Diese Fotomontage zeigt, wie eng es am Ende eines Fahrradschutzstreifens werden kann, wenn die Schutzzone abrupt endet und der parallel fahrende Pkw-Fahrer den vorausfahrenden Radfahrer gefährlich schneidet
Helge Wagner
Radfahren in Eschborn
Die nächsten und erforderlichen Maßnahmen!
In den letzten Ausgaben von Frankfurt aktuell beleuchteten wir in der Reihe "Radfahren in Eschborn" die radverkehrspolitische Situation vor Ort, die Installation von Radabstellanlagen, Rad- und Nahmobilität und interviewten eine Familie, die aufs Auto verzichtet. Zum Abschluss wollen wir aufzeigen, welches die nächsten und erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs in Eschborn sind. Ein Problem: Die einstige Rad-AG, bestehend aus Vertretern des ADFC und der Stadtverwaltung, in welcher die Themen besprochen werden können, liegt brach! Auch warten wir seit Jahren auf den/die langversprochene/-n Mobilitätsbeauftragte/-n, der/die für die Umsetzung notwendig ist!
Wenn man durch Eschborn und Niederhöchstadt radelt, kann man an verschiedenen Stellen Hinweisschilder für Radziele sehen. Überwiegend weisen die Schilder auf die Radstrecken zu den Nachbarorten hin, einige orientieren hin zu Zielen innerhalb des Ortes. Unter Mitwirkung des ADFC wurde vor vielen Jahren ein Konzept dazu entwickelt und sukzessive umgesetzt. Inzwischen legte der Main-Taunus-Kreis ein Radverkehrskonzept im Kreis vor, in welchem Ober-, Mittel- und Unterziele für die Planung der Radverkehrsanlagen definiert sind. Beide Projekte sind wichtige Schritte, um Menschen dazu zu bewegen, für die eigene Mobilität vor Ort und in der Region verstärkt aufs Rad umzusteigen und das Freizeitradeln allmählich ins Alltagsradeln umzuwandeln.
links:
Häufig parken Autos auf dem Schutzstreifen in Niederhöchstadt. Was unternimmt eigentlich die Ordnungsbehörde dagegen?
rechts:
So soll es sein – kräftiges Rot, ein dicker weißer Strich am Ende des Schutzstreifens und der gelb-schwarze Poller
Helge Wagner
links:
Dringend ändern (Sossenheimer Straße): Bei Glatteis im Winter besteht Sturzgefahr übers Geländer hinaus
rechts:
Elly-Beinhorn-Straße – ein Experimentierfeld irritierender Beschilderungen
In Eschborn muss nun über eine Weiterentwicklung der Radroutenvernetzung nachgedacht werden. Die bestehende Situation bedarf einer Überarbeitung. Der schon erwähnte Masterplan "Eschborn Zukunft 2030+" (siehe Frankfurt aktuell 5/2018) soll dazu beitragen, dass bei der Siedlungsentwicklung (Wohnen, Verkehr, Gewerbe) dieses im Fokus bleibt. Zu einem schlüssigen Radverkehrsnetz sind einige bauliche Maßnahmen notwendig, um Mängel zu beseitigen und Lücken zu schließen.
Was steht zur Umsetzung an?
- Im zweiten Teil dieser Artikelserie wiesen wir darauf hin, wie wichtig Fahrradabstellanlagen für eine Nahmobilität sind. Diese Anlagen sind im öffentlichen Raum auszuweiten und zu verbessern.
- Es ist erforderlich, Hinweisschilder bei größeren oder versteckt installierten Fahrradparkstellen (Abstellanlagen) in der Nähe des Zufahrtsbereiches aufzustellen oder an die Radverkehrswegeschilder anzubringen. Manche Anlagen sind sehr versteckt aufgestellt oder schlecht zugänglich.
- Eine Prüfung und eventuelle Überholung der Hinweisschilder für die Fahrradverkehrsanlagen (Radwege und -routenschilder) ist durchzuführen. Einige Schilder sind schlecht erkennbar oder inzwischen witterungsbedingt verschmutzt.
