Fahrradstraßen allein sind nicht genug
Einladung zum Rodeo auf dem Radweg. Schade nur, dass in Offenbach so wenig Cowboys leben
Wolfgang Christian
Die Radverkehrsinfrastruktur in Offenbach und Umgebung lässt nach wie vor viel zu wünschen übrig.
So um die 10 Prozent benutzen in Offenbach das Rad im Stadtverkehr, und es sind etwa 40 Prozent, die es auch täten – wenn es auf den städtischen Straßen sicherer wäre. Warum das mit der Sicherheit so ein Problem ist, will ich versuchen zu beschreiben:
Es gibt Beispiele mit dem Anschein gelungener Angebote an Radfahrer, so die Berliner Straße mit beidseitigen Radwegen, die auch ohne die üblichen 2 bis 4 Zentimeter hohen Granitsteinkanten an den Zufahrten auskommen, womit die meisten anderen Radwege Felgen und Bereifung hart attackieren. Sie dienen uns nun seit etwa 20 Jahren, aber in diesen 20 Jahren wuchsen auch die Platanen am Rande unserer Wege, und ihre Wurzeln machen die Fahrt stellenweise zu einem Rodeoritt! An einer Stelle (von etwa 30 weiteren Wurzelaufrissen) machte der städtische Betrieb ESO einen Versuch zur Glättung des Radwegs, der allerdings derart misslang, dass später aufgrund von Beschwerden korrigiert werde musste. Das Rodeo geht also immer weiter …
Freilich gibt es noch weitere Wege für den Radverkehr: Solche, auf denen zu fahren derart unzumutbar ist, dass sie auch nicht mehr mit dem Verkehrszeichen "Weißes Rad auf blauem Grund" als benutzungspflichtig beschildert sind. Neben den spärlichen (und meist schlechten) baulichen Radwegen gibt es auch etliche Straßen mit Radstreifen, darunter die große Landstraße nach Mühlheim oder die citynahe Frankfurter Straße, beide allerdings unbewehrt. Die große Landstraße weist links wie rechts durchgehende Radstreifen auf: sehr gut! Aber leider sind sie so abgefahren, dass sie leicht vom Auto- oder Lkw-Fahrer übersehen werden. Hingegen sind die Markierungen der Schutzstreifen der Frankfurter Straße auf einem kurzen Stück noch gut zu sehen. Aber es sind unterbrochene Streifen an einer belebten Geschäfts- und Gastronomiemeile! Wegen der äußerst seltenen Polizeikontrollen ist also klar: die Radspur ist eine Einladung zum illegalen Parken!
Die vier Ausfallstraßen nach Süden (Heusenstamm, Dietzenbach und Dreieich) und Osten (Bieberer Berg!) haben weder Radwege noch Radstreifen. Die Folge: ihre Benutzung ist so gefährlich, dass dort ein Fahrrad nur selten zu sehen ist. Die Radfahrer/-innen sehen sich zu ihrer relativen Sicherheit gezwungen, weite Umwege zu machen.
Abgesehen von ein paar neueren und punktuellen Ansätzen von akzeptablen Radstreifen bietet Offenbach den Rad fahrenden Mitbürgern die Benutzung von schlaglochübersäten und oft zu engen Autostraßen an. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass wir die Fußgängerzone benutzen dürfen und seit etwa zwei Jahren Einbahnstraßen in Gegenrichtung befahren können.
Das ist der Stand der Dinge kurz vor der Einrichtung von fünf weiteren Fahrradstraßen, wozu die überschuldete Stadt Offenbach den fünf Millionen vom Bund noch eine Million hinzufügte – eine beachtliche Leistung! Was wird sie uns vorhalten, wenn es jetzt um den unzumutbaren Rest geht, dessen Beseitigung nicht wenig kosten wird?
Okay, da müssen wir eben weiter Druck machen!
Wolfgang Christian