Gleiches Recht für alle?
Durch das geöffnete Küchenfenster drangen merkwürdige Geräusche nach drinnen. Erst gab es einen dumpfen Schlag, dann bremste ein Auto und danach gab es einen lautstarken Disput zwischen zwei Männern, unterlegt vom Öffnen und Schließen einer Autotür. Ein Blick nach draußen ließ mich schnell erkennen, was passiert war:
Ein Radfahrer, der legal die Einbahnstraße in einer Richtung befuhr, die für Kfz verboten ist, hatte sich durch einen entgegenkommenden PKW bedrängt gefühlt und hatte daher den Außenspiegel nach innen verdreht. Der Autofahrer drehte den Spiegel wieder zurück, sprang aus seinem Wagen und beschimpfte den Radfahrer. Der wiederum berief sich darauf, dass an verengten Stellen derjenige anzuhalten hat, der das Hindernis auf seiner Seite hat und nicht derjenige, der das schmalere Fahrzeug fährt.
In der Tat bleiben an genau dieser Stelle viele Autofahrer hinter den parkenden Fahrzeugen stehen, bis der entgegenkommende Radfahrer vorbei ist. Oft weicht aber auch der Radfahrer auf den Fußweg aus, was nicht ganz ungefährlich ist, oder er hält rechtzeitig dort an, wo zwei volle Fahrbahnen zur Verfügung stehen.
Sind wir Radfahrer da zu defensiv? Bedeutet die Öffnung der Einbahnstraßen nicht auch gleiches Recht für alle? Natürlich sollte sich niemand selbst in Gefahr bringen, aber vielleicht sollten wir doch etwas selbstbewusster auftreten und uns nicht in Fahrradstraßen wie der Töngesgasse auch noch an den Rand drängen lassen.
Ingolf Biehusen