- Zu prüfen ist, in welchen Straßen weitere Radschutzstreifen (gestrichelte Linie) bzw. Radfahrstreifen (durchgezogene Linie) anzubringen sind. Z. B. muss der Radschutzstreifen der Hauptstraße in Niederhöchstadt Höhe Hausnummer 223 (Richtung Eschborn) verbessert werden. Es ist zu vermeiden, dass Radverkehrsanlagen plötzlich im Nichts oder vor einem Gegenstand bzw. Hindernis enden.
- Die Radwegeführung in der Elly-Beinhorn-Straße ist irritierend und muss überarbeitet werden. Ebenso muss die gefährliche Querung des Kreuzungsbereichs Sossenheimer-/Elly-Beinhorn-/Frankfurter Straße entschärft werden. Gerade die Gewerbegebiete sind bislang nicht umfänglich erschlossen. Aufgrund der vielen Menschen, die hier arbeiten, sind entsprechende Maßnahmen für den Radverkehr zu ergreifen.
- Neben der Konkretisierung der Planungen für Radschnellwege entlang der RTW-Strecke, die mit den umliegenden Gemeinden und Kreisen auf praktikable Möglichkeiten zu erörtern sind, muss der Bau eines Radweges entlang der Landstraße von Niederhöchstadt nach Steinbach vorangetrieben werden.
- Es muss geprüft werden, inwiefern farbliche Markierungen für Radwege in den Straßen Eschborns und Niederhöchstadts aufgebracht werden können. Auf alle Fälle ist das für Kreuzungsbereiche vorzusehen.
- Ebenso ist zu überlegen, ob Teile des Dörnweges (ab Kreuzung Hofgarten oder Neugasse) in eine Fahrradstraße umgewidmet werden können. Die parallel verlaufende Brüder-Grimm-Straße wurde inzwischen zu einer verkehrsberuhigten Straße (Zeichen 325) erklärt. Gleichzeitig sollte in der Oberurseler Straße eine Halt- und Bring-Zone für die "Elterntaxis" eingerichtet werden.
- Entlang der Sossenheimer Straße sind dringend Verbesserungen für den Radverkehr nötig. Die Strecke ist zu einem kombinierten Rad-/Fußweg auszubauen, bauliche Behinderungen sind zu entfernen. Zudem ist die Radstreckenführung ab der Höhe des Panoramahochhauses zum Kreisel zu überarbeiten (Abzweigung auf die Straße) und eventuell aufzuheben.
- Der Kreuzungsbereich im Gewerbegebiet Süd Sossenheimer Straße ist komplett zu überarbeiten: Die Aufstellplätze bei den Ampeln sind baulich für Radfahrer und Fußgänger sicherer zu gestalten und die Ampelphasen sind überprüfen.
- Eine Bordsteinabsenkung zur Frankfurter Straße, kommend von der Schleife der Unterführung an der S-Bahnstrecke (Ende der Hamburger Straße, Anfang Frankfurter Straße) ist vorzunehmen und ein Zuparken ist durch bauliche Maßnahmen zu verhindern.
- Alle Holzbrücken über den Westerbach müssen auf Verkehrssicherheit überprüft werden. Bei feuchter und frostiger Witterung, die sich auf das Material legt, herrscht hier eine hohe Sturzgefahr.
- Die Ordnungsbehörden und ein städtischer Mobilitätsbeauftragter sollten in Eschborn eine Kampagne zum Abstandhalten beim Überholen von Radfahrern und zur Sicherheit im Straßenverkehr starten. Immer wieder ist zu sehen, dass Autofahrer den vorgeschriebenen Abstand nicht einhalten (StVO Paragraf 5). Dazu: Aufstellen von Hinweisschildern zum Abstandhalten beim Vorbeifahren eines Autos an einem Radfahrer (wie in Spanien).
