Zwei Schritte vor und drei zurück
Radwege sind wichtig, aber nicht in der Praxis – gesperrter Regionalpark-Radweg bei der Kletterwand am Deponiepark
Gabriele Wittendorfer
Aus dem 2019er Tagebuch des ADFC Kreisvorstands
Main-Taunus
Das letzte ADFC-Vorstandsjahr des Main-Taunus-Kreises war wieder arbeitsintensiv, aber diesmal ziemlich ernüchternd und hatte echt wenig Spaßfaktor.
Januar: Akquise von Anzeigen und Organisation für das Tourenprogramm 2019 Eigentlich ist der Prozess immer gleich: Anzeigen einwerben, Tourentexte einsammeln und den immer gleichen Leuten hinterherlaufen. Und jedes Jahr glaubt man, dass es diesmal "von selbst" geht. Tut es aber nicht.
Februar: Besuch des Sulzbacher Bürgermeisters Wir machen den Bürgermeister auf Gefahrenpunkte und Schwachstellen in seiner Gemeinde aufmerksam und weisen darauf hin, dass Sulzbach eine wichtige Funktion für den Alltagsradverkehr vom Westen des MTK nach Eschborn und Frankfurt hat. Das interessiert ihn nicht wirklich, aber einen Versuch war es wert.
März: Bohren des dicken Bretts "Baulast für Radwege" und des noch dickeren Bretts "MarxheimZwei" Gemeinsam mit Johannes Baron, der für den Radverkehr zuständige Dezernent im Landratsamt, überlegen wir, wie man aus der Falle herauskommt, dass alle ein übergreifendes Radnetz haben möchten, aber keiner Lust hat, es zu bauen. Hoch motiviert geht es aus diesem Termin in die Stadthalle, wo den Hofheimer Stadtverordneten innovative Mobilitätskonzepte aus der ganzen Republik vorgestellt werden. Die aber interessieren sich nur für eine zweite Autoschneise à la Rheingaustraße. Bei solchen Stadtverordneten gibt es für Alltagsradfahrende nur eine Lösung: wegziehen!
April: Ehrung die erste und Tag der Erde in den Weilbacher Kiesgruben
Mai: Treffen mit den Krifteler Landwirten und Auftaktveranstaltung für das Mobilitätskonzept in Bad Soden Die Landwirte wollen nicht, dass Radfahrer auf Feldwegen fahren, daran ändert auch dieser Termin nichts. Auch bei der Erörterung, wem der öffentliche Raum in Bad Soden gehört, ist der ausgesprochene Imperativ "wir wollen die Situation für den Autoverkehr ja nicht verschlechtern". Alle mögen Radverkehr, nur nicht auf "ihrer" Gass! Zum Glück waren einige ADFC-Mitglieder der Aufforderung gefolgt, bei der Bürgerbeteiligung Flagge zu zeigen.
Juni: Besuch des Flörsheimer Bürgermeisters und Bilanz Jahr 1 des MTK Radverkehrskonzepts
Beim Flörsheimer Bürgermeister finden wir ein offenes Ohr und sogar erste Ideen vor: Die Jahnstraße soll als Fahrradstraße für den Kfz-Durchgangsverkehr unattraktiver gemacht werden, damit die RadfahrerInnen wirklich die Chance haben, zur dominierenden Verkehrsart auf dieser Straße zu werden. Wir sagen Danke!
Hochheim hat auch die erste und einzige Umbaumaßnahme aus dem MTK Radverkehrskonzept vorzuweisen: 450 Meter zwischen Weilbacher Weg und den Aussiedlerhöfen. Wir finden, Radwegebau im MTK geht noch besser.
Juli: Besuch des Hochheimer Bürgermeisters und die bittere Halbzeitbilanz zur Sanierungsoffensive des Hessischen Verkehrsministers
In Hochheim wird wirklich viel Alltagsrad gefahren – davon konnten man sich vor dem Termin im ausgelagerten Rathaus selbst überzeugen. Und auch davon, dass der Radverkehr in Hochheim Chefsache ist. Es wird an einem Radverkehrskonzept für Hochheim gearbeitet, und dann gibt es auch eine Beschilderung, sagt der Chef.
Ganz wenig positive Aussichten gibt es bei der Sanierungsoffensive 2016-2022, die aus Hessen ein Fahrradland machen wollte. Bei sämtlichen vier Vorhaben entlang von Landesstraßen im MTK ist kein Bagger in Sicht.
August: Vorbereitung und Durchführung der zweiten MTK Radnacht am 17.8. Erste Vorfahrt mit dem wichtigsten Ordner der Veranstaltung, Felix Gath. Zweite Vorfahrt mit den Ordnern mit Sonderaufgaben, Oliver Stöppler und Jürgen Oberfrank. Dritte Vorfahrt mit den beiden Verantwortlichen der Polizei – es lebe der unbeschränkt freie Terminkalender der ADFC-Organisatorin. Als die bei der Radnacht selbst krankheitsbedingt ausfällt, bewahrheitet sich, dass der Erfolg jeder Großveranstaltung durch die Aktivitäten vor der Großveranstaltung entsteht. Danke an Frank Herzog vom Landratsamt fürs spontane Einspringen als Tourenleitung!
September: Ehrung die zweite und Kreis-Mitgliederversammlung am 22.9.
Auch Thomas Buch wird für 25 Jahre Vorstandsarbeit in Eschborn / Schwalbach und dem MTK mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen "belohnt". Sein Bürgermeister ist bei der Übergabe im Landratsamt nicht anwesend. Leider gibt es auch Leute in repräsentativen Ämtern, die nicht wissen, was sich gehört.
Den Bericht des ADFC Kreisvorstands hören ca. 30 Mitglieder, es wurde angeregt über die Zukunft des ADFC Main-Taunus diskutiert. 2020 soll dazu eine Zukunftskonferenz stattfinden.
Oktober: Das neue Codierteam im ADFC Main-Taunus legt los
Andreas Ripken und Nicole Köhler sind die Köpfe, Gesichter und Hände, die sich ab sofort des Themas Fahrrad-Diebstahlprävention im MTK annehmen. Und dafür gab es auch eine nigelnagelneue Codierpistole.
November: ADFC Main-Taunus erhält eine Spende der Taunus Sparkasse Wir freuen uns über die Anerkennung unserer Bemühungen, und Hans-Jörg Simonis und Zita darüber hinaus über das dazugehörende, schöne Abendessen im Landratsamt.
Dezember: RTW die dritte und Aktion "Fördermitglieder gesucht"
Jedes Jahr werden im Frankfurter Umland neue Flächen versiegelt. Für Wohnraum, für Gewerbe und seit neuestem auch wieder für den Bau von schienengebundenem Verkehr. Für den Radverkehr geht das aber gar nicht, wegen der Unteren Naturschutzbehörde oder den Bauern. Deshalb gibt es jetzt laut dem Darmstädter Regierungspräsidium keinen Radweg mehr entlang der RTW. Außerdem haben wir alle Hände voll zu tun, damit sie uns die bestehenden Feldwegverbindungen nicht auch noch killen.
Wann endlich werden verkehrspolitische Entscheidungen mit Blick auf die Zukunft getroffen anstatt basierend auf Argumenten der Vergangenheit? Wir brauchen mehr Fördermitglieder – sofort!
Gabriele Wittendorfer