Ein Abschnitt des Radschnellwegs von Darmstadt nach Frankfurt verläuft in Langen mitten durch Wohnbebauung
Ansgar Hegerfeld
Mitten durch statt außen herum
Radschnellwege und Siedlungsgebiete: Rad-Direktverbindungen sind keine "Fahrrad-Autobahnen"
Vereinzelt werden Stimmen laut, nach denen Radschnellwege nicht durch Siedlungsgebiete geführt werden sollten. Doch das ist für die Kommunen und die Bevölkerung nicht vorteil-, sondern nachteilhaft. Denn Ortschaften können massiv profitieren, indem sie für den überörtlichen Radverkehr besser erreichbar werden, argumentieren ADFC-Landesvorsitzender Xavier Marc und Landesgeschäftsführer Norbert Sanden in diesem Beitrag.
In Hessen gibt es Pläne für den Bau von 19 Radschnellverbindungen und Rad-Direktverbindungen, zusammengefasst häufig als "Radschnellwege" bezeichnet. Derzeit ist noch kein einziger dieser Wege durchgängig befahrbar und nur an einem, am Radschnellweg Darmstadt-Frankfurt, wird tatsächlich gebaut.
Es wird daher noch einige Jahre dauern, bis alle Radschnellwege nutzbar sein werden. Die Gründe für die lange Realisierungsphase sind vielfältig. Es ist Aufgabe der hessischen Verkehrspolitik, eine Lösung der langen Dauer herbeizuführen, damit Radschnellwege einen Beitrag zur Verkehrswende werden leisten können. Hier verweisen wir auf den sehr guten Artikel "Radschnellverbindungen in Hessen – ein Zwischenbericht" im VSVI-Journal: adfc-hessen.de/=5QAl
Zu den hemmenden Faktoren zählen die inzwischen vereinzelt vernehmbaren Auffassungen unter Bürger:innen, dass es sich bei Radschnellwegen um "Fahrradautobahnen" handele, dass tausende von Radfahrer:innen mit überhöhter Geschwindigkeit in Anliegerstraßen unterwegs sein würden und sich die Verkehrssicherheit dadurch verschlechtere.
Tatsächlich ist es so, dass Radschnellwege ihren Namen von der höheren Durchschnittsgeschwindigkeit von Fahrrädern ableiten. In Hessen wird von einer mittleren Reisegeschwindigkeit (inklusive aller Halte) von 20 km/h und von einer Spitzenfahrgeschwindigkeit von 25 km/h ausgegangen. Das entspricht dem verkehrsrechtlichen Rahmen, der für Pedelecs gilt. Diese Geschwindigkeiten liegen deutlich unter der Tempobeschränkung von 30 km/h, die oft für den motorisierten Verkehr in Anliegerstraßen gilt. Außerdem verursacht Radverkehr keine Belästigung durch Abgase oder Lärm. Radschnellwege können also – sachlich betrachtet – nicht mit dem Bild einer "Autobahn" in Verbindung gebracht werden.
Dort, wo dies sinnvoll ist, um ein besonders großes Potenzial an Nutzer:innen anzusprechen, müssen Radschnellwege selbstverständlich auch durch Siedlungsgebiete geführt werden können. Davon können Ortschaften massiv profitieren, indem sie für den überörtlichen Radverkehr deutlich besser erreichbar werden. Vorstellungen, dass ausgerechnet der Radverkehr aus Ortschaften herausgehalten und über "Umgehungsstraßen" geführt werden soll, sind absurd. Sie können nur dazu dienen, die Absicht zu verschleiern, Veränderungen nicht zuzulassen, die Dominanz und Vorrechte des Anlieger- und Durchgangsautoverkehrs weiterhin aufrecht zu erhalten und Kfz-Parkplätze zu schützen.
Selbstverständlich müssen auch beim Ausbau der Radschnellwege die Verkehrssicherheitsbelange von Fußgänger:innen, Schüler:innen und behinderten Menschen beachtet werden. Als ADFC setzen wir uns weiterhin auch dafür ein.
Wir appellieren an Kommunalpolitiker:innen, die Planung und den Bau von Radschnellwegen mutig und zügig voranzutreiben, und sichern dabei unsere öffentliche Unterstützung zu!
Xavier Marc,
Norbert Sanden