- Alle Drängelgeländer müssen auf Tauglichkeit zum Passieren für Radfahrer überprüft werden. Viele sind schlichtweg Hindernisse für Radfahrer mit Gepäck oder Anhänger und für Lastenräder, andere sind einfach unnütz installiert (siehe Skulpturenpark).
- Die Ordnungsbehörde muss zugeparkte Radverkehrsanlagen (Radwege) oder auch Fußgängerüberwege zur Anzeige bringen und Fahrzeuge entfernen lassen. Noch immer scheint es ein sogenanntes Kavaliersdelikt zu sein, Zebrastreifen zuzuparken. Auch müssen die Ordnungshüter hier schneller handeln.
- In Zukunft sollten an Baustellen Umleitungen für den Radverkehr eingeplant werden.
Welche Maßnahme zu priorisieren ist, sollte in der Rad-AG abgestimmt werden. Auch sind "Folgeerscheinungen" von Maßnahmen für den Radverkehr zu bedenken, soll heißen: Wenn irgendwo was verbessert oder neu gestaltet wird, entstehen dadurch eventuell Nachteile an der Peripherie des Projekts. Wenn Einbahnstraßen nach Einschätzung der Polizei und des Ordnungsamts für den Radverkehr frei gegeben werden, dann braucht es zusätzliche Maßnahmen (Markierungen, Banner, Handzettel) bis sich der Anliegerverkehr umgewöhnt hat (Beispiel Jahnstraße). Ebenso dürfen Radstreifen nicht einfach im Nichts enden, womit ein hohes Risiko beim Einordnen des Radfahrers in den Fließverkehr besteht (siehe Todesfall eines Radfahrers in Frankfurt im Anfang August 2018). Auch darf sich die Kommune nicht einer sinnvollen Planung und Gestaltung eines Radwegenetzes dadurch entziehen, dass unsichere Stellen mit unlogischer Beschilderung ausgestattet werden, um sich einer Haftungsverantwortung zu entziehen ("Auf eigene Gefahr").
Neben den Entscheidern vor Ort, den Kommunalpolitikern, müssen sich auch die Planer, Bauträger und Behörden einer nachhaltigen Verkehrspolitik stellen. Es ist oftmals unerklärlich und unvermittelt, wenn z. B. ein barrierefreier Bau für alle Nutzer mit regelmäßig beschädigten Aufzügen ausgestattet (abzusehendes wochenlanges "Außer Betrieb"), statt mit wartungsarmen Rampen bebaut wird. Deswegen sind Aufzüge von den Planern nur sekundär zu berücksichtigen oder als Ergänzung zu sehen.
Radfahrerfreundliche Stadt gestalten
Es bleibt zu hoffen, mit dieser Artikelserie Themen und Punkte angestoßen zu haben, an deren Diskussion wir gerne teilnehmen. Unser Ziel ist, für die Zukunft eine radfahrerfreundliche Stadt zu gestalten und weiterzuentwickeln. Nicht allein das Fahrrad steht im Zentrum der Überlegungen, wenngleich noch viele technisch qualifizierte Radverkehrsanlagen zu errichten sind. Der radfahrende Mensch steht im Mittelpunkt der Ideen und Planungen, um damit eine mobile und umweltfreundliche Kommune zu entwickeln, die Lebensqualität zu fördern und um mit einer integrierten Nahmobilität den Kfz-Verkehr zu reduzieren.
Jens Neuenhahn,
Veranstaltungstechniker
Als Selbstständiger im Bereich der Veranstaltungstechnik bin ich viel unterwegs. Mein Motto ist: "Wer mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren will, findet einen (seinen) Weg". Dies mache ich mir zu eigen und radle mit meiner kompletten Arbeitsausrüstung los, z. B. für Höhenarbeiten (Erstellung von Hängepunkten für Traversen usw.) auf der Messe Frankfurt. Ich transportiere teilweise über 20 kg auf einem Anhänger zur Arbeitsstätte. Für Erledigungen zu Hause (Eschborn) nehme ich das Rad, und wenn es mal regnet, ziehe ich die passenden Klamotten an.
Helge Wagner