufgebracht, der Unterschied sei halt, daß dieser Tag in Frankreich von oben angestoßen worden sei. Sind die Menschen denn alle so obrigkeitsgläubig? Nun, es soll jetzt auf Regierungsebene versucht werden, diesen Tag nach Deutschland zu übertragen. Da werden wir ja sehen, was dabei rauskommt! Nachdem ein weiterer Vortrag wegen Erkrankung des Referenten ausgefallen war, stand als vorletzter offizieller Tagesordnungspunkt eine Podiumsdiskussion auf dem Programm. Auf dem Podium saßen Dr.Rudolf Petersen, s.o.; Karsten Smid, Greenpeace; Öff Öff, Dargelütz; Saral Sarkar, Köln; Moderation Till Bastian und ihr Thema war „Intelligente Technologie oder schlauer Verzicht?" Zu erklären ist wohl erst einmal „Öff Öff". Diese Person war dem Schreiber schon wiederholt wegen ihrer unorthodoxen Erscheinung (Trapperbekleidung, wie in den alten Western) aufgefallen. Er ist ein Bekannter des Veranstalters der Konferenz (Nikolaus Huhn, Schlöben) und definiert sich als Totalverweigerer dieser Art der Gesellschaft und des Staates, wohl ein Anarchist, obwohl der Begriff nicht fiel. Diese Position stand denn auch zum Teil im Mittelpunkt der Diskussion und wurde von den anderen als zu radikal sowie nicht durchhaltbar empfunden (sowie auch vom Verfasser, nach dem Motto: Setze dich auf keine Parkbank, denn sie ist von der Obrigkeit aufgestellt worden!). So recht einig wurde man sich auch nicht über den goldenen Pfad zum Ziel. So es denn überhaupt einen geben kann, harrt dieser auch nach der Konferenz noch der Entdeckung. Aber so viel kann man wohl kaum von solch einem Treffen verlangen. Immerhin hat die erstaunlich starke Teilnahme gezeigt, daß doch wohl ein großes Potential autofrei-lebender oder -lebenwollender Menschen existiert und dieses vielleicht nur aktiviert werden muß. Letzteres kann eine Aufgabe des Vereins
autofrei leben! e.V.
Auf jeden Fall macht dieser Erfolg Mut für die weitere Arbeit. Die Mitgliederzahl des Vereins hat jetzt auch schon kräftig zugelegt. Ein verheißungsvoller Auftakt. Hans-Peter Heinrich |
frankfurt aktuell 2/1999 (1999219) © Copyright 1999 by ADFC
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