Frauenpower-Workshop in Frankfurt
"Wir brauchen buntere Strukturen"
Rebecca Peters, ADFC Bundesvorstand
Torsten Willner
Rund 40 Frauen haben sich Anfang Februar zu einem Vernetzungs-Workshop in Frankfurt am Main getroffen, um unter der Leitung von
Welche Qualitäten können Frauen in den ADFC einbringen, über die Männer oft nicht verfügen?
Frauen bringen oft wertvolle "Soft Skills" mit, die sich insbesondere in Gruppen oder in der Organisation von Veranstaltungen bemerkbar machen. Sie sind sehr empathisch und sensibel, merken also sehr früh, wenn Dinge nicht stimmig sind, Menschen ungleich behandelt werden oder es Konflikte gibt. Dadurch, dass sie aber auch sehr kommunikativ sind, können sie auch direkt die Lösung liefern, sich mit den Betroffenen unterhalten, Konflikte schlichten oder moderieren oder zwischen unterschiedlichen Parteien vermitteln. Ich habe außerdem erlebt, dass Frauen öfter bereit sind, Kompromisse zu finden und Harmonie und eine gemeinsame Lösung von großer Bedeutung sind.
Frauen arbeiten außerdem gerne projekt- oder themenbezogen, dafür aber sehr fokussiert und kreativ. Sie probieren gerne neue Methoden oder Mittel aus, damit sowohl der Weg, als auch das Ergebnis selber angenehm und gut sind.
Lässt sich der Führungsstil von Frauen grundsätzlich von einem männlichen unterscheiden – oder kommt es immer ganz auf die einzelne Person an?
Natürlich ist das immer abhängig von der jeweiligen Person, das kann man – wie das meiste – nicht pauschalisieren. Ich erlebe es selber oft so, dass Frauen kommunikativer sind, mehr Schleifen drehen, öfter Rücksprachen benötigen oder haben möchten und sich gerne richtig absichern. Zwar dauern Prozesse dann ab und an ein wenig länger, dafür bekommt man gut abgestimmte Ergebnisse, die sorgfältig erarbeitet wurden. Frauen arbeiten genau deswegen auch gerne in Teams, delegieren Arbeiten, sparen dadurch Zeit und eigene Kraft. Die Arbeit wird auf mehrere Schultern und Zuständigkeiten verteilt und am Ende zu einem großen Ganzen zusammengeführt. Insgesamt habe ich oft das Gefühl, dass Hierarchien bei Frauen flacher und weniger ausgeprägt sind.
Woran liegt es, dass aktive Frauen beim ADFC – insbesondere was die Vorstände betrifft – deutlich unterrepräsentiert sind?
Der ADFC hat nach außen das Bild eines Altherrenclubs, das wirkt natürlich auf die meisten Frauen nicht wirklich attraktiv, sie haben nicht das Gefühl dazuzugehören oder willkommen zu sein. Ein Blick in den Verband zeigt, dass das Bild an vielen Stellen gar nicht so falsch ist und auch die Strukturen entsprechend sind. Immer wieder hört man von Stammtischen, die abends und unter der Woche stattfinden und wo sich hauptsächlich über lange und anstrengende Touren unterhalten wird. Recht bekommt in Diskussionen der, der am lautesten ist, Neue werden eher kritisch beäugt, Informationen zu Aktivitäten und Möglichkeiten sich zu engagieren sind oftmals schwer zu finden. Gerade Frauen, die in den meisten Fällen unsicherer sind, als Männer, brauchen mehr Informationen, um eine Aufgabe anzunehmen; sie wissen gerne worauf sie sich einlassen. Wie vorher schon gesagt, sind sie außerdem sehr auf Harmonie bedacht und darauf gemeinsam zu arbeiten, da passen lautstarke Diskussionen, sich gegenseitig unterbrechen oder beim Bericht der letzten Tour stetig überbieten eher weniger ins Bild.
Wir dürfen nicht vergessen, dass Frauen außerdem häufig – gesellschaftlich bedingt – noch diverse familiäre Aufgaben und Verpflichtungen haben. Die derzeitigen Strukturen, die wir im ADFC oft finden, sind damit leider nur schwer vereinbar.
Konnten im Workshop Ansatzpunkte herausgearbeitet werden, das zu ändern? Braucht der ADFC z. B. eine Frauenquote?
Die Diskussion um eine Frauenquote haben wir tatsächlich gar nicht geführt, aber wir haben festgestellt, dass keine Frau eine Quotenfrau sein möchte. Ich denke, das sagt auch schon einiges aus. Ein Rütteln an den bestehenden Strukturen ist viel wichtiger und vor allem nachhaltiger; das Ziel einer Quote sollte es immer sein, die Quote auch wieder abschaffen zu können, weil es aus dem System heraus auch ohne funktioniert.
Insgesamt braucht es flexiblere und buntere Strukturen. Natürlich soll es auch weiterhin Radlerstammtische geben, aber eben nicht nur. Wir müssen über neue Veranstaltungsformate nachdenken, beispielsweise durch Variationen in Tagen, Zeiten und Dauer. Bei längeren Veranstaltungen kommt z. B. eine Kinderbetreuung immer sehr gut an. Es sollte immer möglich sein, auch projektbezogen mitzuarbeiten, sich also nicht direkt für lange Zeit an die aktive Arbeit zu binden, sondern einem kurzfristigen Interesse zu folgen.
Wir haben festgestellt, dass es gerade an Informationen oft mangelt. Inhalte, zeitlicher Aufwand oder auch ganz einfach eine Ansprechperson, an die man sich bei Fragen wenden kann, sind einfach aufzubereiten und sehr hilfreich, um sich zu öffnen und neue Menschen, egal welchen Geschlechts willkommen zu heißen.
In einem weiteren Schritt kann es sehr helfen, Veranstaltungen anzubieten, bei denen es nicht um ein konkretes Thema geht, sondern die hauptsächlich zum Netzwerken und Austauschen dienen, so wie wir Frauen es am 1. Februar getan haben. Schulen, Netzwerken, sich austauschen und kennenlernen; nichts geht so einfach und ist dabei so effektiv.
Was hast Du persönlich vom Treffen mit den rund 40 ADFC-Frauen in Frankfurt mitnehmen können?
Ich habe wieder einmal gemerkt, wie angenehm es ist, mit Frauen zusammenzuarbeiten. Ich würde mir wünschen, das im ADFC viel öfter tun zu können. Der Austausch und die vielen guten Gespräche haben mir nochmal Impulse mitgegeben, woran wir auf Bundesebene arbeiten können. Ich durfte aber zum Glück auch feststellen, dass an vielen Stellen schon einiges getan wird und erste zaghafte Schritte in die richtige Richtung erkennbar sind. Noch ein paar mehr Schritte, dann ist der ADFC auf diesem guten und wichtigen Weg bald deutlich weiter.
Torsten Willner